Interview mit Ingeborg Lindner "Aktive, politisch interessierte Gruppe"

OBERPLEIS · Vor 40 Jahren wurde die Königswinterer Frauen-Union gegründet: Vorsitzende Ingeborg Lindner spricht im GA über die Ziele.

 Engagiert sich seit vielen Jahren in der Frauen-Union und in der Politik: Ingeborg Lindner.

Engagiert sich seit vielen Jahren in der Frauen-Union und in der Politik: Ingeborg Lindner.

Foto: Frank Homann

Vor 40 Jahren wurde die Königswinterer Frauen-Union (FU) von Margarete Hiersemenzel, damals einziges weibliches Ratsmitglied im Stadtrat und Stellvertretende Bürgermeisterin, gegründet - ein Jubiläum, das am morgigen Samstag, 30. August, von 15 bis 18 Uhr im evangelischen Gemeindehaus in Oberpleis gefeiert wird. Über die Aufgaben und Ziele damals wie heute und die Rolle von Frauen in der Politik sprach Gabriela Quarg mit der amtierenden Vorsitzenden Ingeborg Lindner.

Was waren die ersten Aktivitäten der Frauen-Union damals?
Linder: Um das Selbstbewusstsein besonders von Mädchen zu fördern, führten sie eine Art Berufsberatung in der Aula des Schulzentrums in Oberpleis ein, wie sie heute noch jährlich für alle Schulabgänger dort veranstaltet wird. Um Bedürftigen und Familien mit behinderten Kindern zu helfen, wurde regelmäßig ein Weihnachtsbasar veranstaltet, für den die Mitglieder der FU bastelten, nähten, strickten und backten.

Welche Ziele wurden im Laufe der Zeit noch verfolgt?
Lindner: Die FU war stets eine sehr aktive, politisch interessierte Frauengruppe. Zu aktuellen Themen wurden Referenten eingeladen, zum Beispiel zur Gesamtschule oder zum Thema Integrationshilfe. Als 1994 fast 300 Aussiedler in unserer Stadt aufgenommen wurden, hat die FU den Familien in vieler Hinsicht geholfen. Ich erinnere mich, wie ich zum ersten Mal für den Stadtrat kandidierte und mich mit viel Freude für die Aussiedler in unserer nächsten Nachbarschaft einsetzen konnte und dafür über lange Zeit große Dankbarkeit erfuhr.

Was hat sich gesellschaftlich über die Jahre verändert?
Lindner: Frauen möchten mehr ihre erlernten Berufe ausüben, viele müssen es aus finanziellen Gründen. Dies gilt es mit der Familie zu vereinbaren. So bildeten sich Elterninitiativen, weil städtische Kindergärten zumindest von der CDU abgelehnt wurden. Ich habe als Ratsmitglied einmal mit 40 Eltern zusammen gesessen, die mich zwingen wollten, mit ihren Unterschriften einen Antrag an die Stadt zu stellen! Wir konnten sie von den Vorteilen einer Elterninitiative überzeugen. Ich selbst habe in der allerersten, dem "Kinderhaus" in Thomasberg, mitgearbeitet. Das Beispiel machte Schule, die Kirchen schufen Kindergärten. Und bald war die Zeit reif für den Rechtsanspruch.

Und inwiefern hat sich das Frauenbild verändert?
Lindner: Vielleicht sehe ich das falsch, aber das Frauenbild hat sich doch nicht wesentlich geändert: Den Wunsch oder die Notwendigkeit, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren, gab es vor 40 Jahren schon.

Wie sieht es heute mit dem Interesse junger Frauen aus, sich politisch zu engagieren?
Lindner: Leider ist es nicht sehr ausgeprägt, zugegeben.

Woran liegt das?
Lindner: Nicht immer ist mangelndes Interesse der Grund, sondern es sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, die sich plötzlich ändern können: Eltern werden beispielsweise pflegebedürftig oder die Frauen streben in den erlernten eigenen Beruf zurück. Manche sind auch einfach von der Politik enttäuscht, in Königswinter zum Beispiel von der Einrichtung einer Gesamtschule.

Warum sollten sich Frauen kommunalpolitisch engagieren?
Lindner: Frauen haben eine andere Sichtweise, bringen etwas mehr Psychologie ein, handeln praktischer.

Was sind Ihre persönlichen Gründe?
Lindner: Mir macht es Spaß, besonders in der Fraktion, gemeinsam das Leben in unserer Stadt mitzugestalten.

Haben Sie gute Erfahrungen als Frau in der Politik gemacht?
Lindner: Ja, abgesehen davon, dass wir jetzt eine Gesamtschule und die dadurch entstehenden Probleme zu akzeptieren und zu lösen haben.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der FU Königswinter?
Lindner: Dass sich weiterhin Frauen finden, die die Augen offen halten für soziale Einrichtungen wie Altenheime, die Betreuenden Grundschulen oder die Häuser der Jugend, um zum Beispiel der Fraktion Anregungen machen zu können. Frauen, die aufgeschlossen der Kultur gegenüber sind, Museen besuchen mit einer Klientel von besonders älteren Bürgern und Betriebe besuchen, zum Kennenlernen der Arbeitswelt. Frauen, die aktuelle Probleme aufgreifen, wie das Lärmproblem im Talbereich. Und ich wünsche mir, dass es weiterhin einen Vorstand gibt, der motiviert ist und gut zusammen arbeitet.

Zur Person

Ingeborg Lindner, 75 Jahre alt und von Beruf Apothekerin, lebt seit 1969 mit ihrer Familie in Thomasberg. Sie zählt zu den Mitbegründerinnen der ersten Elterninitiative in Königswinter, dem "Kinderhaus" in Thomasberg. 1994 wurde die Mutter zweier, mittlerweile erwachsener Kinder erstmals in den Stadtrat gewählt, seit 1999 ist sie Vorsitzende der Frauen-Union.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort