Verbrennung des Rauschendorfer Kirmeskerls Der Paias paktiert mit dem Wettergott

RAUSCHENDORF · Der Rauschendorfer Paias war am Samstag noch einmal quietschfidel. Er schickte Sturm und Regen und verhinderte auf diese geschickte Weise seine termingerechte Verbrennung am Samstagabend. Der Feuerwehrwagen fuhr durch das Dorf, um per Lautsprecher die Verschiebung der Zeremonie auf Sonntagmittag bekannt zu machen.

 Der Paias brennt: "Pastor" Udo Walterscheid besprengt den Kirmeskerl.

Der Paias brennt: "Pastor" Udo Walterscheid besprengt den Kirmeskerl.

Foto: Frank Homann

Und per Facebook wurde die Trauergemeinde verständigt, Plakate erhielten einen zusätzlichen Aufdruck. Wer trotzdem nichts mitbekommen hatte und sich auf dem alten Schulhof zur Beerdigung einfand, wurde dort vom Vorstand informiert.

Feierliche Prozession

Am Sonntag entging der Paias seinem Schicksal nicht mehr. Wochenlang hatte dieser schmucke Kerl den 24 Meter hohen Pfingstbaum auf dem Heinrich-Kurscheid-Platz neben der Kapelle bewohnt und nun, nach der Kirmes im Kirchspiel Stieldorf, hängten ihn die Mitglieder des Brauchtumsvereins ab. Zunächst wurde er in feierlicher Prozession auf einer Bahre durch den Ort getragen. "Eltern" und "Geschwister" in Trauerkleidung beweinten ihn, schluchzten heftig: "Nee, nee, de Paias witt begrawe!" Dann erfolgte die Verurteilung.

"Pastor" Udo Walterscheid im priesterlichen Gewand mit kardinalsroten Streifen sprach die Anklagen. Eine Toilettenbürste diente ihm als Aspergill, ein Eimer als Weihwasserkessel. Immer wieder besprengte er den armen Kirmeskerl und die untröstlichen Anverwandten. Und dann seine Anklagen: "Wer ist schuld, dass gestern schlechtes Wetter war?" - "Der Paias", rief das Volk. "Wer ist schuld, dass wir die Verabschiedung des Paias verschieben mussten?" - "Der Paias!" Dazwischen verzweifeltes Wehklagen: "Er hat nichts getan!"

Ihm wurden wirklich alle Sünden von Rauschendorf und drum-herum in die Schuhe geschoben. Er musste für sämtliche Verfehlungen büßen. Ganz schön ungerecht. Und obendrein: Nicht einmal alle Bürger gaben ihm das letzte Geleit durch das Dorf. Etwa 20 Trauergäste in Schwarz gehörten zum Zug, die anderen saßen bereits gemütlich auf dem Schulhof, wo das Bier floss und auf dem Grill Würstchen und Steaks brutzelten.

"Barackedackel" und "Kalledrisser" wurde der Paias beschimpft, als der Zug vor der Schule eintraf. Das Todesurteil! Dann wurde er für die Verbrennung parat gemacht, mit Brandbeschleuniger übergossen und unter dem Beistand der Freiwilligen Feuerwehr angezündet. "Treck en us un mach en wärm!" Und der Pastor sagte: "Asche zu Asche, Staub zu Staub - und Bier zu mir!"

Solch einen Sündenbock in Gestalt einer Strohpuppe machen die Dorfbewohner schon seit Jahrhunderten für alles Missgeschick verantwortlich. Seit 31 Jahren sorgt der Brauchtumsverein um Vorsitzenden Udo Walterscheid für den Erhalt dieser Tradition. Er wird sich auch um die Restaurierung des 150 Jahre alten, geschnitzten Holzkopf des Paias noch in diesem Jahr kümmern. Dieser Kopf wird jedes Mal vor der Verbrennung in Sicherheit gebracht und ist die Grundausstattung eines jeden Rauschendorfer Kirmeskerls. Zum Leichenschmaus gestern gab's dann noch Livemusik.

Der Verein Aeternitas

Der Verein Aeternitas wurde 1984 gegründet und hat seinen heutigen Sitz an der Dollendorfer Straße 72 in Königswinter-Oberpleis. Er beschäftigt insgesamt fünf Mitarbeiter. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, über Bestattungsmöglichkeiten aufzuklären und zu beraten. Er bietet Gebühren- und Preisübersichten, informiert unter anderem mit Broschüren über Friedhofs- und Bestattungsrecht oder Trends und Prognosen, was die Bestattungskultur angeht.

Die Mitarbeiter beraten auch bei Rechtsproblemen, die nach der Beisetzung erfolgen, beispielsweise wenn im Rahmen von Sozialbestattungen das zuständige Sozialamt nicht für die Kosten aufkommt.

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