Natur-Werkstatt Hennef Anfänger können jahrhundertealte Schmiedekunst erlernen

HENNEF · Eberhard Rusch hämmert voller Elan auf einer schmalen, glühenden Eisenstange herum. Er ist extra aus Erftstadt nach Hennef-Stein gekommen, um hier bei einem Einführungskurs in die jahrhundertealte Technik des Schmiedens dabei sein zu können: "Ich habe ein steinaltes Haus aus dem 16. Jahrhundert und brauche diese Kenntnisse, um es zu renovieren."

 In seinem Element: Eberhard Rusch schmiedet einen Garderobenhaken.

In seinem Element: Eberhard Rusch schmiedet einen Garderobenhaken.

Foto: Franziska Jünger

Türbeschläge, Haken und Nägel für alte Balken will er in Zukunft selbst herstellen, eine eigene Felsschmiede hat sich Rusch schon gebaut. Bis es soweit ist, müssen der Erftstädter und die drei anderen Kursteilnehmer aber erst einmal die Grundlagen erlernen. Dazu gehören Materialkunde, Feuerführung und die verschiedenen Schmiedetechniken, wie das Spalten, Lochen und Plätten von Eisen- oder Stahlstücken.

Kursleiter Tobias Niemann betreibt die Natur-Werkstatt seit neun Jahren gemeinsam mit seiner Frau und gibt neben dem Schmieden auch Kurse im Bogenbau und -schießen, Bronzegießen, Filzen sowie anderen traditionellen Handwerken und Kunstformen. Das Programm richtet sich an Jung und Alt. Grundschulklassen sind genauso vertreten wie Unternehmen, die Termine für Betriebsausflüge oder Team-Building-Maßnahmen buchen. Niemann hat sich die Techniken hauptsächlich selbst beigebracht. Sein Schwerpunkt ist die Messerschmiede.

Die erste Übung für den Anfängerkurs ist an diesem Vormittag aber das Schmieden einer Spitze mit Hilfe von Amboss und Hammer. "Wichtig ist dabei, dass ihr den Stahl nicht zu lange ins Feuer haltet", erklärt Niemann. Für die einfachen Werksstücke verwendet der Kurs Baustahl, einen weichen Stahl, der beispielsweise bei Geländern zum Einsatz kommt.

Je dicker die Stücke sind, desto länger müssen sie in den beiden Feueröfen erhitzt werden, halten aber auch länger die notwendigen Temperaturen. "Die ideale Arbeitstemperatur liegt zwischen 800 und 1100 Grad. Wenn der Stahl weißlich wird, ist es kritisch, weil das Material anfängt zu verbrennen", sagt der Kursleiter.

Anhand der "Farbskala zum Erwärmen" zeigt Niemann den Hobby-Schmieden, dass eine hellrote bis gelbe Färbung am besten ist, um den Stahl in die gewünschte Form zu bringen. An den drei Arbeitsplätzen können maximal sechs Personen gleichzeitig arbeiten. Bei einigen Schmiedetechniken ist ein Partner notwendig, um das Stück festzuhalten, während der andere in einem bestimmten Winkel hämmert. Mit perfektionistischer Sorgfalt entstehen aus den langweiligen Stangen kunstvoll gewundene Schürhaken.

Die Werkstatt am Fuße der Burg Blankenberg ist erfüllt von anhaltendem Hämmern und der feurigen Hitze der beiden Öfen. Axel Hermanns hat bisher nur mit Holz gearbeitet - eine deutlich kältere und staubigere Angelegenheit. "Schmieden ist damit überhaupt nicht vergleichbar. Freunde haben mir den Kurs empfohlen und es macht mir viel Spaß."

Die Kursteilnehmer zahlen 55 Euro für vier Stunden mit Hammer, Stahl und Feuer. Am Ende werden sie mindestens ein bis zwei eigene Werksstücke mit nach Hause nehmen. Kursleiter Niemann ist bewusst, dass jeder sein eigenes Tempo hat und unterschiedlich gut zurechtkommt: "Einige sind schon Handwerker und entwickeln schnell ein Gefühl für das Material. Es geht hierbei aber auch vor allem um die Erfahrung und das Tun an sich."

Schmieden boomt. Niemann stellt eine zunehmende Nachfrage fest. "Es ist eine große Szene als Gegentrend zur Virtualisierung und Computerwelt entstanden. Die Leute haben Sehnsucht nach Ursprünglichkeit."

Der studierte Geograf interpretiert den Trend auch als Aufbäumen gegen die Wegwerfgesellschaft. Viele wollten wieder etwas mit den Händen selbst schaffen und keine 0815-Produkte im Baumarkt kaufen.

Eberhard Rusch ist wie die anderen Kursteilnehmer sehr begeistert von dem, was er hergestellt hat. Zwar musste er sich von seiner Vision, ein Gartentor zu schaffen, auf kürzere Sicht verabschieden, mit seinem Garderobenhaken ist er aber schon ganz zufrieden. "Da muss sich meine Frau eben noch etwas gedulden", sagt er und lacht.

Weitere Infos in der Natur-Werkstatt Hennef unter der Rufnummer 02242/9181895.

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