Thomas Freitag in Hennef Über den größten Problembären

HENNEF · Seit drei Tagen besetzt der Bibliothekar Sebastian Schüttlöffel eine Stadtbibliothek, in der er seit 30 Jahren arbeitet. Diese soll nun durch einen Bibliotheksbus ersetzt werden, um Geld im Kulturbereich einzusparen. Schüttlöffel hält 5800 Bücher als Geiseln und weigert sich, das Gebäude zu verlassen.

So beginnt das Programm "Der kaltwütige Herr Schüttlöffel" von Thomas Freitag, das er am Freitagabend im Hennefer Kur-Theater präsentierte. In seinem politischen Kabarett schürt er Wut gegen den Zeitgeist, Einsparungen im Kulturbereich, das Schnäppchenjagen, den Kapitalismus, den politischen Irrsinn und gegen angebliche Alternativlosigkeit. Freitag balanciert mit literarischen und politischen Zitaten und schlüpft dabei in unterschiedliche Rollen, die scharfzüngig und sarkastisch Kritik an der heutigen Gesellschaft üben und den Zuschauern selbst den Spiegel vorhalten.

In der Rolle des Karl Marx bezeichnet er den Menschen als "größten Problembären überhaupt". "Wer sorgt dafür, dass der Kapitalismus noch existiert", fragt Freitag alias Marx in den voll besetzten Zuschauerraum, um gleich darauf seine Antwort: "Die Konsumenten" hinterherzuwerfen. Er übt Kritik am Schnäppchenjagen der Menschen, das sich sowohl in der Textil- als auch in der Lebensmittelindustrie widerspiegle und stellt fest: "Niedrige Preise sind nur durch Ausbeutung von Ressourcen und Menschen möglich." Kaum einer sei bereit, für Qualität und faire Herstellungsbedingungen zu zahlen. Zudem würden viele seine Idee zur Vereinigung der Proletarier heutzutage als Kegeltour nach Mallorca missverstehen.

Wieder in der Rolle des Sebastian Schüttlöffels kritisiert dieser den Drang der Menschheit nach ständiger Selbstoptimierung. Zur großen Freude und Belustigung des Publikums schlüpft er kurz darauf in die Rolle des Frittenverkäufers Siggi, der eine Frittenbude hinter der Stadtbibliothek unterhält. "Alle wollen ihre Ernährung optimieren und ich muss das ausbaden", beschwert dieser sich. Hinsichtlich der zunehmenden Begeisterung der Menschen für Salat, sieht er die Kultur bedroht von "Salatisten". "Was unsere Kultur ausmacht, ist der Geist, nicht der Körper!", beschwert er sich und zieht einen Vergleich zwischen der deutschen Fritte und der Bibliothek: "Die alte deutsche Fritte ist nicht gesund, sie ist ein Bollwerk, genauso wie die Bibliothek!"

Thomas Freitag präsentiert ein Programm zwischen Theater und Kabarett, sorgt mit seinen sarkastischen Bemerkungen für Unterhaltung und regt mit vorgehaltenem Spiegel zugleich zum Nachdenken an.

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