Prozess um vergiftetes Mettbrötchen Angeklagte gesteht und belastet ihren Ex-Freund als Mittäter

EITORF/BONN · Mit einer faustdicken Überraschung begann am Mittwoch der zweite Verhandlungstag im Prozess um einen versuchten Mordanschlag mit einem vergifteten Mettbrötchen in Eitorf: Die 53 Jahre alte Angeklagte, die den Vorwurf bislang stets bestritten hatte, räumte ein, an der Tat beteiligt gewesen zu sein.

Aus der Erklärung, die Verteidiger Jürgen Schüttler verlas, geht allerdings hervor, dass der damalige Lebensgefährte der Angeklagten - der in Hennef lebende Sohn der 76 Jahre alten Geschädigten - die treibende Kraft hinter der Aktion gewesen sein soll. Am Abend des 24. März dieses Jahres waren dem im Haushalt einer Pflegerin lebenden demenzkranken Opfer mehrere Tabletten verabreicht worden.

Daraufhin fiel die Frau in einen Dämmerzustand, aus dem sie im Krankenhaus erst nach drei Tagen wieder erwachte. Eine der verwendeten Tabletten wurde in einer Halsfalte des Opfers gefunden. Vor Gericht gab die gelernte Arzthelferin nun zu, dass sie mehrere Tabletten in ein Mettbrötchen gesteckt und die Mutter ihres Freundes damit gefüttert habe. Der Grund: Ihren Angaben zufolge wollte ihr Partner verhindern, dass er als Betreuer seiner Mutter abgesetzt und stattdessen die Pflegerin zur Betreuerin ernannt wird.

Am Tattag hatte der 49-Jährige dies offenbar erfahren und mit der Angeklagten darüber gesprochen. In einer "Mischung aus Nervosität, Hektik und Panik", so die 53-Jährige, habe man überlegt, wie eine Absetzung als Betreuer verhindert werden könne. Der Freund habe schließlich Tabletten aus dem Badezimmer geholt und vorgeschlagen, dass seiner Mutter bei der Pflegerin etwas passieren müsse.

Es sei darüber gesprochen worden, dass die 76-Jährige "sicher überleben" werde. Auf ihre Frage, was denn sei, "wenn doch etwas passiert", habe der Hennefer geantwortet: "Dann ist sie erlöst." Die 53-Jährige: "Ich schluckte, sagte aber nichts mehr." Im Rückblick müsse sie heute zugeben, "dass wir nicht sicher sein konnten, dass sie nicht sterben würde".

Nach der Festnahme sei sie vom erhobenen Vorwurf des versuchten Mordes "total schockiert" gewesen. "Ich hatte zwar befürchtet, dass sie an den Tabletten sterben könnte. Aber die konkrete Gefahr hatte ich verdrängt."

Dass ihr Lebensgefährte unbedingt Betreuer seiner Mutter bleiben wollte, hatte laut der abgegebenen Erklärung vor allem mit der Angst zu tun, in Zukunft weniger Geld zur Verfügung zu haben: Der 53-Jährigen, die nach eigenen Angaben jahrelang im Rotlichtmilieu arbeitete und zuletzt etwa anderthalb Gramm Kokain am Tag konsumierte, wird vorgeworfen, seit November 2012 insgesamt 14 500 Euro aus dem Vermögen der Seniorin veruntreut zu haben. Aber auch hier soll der Sohn des Opfers alles organisiert haben: "Ich habe nichts davon geplant", so die Frau.

Aufgrund der Angaben der 53-Jährigen wurde das Verfahren auf Antrag von Staatsanwältin Sandra Düppen ausgesetzt. Sie will den Sohn des Opfers, dem eine Beteiligung an dem mutmaßlichen Mordversuch in den Augen der Staatsanwaltschaft bislang nicht nachgewiesen werden konnte, nun ebenfalls anklagen. Dann sollen sich beide gemeinsam vor Gericht für die Tat verantworten müssen.

Die Anklageerhebung soll nun "sehr schnell" geschehen, so Oberstaatsanwalt Robin Fassbender auf Anfrage. Er bestätigte gestern, dass der 49-Jährige - der am Mittag als Zeuge im Prozess aussagen sollte - vor dem Gerichtsgebäude festgenommen wurde. Heute soll er dem Haftrichter vorgeführt werden.

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