Prozess am Bonner Landgericht Geräuschvoller Sex führt zu Nachbarschaftsstreit vor Gericht

Hennef/Bonn · Um nachbarschaftlichen Lärm höchst intimer Natur ging es am Dienstag vor dem Bonner Landgericht. Ein Pensionärs-Ehepaar aus Hennef hat seinen ebenfalls pensionierten Nachbarn verklagt, weil es die Geräusche aus dessen Sexleben nicht mehr erträgt und Unterlassung dieser Belästigung fordert. Ein "pikanter Fall", befindet das Gericht.

"So einen Rechtsstreit haben wir auch nicht alle Tage", eröffnet der Vorsitzende der 8. Bonner Zivilkammer, Markus Weber, die Verhandlung. Obwohl die Parteien nicht geladen sind, ist die Nachbarin, die allein als Klägerin auftritt, damit ihr Ehemann den Lärm als Zeuge bestätigen kann, erschienen. Er habe das persönliche Erscheinen bewusst nicht angeordnet, erklärt der Richter, um die aufgeheizte Stimmung nicht noch mehr aufzuheizen. Wie recht er hat, zeigt sich, als die Klägerin in Tränen ausbricht.

Nach 25 Jahren friedlichen Nebeneinanders Wand an Wand in den Doppelhaushälften, wurde es vor zwei Jahren der Klägerin zufolge plötzlich laut. Damals starb die Ehefrau des beklagten früheren Beamten, und dessen Leben änderte sich. Und zwar so geräuschvoll, dass die Nachbarn nur einen Weg sahen, sich zur Wehr zu setzen: Sie zogen in erster Instanz vor das Siegburger Amtsgericht.

Dort forderten sie: Der Nachbar soll verurteilt werden, es zu unterlassen, Tonträger mit Musik und Pornos so laut abzuspielen, dass der Lärm in ihr Haus eindringen kann. Außerdem soll der Nachbar es unterlassen, die Klägerin mit sexuellen Anzüglichkeiten zu beleidigen. Dass die Eheleute überdies fordern, der Nachbar solle sein Auto nicht länger als 20 Minuten vor ihrer Einfahrt parken, geriet dabei fast zur Nebensache.

Der so verklagte Nachbar gab die lauten Sex-Geräusche an einem bestimmten Tag auch zu, erklärte jedoch: Die seien nicht vom Band gekommen, sondern live gewesen. Er habe an dem Tag eine Dame des horizontalen Gewerbes zu Besuch gehabt und das Fenster geöffnet wegen deren Hitzigkeit. Deshalb habe er die Dame auch anschließend ausgetauscht. Prozessergebnis: Der Richter verurteilte den Beklagten wie beantragt zur Unterlassung.

Dagegen zog der Mann nun vor das Landgericht. Doch auch Zivilkammervorsitzender Weber befindet: "Es gibt eine Intimsphäre, die man wahren muss, und solche Geräusche muss man nicht hören." Zur Befriedung des Nachbarschaftsverhältnisses rät er zur gütlichen Einigung. Das Ehepaar willigt ein. Und nun verpflichtet sich der Beklagte im Vergleich, laute Musik und Geräusche zu unterlassen, die für die Nachbarn "wahrnehmbare sexuelle Handlungen betreffen". Auch Beleidigungen der Nachbarin mit sexuellen Anzüglichkeiten verpflichtet er sich zu unterlassen. Jeder Verstoß kostet ihn bis zu 2500 Euro Ordnungsgeld. Oder Haft. Widerspricht der Mann, der ja nur durch seine Anwältin vertreten ist, dem Vergleich, fällt das Gericht ein Urteil.

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