Sandra D. aus Eitorf 42-Jährige immer noch vermisst - Mordanklage ohne Leiche

EITORF/BONN · Am 8. September 2012 verliert sich jede Spur der damals 42-jährigen Sandra D. aus Eitorf. Seitdem hat niemand mehr die Mutter einer siebenjährigen Tochter gesehen - weder tot noch lebendig. Die Bonner Staatsanwaltschaft ist sicher: Der Ehemann hat seine Frau getötet und ihre Leiche beseitigt.

 Eine Hundertschaft sucht am 7. November 2012 vergeblich nach der Vermissten im Krabachtal.

Eine Hundertschaft sucht am 7. November 2012 vergeblich nach der Vermissten im Krabachtal.

Foto: Axel Vogel

Sandra D. wollte ihn verlassen und hatte bereits eine Wohnung für sich und ihre Tochter, die nicht seine ist, gemietet. Nun wurde der 51-jährige Koch wegen heimtückischen Mordes angeklagt. Das bestätigte Oberstaatsanwalt Robin Faßbender auf Anfrage.

Für Bonns Ermittler und die Justiz ist es der dritte Fall innerhalb kurzer Zeit, in dem nach dem angeblichen Verschwinden einer Ehefrau deren Mann als Täter in Verdacht gerät und angeklagt wird. Dennoch liegt dieser Fall anders: Es gibt keine Leiche. Sowohl im Fall Trudel Ulmen, deren Tod nach 17 Jahren aufgeklärt wurde, als auch im Fall der fünf Jahre lang verschwundenen Sigrid Paulus aus Königswinter-Ittenbach wurden die Leichen der Frauen gefunden.

In beiden Fällen gestanden die Ehemänner die Taten vor dem Prozess. Trudel Ulmens Ehemann wurde verurteilt, der Mann von Sigrid Paulus gestand bei der Durchsuchung des Hauses, seine Frau getötet und im Keller einbetoniert zu haben. Er ist angeklagt und wartet auf seinen Prozess.

Dirk D. aus Eitorf hingegen schweigt. Dass er nun als mutmaßlicher Mörder seiner Frau in U-Haft sitzt, liegt daran, dass er im vergangenen Jahr eine Frau kennenlernte, der er laut Anklage schilderte, dass und wie er seine Frau getötet haben will. Auf diese Erklärungen stützt sich jetzt weitgehend die Anklage. Denn diese Frau ging Anfang August 2013 zur Polizei und teilte mit, was sie erfahren hatte. Und die Polizei, so erklärte nun Oberstaatsanwalt Faßbender, schaffte die technischen Voraussetzungen dafür, dass in der Folgezeit die Erklärungen des 51-Jährigen aufgezeichnet wurden.

Die Zeugin brachte den 51-Jährigen dazu, ihr noch einmal zu schildern, was er getan haben will: Er habe seiner Frau, die er verabscheut habe, nachts in Wasser aufgelöste Beruhigungstabletten eingeflößt, und als sie morgens aufgewacht und noch benommen gewesen sei, habe er sie die Treppe hinuntergestoßen. Dann habe er die Verletzte wieder hoch ins Schlafzimmer getragen, ins Bett gelegt und erwürgt.

Die Staatsanwaltschaft ist sicher, dass diese Schilderung den Tatsachen entspricht. Denn dafür, so Faßbender, gebe es weitere Indizien. So habe er seiner Freundin geschildert, dass seine Frau kurz vor dem Erstickungstod keine Kontrolle mehr über Blase und Darm gehabt habe. Eine realistische Darstellung, so Faßbender. Und zu der passe es, dass der 51-Jährige später von Zeugen dabei beobachtet worden sein soll, wie er eine zerschnittene Matratze aus dem Haus geschafft habe.

Ob allerdings auch die weitere Geschichte, die der 51-Jährige seiner Freundin erzählte, stimmt, ist für die Staatsanwaltschaft ungeklärt: So schilderte er der Zeugin laut Anklage, er habe die Leiche seiner Frau anschließend zerstückelt und zusammen mit den Küchenabfällen des Krankenhauses, in dem er als Koch arbeitete, entsorgt. Nur den Kopf will er an anderer Stelle versteckt haben. Alle Suchaktionen blieben bisher jedoch ergebnislos.

Faßbender zufolge hat sich der 51-Jährige nur ein Mal zu Beginn der Ermittlungen über seinen Verteidiger geäußert: Er habe seiner Freundin das alles erzählt und immer weiter ausgeschmückt, um sie an sich zu binden. Denn sie sei regelrecht süchtig nach solchen Horrorgeschichten gewesen.

[kein Linktext vorhanden]Laut Faßbender habe er vorher zu der Freundin gesagt, er habe keine Angst, dass sie zur Polizei gehe, denn: "Diese Horrorgeschichten glaubt dir sowieso keiner." Und wenn doch, werde er sagen, sie habe das hören wollen. Doch die Staatsanwaltschaft ist sicher: Der 51-Jährige hat die Wahrheit gesagt und seine Frau getötet. Und sowohl das Landgericht Bonn als auch das Oberlandesgericht Köln hätten die Haftbeschwerde des 51-Jährigen zurückgewiesen und den dringenden Tatverdacht bejaht.

Auch wenn es keine Leiche gibt, sind die Ermittler sicher: Sandra D. ist tot. "Seit ihrem Verschwinden gibt es nicht mehr den Hauch eines Lebenszeichens", so Faßbender.

Chronologie

8. September 2012: Sandra D. wird letztmals in Eitorf gesehen, als sie um 22 Uhr den Supermarkt verlässt, in dem sie arbeitet. Tags drauf melden ihre Kollegen sie als vermisst.

18. Oktober: Die Polizei gibt eine Suchmeldung heraus, in der auf die angebliche Suizidgefährdung der Vermissten hingewiesen wird.

7. November: Eine Einsatzhundertschaft durchsucht das Krabachtal. Die Polizei hält inzwischen auch ein Tötungsdelikt für möglich.

16. November: Taucher der Bundespolizei suchen die Sieg ab.

27. März 2013: In der ZDF-Sendung "XY - Aktenzeichen ungelöst" wird über den Fall berichtet.

12. Juni: Eine Hundertschaft durchkämmt ein Waldstück bei Mittelscheid.

Anfang August: Die neue Freundin des Ehemannes meldet der Polizei, er habe ihr die Tötung seiner Frau gestanden.

30. August: Der Ehemann wird festgenommen.

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