Musikschule der Stadt Hennef Musik für Menschen aller Generationen

HENNEF · Sowohl der Musikgarten für Eltern-Kind-Paare als auch die Musikgruppe für Demenzkranke gehören zum Angebot der 1954 gegründeten Musikschule der Stadt Hennef. Derzeit belegen mehr als 500 Musiker Kurse aus dem umfassenden Angebot der Musikschule in der Kopernikus Realschule in Hennef.

Neo wippt mit den Beinen zur Musik als das Begrüßungslied erklingt. Die Teilnehmer des Musikgartens für Eltern-Kind-Paare singen und klatschen für den neun Monate alten Jungen. Der kleine Mund verzieht sich zu einem freudigen Lächeln. "Alle Kinder werden nacheinander einzeln begrüßt und am Ende auch wieder verabschiedet. Damit sie ihre Wertigkeit und das Ich-Gefühl lernen", erklärt Neos Mutter Ellen Jüngling, Leiterin des Musikgartens.

Auch Jochen Ten Hoevel, Leiter der Musikgruppe für Demenzkranke, begrüßt jeden seiner zehn Teilnehmer einzeln. Zum Einstieg stimmt er auf seinem Akkordeon das altbekannte Volkslied "Horch, was kommt von draußen rein", an. Teilnehmerin Helene Beisel klopft mit dem rechten Fuß spontan den Rhythmus mit. Die Musik liegt ihr im Blut, betrieb sie doch mal eine Tanzschule.

Die Melodie scheint etwas in der 93-Jährigen zu regen. Ihr zuvor auf dem Stuhl zusammengesunkener Körper richtet sich plötzlich auf. Ihr Blick richtet sich auf den 42-jährigen Musiktherapeuten, von dem wohl keiner der Teilnehmer so richtig weiß, dass er jede Woche in die Seniorenresidenz am Kurpark kommt, um mit ihnen Musik zu machen. Aber das Lied kennen alle - von der ersten bis zur letzten Strophe. "Manche Teilnehmer sind schwer dement und können kaum noch einen Satz formulieren, aber singen können sie", sagt Jochen Ten Hoevel.

Sowohl der Musikgarten für Eltern-Kind-Paare als auch die Musikgruppe für Demenzkranke gehören zum Angebot der 1954 gegründeten Musikschule der Stadt Hennef. Derzeit belegen mehr als 500 Musiker Kurse aus dem umfassenden Angebot der Musikschule in der Kopernikus Realschule in Hennef. Die Musikschüler von sechs bis 18 Monaten rund um Musikgarten-Leiterin Ellen Jüngling repräsentieren die Jüngsten, während die Teilnehmer der Gruppe für Demenzkranke wohl zu den ältesten gehören. Aber alle haben eine Gemeinsamkeit: Sie haben spürbar Freude an der Musik. "In beiden Gruppen steht nicht das aktive Musizieren im Vordergrund. Die Musik wird genutzt, um im Unterbewusstsein Gefühle und Empfindungen auszulösen. Die Kleinkinder erfahren Musik und die Demenzkranken erinnern sich an Musik", so Stefan Küsche, stellvertretender Leiter der Musikschule. Die Musik löse bei den Demenzkranken meist sehr tief im Unterbewusstsein verborgene, schöne Erinnerungen aus.

Wenn Jochen Ten Hoevel in die Curanum-Residenz am Kurpark kommt, werden verschiedene kleine Instrumente herausgeholt, um mit den Bewohnern, die sich in unterschiedlichen Demenzstadien befinden, zu musizieren. Der Therapeut selbst spielt Akkordeon, Keyboard und Klavier.

Die alten Volkslieder scheinen die Teilnehmer zu berühren und öffnen Türen in ihrem Inneren. "Musik aktiviert Demenzkranke, sie sitzen aufrechter und atmen freier", berichtet Ten Hoevel. Musik erreiche zudem die Emotionen der Menschen, "die unabhängig von der körperlichen und geistigen Verfassung bis zuletzt erhalten bleiben". Immer wieder bezieht der Musiktherapeut die Teilnehmer mit ein, stellt ihnen Fragen oder erzählt von seiner letzten Nordseereise. "Mich persönlich interessieren auch sehr die Geschichten, die sie erzählen", sagt er. Ten Hoevel verteilt Instrumente an die Bewohner. Dabei achtet er vor allem darauf, dass die Teilnehmer Instrumente erhalten, mit denen sie gut hantieren können. "Kornblumenblau" erklingt es daraufhin mit Gesang, Rasseln, Glöckchen und Akkordeon. Helene Beisel schlägt das Tamburin dazu gekonnt im Takt. "Das war ein Walzer", stellt die erfahrene Tänzerin anschließend bekennend fest und gibt zu verstehen, dass man sehr musikalisch sein muss, um ihn zu tanzen.

Montags und freitags trifft sich Ellen Jüngling mit Eltern-Kind-Paaren zum Musizieren in der Musikschule. Dort sollen die Kleinkinder ohne "Leistungserwartungen" die Gelegenheit bekommen, Musik aufzunehmen und selbst zu gestalten. "Durch Singen, Musizieren, Bewegen und Musikhören wird die natürliche musikalische Veranlagung der Kinder geweckt und entwickelt", sagt Jüngling. Die 38-Jährige verteilt Klanghölzer, Glöckchen und Rasseln. Die Kleinen wissen jedoch zunächst nicht so recht etwas damit anzufangen. Neo steckt sich ein Klangholz in den Mund, sein Sitznachbar Theodor haut mit der Rassel auf den Boden. Die beiden stehen jedoch gerade mal am Anfang ihres musikalischen Werdegangs. Denn im Anschluss an den Musikgarten für die Kleinsten schließt sich der Musikgarten Phase 1 für Kinder ab 18 Monate bis drei Jahre an.

Jetzt ist es Zeit für bunte Tücher. "Grün, grün, grün sind alle meine Kleider", singen die Mütter der Gruppe. Neo stülpt sich das grüne Tuch über den Kopf und gluckst vor Lachen. "Gemeinsame Freude und angenehme Gefühle stärken sowohl bei den Babys als auch bei den Demenzkranken das Miteinander und geben Halt und Vertrauen. Musik und Sport sind für alle Menschen eine äußerst wichtige und gesunde Nahrung für Körper, Geist und Seele", so Stefan Küsche.

Jochen Ten Hoevel freut sich jedes Mal auf seinen wöchentlichen Besuch in der Seniorenresidenz am Kurpark: "Die Arbeit mit den Menschen ist hier unmittelbar. Das Schöne daran ist, dass man die Wirkung von Musik direkt erfährt." Und die äußert sich offensichtlich positiv, denn Helene Beisel wendet sich direkt nach der Stunde an den Musiktherapeuten: "Das war so schön! Könnten wir das vielleicht noch einmal wiederholen?" Am Freitag wird Jochen Ten Hoevel wieder da sein.

Mehr Informationen

Wer Interesse am Musizieren hat, kann sich bei der Musikschule, Fritz-Jacobi-Straße, 53 773 Hennef, Tel. 02242/5556, oder E-Mail: musikschule@hennef.de informieren. Internet: www.musik-in-hennef.de.

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