Auf dem Beifahrersitz Zwischen Bio und Büro

BORNHEIM-WALDORF · Pünktlich um 9 Uhr wartet Heinz Bursch auf seinem Biobauernhof in Waldorf. Traktor fahren steht auf dem Programm.

Seit drei Stunden ist der 50-jährige Gartenbaumeister, der den Betrieb vor 28 Jahren von seinem Vater Heinrich übernahm, auf den Beinen. Die vielen landwirtschaftlichen Nutzfahrzeuge, die vor dem Hof bereitstehen, bleiben zunächst unbeachtet.

Zu Fuß macht der "Chef" seinen morgendlichen Rundgang. Insgesamt sind etwa 70 Voll- und Teilzeitkräfte sowie viele Saisonarbeiter auf dem Traditionsbetrieb, der Anfang der 60er Jahre als einer der ersten Höfe in Deutschland auf Bioanbau setzte, beschäftigt. Während andere Bauern die Anzahl ihrer Kulturen immer mehr beschränkten, setzte der Biohof, der Anfang 2007 vom Anbauverband Bioland zu Demeter gewechselt ist, schon vor Jahren auf Vielfalt.

Mehr als 60 Kulturen werden hier auf einer Fläche von etwa 50 Hektar angebaut. Auch Nutztiere leben auf dem Hof: Hühner, Ziegen und Schafe sind nicht nur zur Freude der Kinder, die gemeinsam mit ihren Eltern das idyllische Hofcafé besuchen können, angeschafft worden. "Hier auf dem Hof wird es nie langweilig", erzählt Heinz Bursch von dem geschäftigen Treiben. "Es ist ein sehr lebendiger Mikrokosmos, in dem wir hier leben."

Als Betriebsleiter kümmert er sich von morgens bis abends um die "Schnittstellen" der einzelnen Zuständigkeitsbereiche: Landwirtschaft, Hofladen, Café, Wochenmärkte und Bioläden wollen versorgt werden. Zu tun gibt es zweifellos jede Menge - aber wie sieht es mit dem Traktor fahren aus?

"Ich fahre leider nur noch selten mit dem Traktor", sagt Heinz Bursch. "Die Bürokratie macht auch vor der Landwirtschaft nicht halt. Man wird immer mehr an den Schreibtisch getrieben." Ausnahmsweise unternimmt er seine Kontrollfahrt durch die Felder heute doch mal mit dem Traktor: Die Auswahl an Fahrzeugen ist groß. Bursch entscheidet sich für einen nicht mehr ganz taufrischen Pflegeschlepper - mit nur einem Sitzplatz - und zwar für den Fahrer.

Der Beifahrer muss sich so gut es eben geht daneben klemmen, und dann heißt es: gut festhalten. Wer mit dem Auto hinter einem landwirtschaftlichen Nutzfahrzeug hertuckern muss, wähnt sich im Schneckentempo. Auf dem Traktor dagegen erscheinen die 30 Stundenkilometer doch recht flott. Außerdem pfeift der Wind ordentlich durch die offene Fahrerkabine - eine dicke Jacke ist also eine gute Wahl.

Es wackelt, rattert - und unterhalten ist nicht: Es ist zu laut. Hin und wieder hält Bursch an, begutachtet Gemüse, Salate oder den Zustand des Bodens und tuckert weiter. Heinz Bursch durfte diese Erfahrung bereits im Alter von fünf Jahren machen. Da fuhr er das erste Mal mit einem Traktor. Offiziell ist das Fahren nur mit dem Führerschein für landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge erlaubt, den man im Alter von 16 Jahren erwerben kann.

Auf den Feldern ist nicht viel los, nur ein einsamer Traktor quält sich durch einen Acker. Der Boden soll aufgelockert werden, doch Frontgrubber und Kreiselegge werden mit der klumpigen braunen Masse nicht fertig - die Erde ist zu feucht. Trotzdem wechselt auch Bursch das Gefährt. Der John Deere 6610 mit 120 PS und Allradantrieb muss kämpfen. Also entscheidet der Chef, dass die Arbeit auf den Nachmittag verlegt wird.

Fakten zum Fahrzeug

  • Hersteller: John Deere
  • Modell: 6610
  • Leistung: 120 PS
  • Zylinder: sechs
  • Hubraum: 6788 cm³
  • Verbrauch: neun bis zwölf Liter Diesel, je nach Kraftaufwand
  • Höchstgeschwindigkeit: 40 km/h
  • Gewicht: 4717 kg
  • Bauzeit: Von 1997 bis 2003
  • Ausstattung: Kabine mit Klimaanlage, Allradantrieb
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