Märchen in Königswinter Den richtigen Weg nehmen

KÖNIGSWINTER · Sechs Wege führen von der Wehrhütte im Wald bei Ittenbach ab, einem Ort, den Märchenerzählerin Franziska Schade gerne besucht. Welchen davon nehmen? Schneewittchen wollte nur weg von der bösen Königin, die ihr nach dem Leben trachtete, und sie geriet zu den sieben Zwergen hinter den sieben Bergen auf ihrer Flucht.

Franzika Schade kennt diese Strecke, sie hat sie selbst zurücklegen müssen. Vielleicht hat sich die gebürtige Bayerin, die lange in Mainburg und München gelebt hat, deshalb entschieden, dem GA vom Schneewittchen zu erzählen.

Mit 37 Jahren hatte sie eine Lebenskrise, wusste, sie muss etwas ändern, um glücklich zu werden. Ihr zweiter Mann wollte nach Norddeutschland. Das Siebengebirge war ein Kompromiss. Die Krankenpflegerin wollte nicht mehr im gelernten Beruf arbeiten und sattelte um. In Rastatt ließ sie sich zur Märchenerzählerin und Puppenspielerin ausbilden. "Man kann viel lernen aus diesen Geschichten. Manchmal gehe ich durch den Wald und sage sie mir auf, um sie zu verinnerlichen", erzählt Franziska Schade.

Die 55-Jährige ist zu der Erkenntnis gekommen, dass es zwar stimmt, wenn wir uns immer wieder sagen hören: "Das ist wie im Märchen." Dass es aber im wahren Leben eben oft tatsächlich ist wie im Märchen.

Ähnlich brutal, ähnlich schön, ähnlich erbarmungslos. Die Helden, Antihelden und Gestalten aus den Märchen seien Archetypen, sie stünden für die Grundstruktur des menschlichen Geistes: "Jede der Charaktere findet sich in uns wieder. Wir sind zugleich Schneewittchen, die Zwerge und die böse Königin", sagt Franziska Schade. Als sie ihre drei Kinder bei ihrem Mann in Bayern zurückließ, hielt sie den Kontakt aufrecht, aber die physische Ferne stellte die Beziehung auf eine Probe. "Einfach war das nicht, aber es schien mir der einzige Weg zu sein. Heute sagen mir die Kinder: Du hast alles richtig gemacht." Mit ihrem Unternehmen "Märchenbrunnen" bereiten Franziska Schade und ihr Mann Andreas Märchen für Kinder und Erwachsene auf. Die Welt der fantastischen Erzählungen, die oft Wirklichkeit beschreibt, wenn man nur genau hinschaut, hat der Märchenerzählerin auch den Weg in ihren alten Beruf ermöglicht. Heute arbeitet sie als Altenpflegerin und erzählt Demenzkranken von Schneewittchen und den anderen Archetypen. Mal regt es die Senioren auf, mal erfreuen sie sich daran: "Aber unberührt lässt es sie nie."

"Mythen, Märchen und Lieder zu den vier Elementen" erzählen Franziska Schade und Küchenfee Ulrike Keßler das nächste Mal am Sonntag, 2. August, von 14 bis 20 Uhr in Kescheid. Die Teilnahme inklusive Verköstigung kostet 60 Euro. Mehr Informationen: www.garten-antana.de

Märchenserie

Die Gebrüder Grimm haben im 19. Jahrhundert ihre berühmten Kinder- und Hausmärchen aufgeschrieben. Die beiden sollen auch mal durchs Siebengebirge gewandert sein. Überliefert ist das zwar nicht, aber ihr Name findet sich dennoch in vielfacher Weise in den Orten wieder. In einer Serie stellt der General-Anzeiger in lockerer Folge Menschen aus dem Siebengebirge vor, lässt sie ihre allerliebsten Grimm'schen Märchen erzählen und ihren persönlichen Bezug dazu.

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