Sandra D. aus Eitorf Mord ohne Leiche? - Angeklagter Ehemann bestreitet die Tat

Bonn · Alle Augen sind auf den stämmigen Mann gerichtet, der in Handschellen in den Gerichtssaal geführt wird. Und jeder stellt sich wohl die Frage: Hat der 41-jährige Dirk D. seine Frau Sandra tatsächlich am 9. September 2012 in Eitorf erwürgt, ihre Leiche zerstückelt und mit den Abfällen der Krankenhausküche, in der er als Koch arbeitete, entsorgt?

Das wirft ihm die Anklage vor, denn genau so hatte der 41-Jährige das im vergangenen Jahr seiner damaligen Geliebten geschildert. Doch stimmt diese Geschichte? Objektive Beweise gibt es keine, eine Leiche wurde nie gefunden. Und Dirk D. bezeichnet sein Geständnis als Erfindung.

Dem Schwurgericht steht ein mühsamer Weg der Wahrheitsfindung bevor, denn Dirk D. beteuert: Er habe seine Frau nicht ermordet. Er habe seiner Geliebten diese "Horrorgeschichte" nur erzählt, weil die sie habe hören wollen. Und er habe sie zufrieden-stellen wollen, um sie nicht zu verlieren. Sein Verteidiger Uwe Krechel stellt gleich zu Beginn klar: Man dürfe nicht vergessen, unter welchen Umständen das angebliche Geständnis zustande gekommen sei.

So habe diese Frau schon Monate zuvor im Internet als "Jäger des Mörders" von Sandra D. den Ehemann als Täter ausgemacht. Sie habe sich an Dirk D. herangemacht, und der habe sich schließlich "einer Frau offenbart, die ihn wie einen Hund an der Leine" geführt habe. "Und welche Frau", so fragt der Anwalt, "legt sich nach einem solchen Geständnis anschließend noch wochenlang neben ein solches Monster ins Bett und schläft neben ihm?"

Im Übrigen gebe es keinen Hinweis darauf, dass ein Mensch zu Tode kam, und die Leichenhunde hätten in dem Haus nichts gefunden. Doch Tatsache ist: Sandra D. ist zuletzt am 8. September lebend von ihren Arbeitskollegen im Supermarkt gesehen worden. Und wie der Angeklagte schildert, hätten er und Sandra, die er 2008 heiratete, ständig Streit um Geld gehabt.

Denn sie habe kaum etwas verdient, aber viel gebraucht. Als er sie 2005 kennenlernte, war sie von einem anderen Mann schwanger. Aber er habe sie trotzdem gewollt und das heute achtjährige Mädchen als sein eigenes Kind angesehen und sich auch mehr darum gekümmert als Sandra.

Kurz vor Sandras Verschwinden habe sie ihm eröffnet, dass sie ausziehe und schon eine Wohnung gemietet habe. Er habe geglaubt, dass das sowieso nicht funktioniere und sie schon zurückkommen werde. Deshalb habe er ihr auch bei der Wohnung geholfen und am 8. September Sachen in die neue Wohnung gebracht. Doch dann habe sie ihn, als sie abends gegen 22.30 Uhr von der Arbeit kam, gefragt, ob er ihr 600 Euro für die Kaution gebe.

Und als er abgelehnt habe, sei sie sauer, laut und beleidigend geworden. Er habe nur seine Ruhe haben wollen und auch nichts weiter gefragt, als sie ihm im Bett gesagt habe: "Rechne morgen nicht mit mir, ich werde abgeholt." Und von wem, gehe ihn nichts an. Dass er, der sonst stets so eifersüchtig war, in der Situation so ruhig geblieben sein will, nimmt das Gericht ihm nicht ab. Kammervorsitzender Josef Janßen hatte Dirk D. schon zu Beginn der Sitzung klar gemacht: Wenn er was zu sagen habe, solle er es sagen.

Denn es sei ja vorstellbar, dass etwas im Streit geschehen sei, und dann sehe es für ihn günstiger aus, als wenn man am Ende zu dem Ergebnis komme, er sei wegen Mordes zu verurteilen, wie die Anklage es sehe. Doch auf die Frage des Richters: "Wo ist ihre Frau?", kommt von Dirk D. nur: "Ich weiß es nicht." Stundenlang hält ihm das Gericht Ungereimtheiten und Widersprüche in seiner Geschichte vor, doch Dirk D. bleibt dabei: Er ist unschuldig. Schließlich hält ihm Richter Janßen vor: "Mein Eindruck von Ihnen ist: Da sitzt einer, der spielt Roulette und guckt, ob es gut geht oder nicht." Dirk D. reagiert nicht.

Sandra D.'s 19-jähriger Sohn, der ihm als Nebenkläger gegenübersitzt, blickt ihn immer wieder an. Auch die achtjährige Tochter ist Nebenklägerin, wird allerdings durch ihren leiblichen Vater vertreten. Bei ihm und dessen Familie lebt das Kind inzwischen. Heute ist die Geliebte, der Dirk D. den Mord gestand, als Zeugin geladen.

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