Schafe als Rasenmäher im Siebengebirge Der Pelz ist ab

SIEBENGEBIRGE · Wenn die Schafe nicht zum Scherer kommen können, dann muss eben der Scherer zu den Schafen kommen. So jetzt geschehen in Dollendorf. Denn dort weiden derzeit die Tiere von Schäfer Clemens Bockholt auf der Wiese der Bürgerinitiative Naturschutz Siebengebirge.

 Geduldig lassen die Schafe die Schur über sich ergehen. Anschließend brauchen sie Schutz, damit sie sich keinen Sonnenbrand holen.

Geduldig lassen die Schafe die Schur über sich ergehen. Anschließend brauchen sie Schutz, damit sie sich keinen Sonnenbrand holen.

Foto: Frank Homann

Mehr als 300 Tiere gehören zu Bockholts Herde - Ziegen und Schafe, denen die steilen Wiesen an den Rheinhängen nichts ausmachen. "Die kommen da besser rauf als wir Zweibeiner", sagt Bockholt und schmunzelt. Er und seine Herde betreiben Vertragsnaturschutz im Rhein-Sieg-Kreis. Ein bis zwei Hektar Wiese grasen seine vierbeinigen Rasenmäher pro Woche ab - immerhin rund drei Fußballfelder.

Während die Tiere nun unterhalb des Jugendhofs Rheinland ihrer Arbeit als Naturschützer nachgingen, mussten sie geschoren werden. Wobei der dicke Pelz auch bei hohen Temperaturen kein Problem ist, wie Bockholt erläutert. "Die Wolle funktioniert wie eine Klimaanlage. Im Winter hält sie warm, im Sommer schützt sie vor der Sonneneinstrahlung." Allerdings: Zweimal im Jahr muss der Pelz ab. "Im Sommer muss man die Tiere im Anschluss an die Schur besonders schützen, sie brauchen dann Schatten, damit sie sich keinen Sonnenbrand holen." Die Wolle wird anschließend von einem französischen Wollhändler eingesammelt und nach China gebracht, wo sie anschließend weiterverarbeitet wird.

Bis die Wolle dort ankommt, haben die Schafe ihre Arbeit auf dem ehemaligen Weinberg des Bredershofs längst erledigt und sind mit ihrem Schäfer weitergezogen. Die Nordrhein-Westfalen-Stiftung ist Eigentümerin der Weinbergsbrache, verwaltet und gepflegt aber wird sie von der Bürgerinitiative Naturschutz Siebengebirge. Noch handelt es sich dabei um eine Wiese, das Gelände soll aber einmal eine "Magerwiese" werden, wie der Vorsitzende der Bürgerinitiative, Ignaz Schmitz, erläutert. Diese Wiesen, die auf besonders nährstoffarmen Böden entstehen, zeichnen sich durch ihre Artenvielfalt aus - sowohl bei den Tieren als auch bei den Pflanzen.

"Wir haben schon jetzt dort sehr viele seltene Arten", so Schmitz. Gerade auch die alten Weinbergsmauern - der Weinbau wurde Ende der 60er Jahre aufgegeben - dienen wärmeliebenden Pflanzen und Tieren als Lebensraum. "Wir haben diese Mauern über sechs Jahre restauriert", berichtet Schmitz. Und auch sonst haben sie sich der Brache liebevoll angenommen: "Wir haben die Wiese zunächst komplett entbuscht. Auch die ersten kleinen Bäume waren schon gewachsen. Wären wir nicht eingeschritten, wäre dort ein Wald entstanden." Nicht, dass Schmitz etwas gegen Wald hätte - aber davon gebe es im Siebengebirge reichlich, der Lebensraum Magerwiese sei jedoch selten geworden. "Daher haben wir damals auch den Antrag bei der NRW-Stiftung gestellt, dass diese die Fläche annimmt." Und so nebenbei auch sichergestellt, dass daraus kein Bauland wird.

Dass es sich bei dem Gelände um eine ganz besondere Wiese handelt, dürfte sich den meisten Spaziergängern nicht auf den ersten Blick erschließen. Aber das soll sich laut Schmitz jetzt ändern. "Wir haben einen Antrag gestellt, dort Schilder aufstellen zu dürfen, um den Menschen zu erklären, was sie sehen."

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