Besuch in städtischer Kläranlage Unterwegs in Hennefs Unterwelt

HENNEF · Ich sehe die schmalen Metallsprossen und höre in mehr als sechs Metern Tiefe das Wasser rauschen. Auf dem Kopf trage ich einen Helm, eingepfercht bin ich in ein Sicherheitsgeschirr, das eher an eine Bergexpedition erinnert. Aber hier und heute geht es um Wasser.

 In sechs Metern Tiefe: Der Ablauf des geklärten Wassers, das in die Sieg fließt.

In sechs Metern Tiefe: Der Ablauf des geklärten Wassers, das in die Sieg fließt.

Foto: Ingo Eisner

Dort unten fließt das Hennefer Abwasser, das verschiedene Reinigungsstufen durchlaufen hat, bevor es über einen dunklen Schacht geklärt in die Sieg eingelassen wird. Ich schaue noch mal in die Tiefe und weiß, dass das der Höhepunkt meiner zweistündigen Exklusiv-Führung durch das Hennefer Klärwerk sein wird. Die Anlage geht auf das Jahr 1914 zurück. Ihr 100-jähriges Bestehen begeht sie am Wochenende mit einem Tag der offenen Tür.

Eingeklinkt an einer Metallschiene und gesichert durch ein Seil, könnte ich mich laut Staudt auch komplett von der Leiter lösen. "Falls Ihnen schlecht wird, ziehen wir Sie wieder hoch", sagt Staudt und versucht, Vertrauen bei mir zu wecken. Naja, wieso soll mir schlecht werden. Ich bin schwindelfrei und habe bereits an durchaus gefährlicheren Orten fotografiert. Mit der Kamera um den Hals ist das Hinabklettern allerdings schwieriger als gedacht. Mit einer Hand hänge ich an den Leitersprossen, mit der anderen Hand muss ich immer wieder das Sicherungssystem in der Schiene betätigen, um es wieder ein Stück weit nach unten zu schieben.

Dann ist es endlich geschafft. Ich bin unten angekommen und kann endlich meine Bilder machen. 9000 Kubikmeter Wasser fließen hier täglich geklärt in die Sieg. Eine unvorstellbare Wassermasse, aber es kommt in dem fast 16 Quadratkilometer großen Stadtgebiet auch einiges zusammen. Die knapp 47 000 Einwohner dürften den Löwenanteil des Abwassers produzieren, aber auch das Regenwasser wird geklärt, bevor es in der dunklen Betonröhre verschwindet und schließlich in die Sieg fließt. Nach zwei Minuten habe ich meine Fotos gemacht und klettere über die Eisensprossen wieder empor.

Das Kanalnetz in Hennef ist 450 Kilometer lang, es ist aufgeteilt in Schmutz-, Regen- und Mischwasser. Von der ursprünglichen kleinen Anlage, die 1914 erbaut wurde, ist heute nichts mehr zu sehen. 1960, erklärt Manfred Thomé, Diplom-Ingenieur und Abteilungsleiter für Kläranlagen und Kanal bei den Hennefer Stadtbetrieben, sei das Kanalnetz gerade mal 16 bis 20 Kilometer lang gewesen. Der Bevölkerungsanstieg und die Tatsache, dass viele der 100 Dörfer der Stadt erst einmal mit einem Kanal versorgt werden mussten, machte einen permanenten Ausbau notwendig. Besonders in den vergangenen 24 Jahren sei es geschafft worden, dass 98 Prozent aller Haushalte mit einem Kanalanschluss versorgt worden seien. Der Rest seien Höfe und Weiler, die über eine eigene Abwasserentsorgung verfügen.

72 Pumpstationen hat Hennef, so viele wie Düsseldorf. Das klingt erstaunlich, relativiert sich aber mit Blick auf die Weite und die Topographie der Sieg-Stadt. Etliche kleine Klärwerke habe es früher in Hennef gegeben, so Roland Stenzel, Technischer Leiter der Stadtbetriebe. Jetzt existiert nur noch ein großes Klärwerk und ein kleines in Dondorf, das 1984 zunächst als Pilotprojekt gebaut wurde. Mittlerweile wird dort aber nur noch das Abwasser von mehr als 3500 Einwohnern aus Dondorf, Blankenberg, Oberauel und weiteren Ortschaften geklärt.

Es riecht etwas streng, als wir die verschiedenen Stationen aufsuchen, die das Abwasser durchläuft. Ich erfahre, dass bei der mechanischen Reinigung zunächst grobe Stoffe mittels Rechen und Sandfang rausgesiebt werden. Im Vorklärbecken setzen sich ungelöste Stoffe ab, wobei Schlamm entsteht. Beim biologischen Teil der Klärung werden durch Mikroorganismen die organischen Stoffe des Abwassers abgebaut und anorganische Stoffe teilweise oxidiert. Durch die Zugabe von Fällmitteln kann mittels chemischer Reaktionen außerdem der Nährstoff Phosphor entfernt werden.

Im Nachklärbecken wird der Schlamm durch Absetzen aus dem Abwasser abgetrennt. Der Biomassezuwachs, der durch den Abbau der Abwasserinhaltsstoffe entsteht, wird in Faultürmen zu brennbarem Faulgas abgebaut, das in Hennef zum Betreiben eines Blockheizkraftwerkes genutzt wird und laut Thomé dem Klärwerk 45 Prozent Energie liefert. Doch dann gibt es noch zwei leere Klärbecken. Was es damit auf sich hat? "Das sind alte Becken, die wir als Regenrückhaltebecken nutzten", erklärt Thomé.

Die Tour durch die Anlage ist zu Ende, sie war reich an Informationen und Eindrücken. Beim Tag der offenen Tür am Sonntag bekommen Besucher ebenfalls Einblick in das Klärwerk. Nur in die Tiefe hinabsteigen - das können sie dann aus Sicherheitsgründen nicht.

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