Traum vom Eigenheim in Hennef Stein für Stein selbst gemauert

Hennef · Was tun, wenn man als junges Paar ein Eigenheim sucht, aber sich auf dem Immobilienmarkt partout nichts Passendes finden lässt? Man baut ein Haus. So taten es jedenfalls die Hennefer Jörg Lambertz und Carina Moll. Der 32 Jahre alte Produktionsingenieur und die 27-jährige Leiterin der Hennefer Kita Regenbogen lassen nicht bauen - sie bauen ihr Haus selbst.

Jörg Lambertz und Carina Moll bauen ihr Haus selbst.

Jörg Lambertz und Carina Moll bauen ihr Haus selbst.

Foto: Axel Vogel

Zu zweit, nach Feierabend und im Urlaub, ohne eine Fachfirma beauftragt zu haben und ohne viel Erfahrung. "Ich habe zuvor lediglich ein Buch gelesen und einem Freund beim Hausbau geholfen", sagt Lambertz. Manschetten hatte er nicht: "Auf dem Dorf war das früher üblich." Zudem sei er von Berufs wegen akkurates Arbeiten gewöhnt: "Im Maschinenbau muss alles auf den tausendsten Millimeter genau stimmen."

Nachdem es anfangs ungläubiges Staunen im Bekanntenkreis gab und es einige Krisensituationen zu meistern galt, belehren die beiden Häuslebauer inzwischen alle Skeptiker eines Besseren: Im Dezember feierten Lambertz und Moll Richtfest und sind jetzt durchweg optimistisch: "Im Sommer können wir einziehen", glaubt Carina Moll.

Das große Projekt vom Eigenheim "Marke Eigenbau" nahm Mitte 2013 Konturen an. "Wir hatten zuvor ein halbes Jahr lang ein fertiges Haus in Hennef gesucht. Aber das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte einfach nicht", erinnert sich Jörg Lambertz. Kurzentschlossen zeichneten beide ihr Traumhaus. "Dann haben wir für das Haus das passende Grundstück gesucht", so der Bauherr. Die Suche wurde zur ersten Herausforderung. Mit Hilfe des Internetdienstes Google Maps lokalisierte das Paar Grundstücke, die prinzipiell in Frage kamen. Anschließend hieß es "Klinken putzen" und Leute ansprechen, um den Eigentümer auszumachen: "Dabei haben wir jeden angesprochen, der auf der Straße gerade gekehrt hat", gibt Jörg Lambertz zu. Zu Hilfe kam ihnen der Zufall: Von Bekannten erfuhren sie, dass ein rund 1000 Quadratmeter großes Areal mit schöner Lage in einer Hennefer Höhengemeinde verkauft würde. Im Dezember 2013 unterschrieben sie den Kaufvertrag.

Ein Statiker hatte derweil nach den Zeichnungen des Paares genehmigungsfähige Planungen ausgearbeitet. Auch die Berufsgenossenschaft war über die geplante Eigenarbeit des Paares informiert. Nach Aussage von Rita Lorenz ist losgelöst vom Einzelfall gegen ein solches Verfahren nichts einzuwenden: "Die Bauordnung NRW verbietet die Ausführung von Bauarbeiten ohne Heranziehung von Unternehmern in Selbst- oder Nachbarschaftshilfe nicht." Rechtlich sei das Verfahren auch beim Einfamilienhausbau erlaubt. Allerdings gilt: "Die Bauarbeiten müssen entweder unmittelbar von sachkundigen und erfahrenen Personen ausgeführt werden oder aber entsprechende Personen müssen daran mitwirken", betont Lorenz. Die Mitwirkung sei einer Anleitung gleichzusetzen. Den Job der hatte nach Aussage von Lambertz besagter Statiker übernommen.

Nachdem im Juni die Baugenehmigung vorlag, begann ein Alltag, der praktisch nur noch aus Arbeiten und Bauen bestand: "Ab 17 Uhr waren wir jeden Tag auf der Baustelle und jedes Wochenende", sagt Jörg Lambertz. Nachdem die Bodenplatte gegossen war, wurde die Arbeit deutlich anstrengender. Für die Häuslebauer hieß es fortan Hunderte Ytong-Steine schleppen und vermauern, damit insgesamt rund 240 Quadratmeter Wohnfläche auf zwei Vollgeschossen samt Keller plus Doppelgarage entstehen können. Und zwar nach einem KfW-ähnlichen Standard, sagt Lambertz, der aber für den Bau auf entsprechende Fördermittel verzichtet hatte. Bei den Arbeiten griffen die beiden auf Werkzeug und Maschinen von Eltern und Freunden zurück und manchmal mieteten sie fehlendes Gerät. Die Grundsteinlegung wird Fußballfan Lambertz nicht vergessen: Es war der Tag des WM-Finales. Doch als die beiden gerade in einer Siegburger Kneipe saßen, um der deutschen Mannschaft gegen Argentinien die Daumen zu drücken, rief ein Nachbar an: Nach Starkregen stand die Baugrube voll Wasser. Also machten die Bauherren sofort kehrt, um eine Tauchpumpe zu installieren - bis zum Anpfiff war das Ganze geschafft. Es sollte nicht der letzte Unwetterschaden bleiben: Zwei Mal geriet nach Starkregen ein Hang ins Rutschen, der gegen den Keller des Neubaus drückte. Da kein Bagger eingesetzt werden konnte, so Lambertz, "mussten wir das Erdreich mit der Hand wegschippen".

Der 32-Jährige kapitulierte lediglich bei einer Arbeit, beim Abdichten des Kellers mit Bitumen. "Für einen kleinen Bereich einer Wand habe ich etwa fünf Stunden gebraucht. Danach hatte ich die Schnauze voll." Freundin Carina sprang ein, wobei auch ihr die Bauphase in keiner guten Erinnerung bleiben wird: "Das war die schlimmste Arbeit." Doch der Tiefpunkt ist längst überwunden. Inzwischen steht der Rohbau, und das Dach ist gedeckt. Es war laut Lambertz "ein unglaublich beruhigendes Gefühl". Jetzt steht der Innenausbau mit Elektroarbeiten an. Auch hier will das Paar vieles in Eigenregie stemmen.

Aber natürlich gab und gibt es auch Unterstützung: So halfen Freunde und Familie etwa beim Tragen von Stahlmatten und Betonarbeiten, vor allem Carinas Vater Olaf Moll packte viel mit an und gab Tipps. Ein Zimmermeister und ein Dachdecker hatten die Fertigung von Dachstuhl und Dach übernommen. Zudem wird ein Fachmann die Sanitärarbeiten ausführen, die Geothermie-Heizung einrichten und die Wohnraumbelüftung in Betrieb nehmen. Trotzdem sagt Jörg Lambertz: "Wir haben hier jeden Stein selber in der Hand gehabt."

Mit seiner Eigenleistung könnte das Paar geschätzte 30 Prozent Kosten sparen. Aber das war nicht der entscheidende Kick: "Wir wollten es selber machen", erklären beide unisono. Auch mit der Gewissheit, dass wenn etwas schief laufen sollte, "wir es selber verbockt und nicht Handwerker dafür bezahlt haben."

Dass inzwischen der größte Teil des Projektes geschafft ist, ist für Bauherr Jörg Lambertz einfach nur "ein geniales Gefühl". Auch Freundin Carina Moll kann dem Ganzen bislang nur Positives abgewinnen: "Ich hatte am Anfang gedacht, dass wir uns beim Bauen oft in die Haare bekommen. Aber das Gegenteil war der Fall."

Dennoch ist Freund Jörg froh, wenn er im Sommer zur Einweihungsparty einladen kann: "Ein Hausbau im Leben langt."

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