Arbeiterhochburg im Vorgebirge Unterwegs in Roisdorf: Der zweitgrößte Bornheimer Ort verfügt über zentrale Einrichtungen

BORNHEIM-ROISDORF · Im Zeichen der Geschichte steht Roisdorf in diesem Jahr. Denn der Ort feiert seine Ersterwähnung vor 900 Jahren. "Ruchestorp" wurde Roisdorf damals genannt.

 Viel zu entdecken: Eine Postkarte zeigt Roisdorfs Sehenswürdigkeiten.

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Foto: Stadtarchiv

Und bereits die Römer kannten die Quelle des Roisdorfer Brunnens, wie der Fund zahlreicher Münzen ab etwa hundert Jahre nach Christi Geburt bezeugt. Das alte Roisdorf sei ein Straßendorf entlang der heutigen Brunnenstraße gewesen, erzählt der Roisdorfer Ortsvorsteher Harald Stadler. Zwischen der heutigen Brunnenallee und Siegesstraße hätten die Häuser links und rechts der Brunnenstraße gestanden. Bis in die 50er Jahre sei die Brunnenstraße eine belebte Straße mit Betrieben und Geschäften in fast jedem Haus gewesen.

An dieser Straße, die damals Siefenfeldchen hieß, sind deshalb die ältesten Gebäude des Ortes zu finden: Die Wolfsburg, die 1582 als Broicher Hof erstmalig erwähnt wurde. Die Hoffront der einstigen Wasserburg von 1626 ist ebenso erhalten geblieben, genauso wie der barocke Torturm zum Mühlenbach hin aus dem Jahr 1730. Schräg gegenüber im Vorgebirgshang ist das Haus Wittgenstein aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, das der Kölner Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner architektonisch gestaltet hat.

Zunächst hatte sich der Ort dann weiter am Hang des Vorgebirges ausgedehnt, erst mit der Einrichtung der Bahnlinie Köln-Bonn und des Roisdorfer Bahnhofs verschob sich der Ortsmittelpunkt zur Bonner Straße. Während die Bauern die Linie nutzten, um ihre Waren in Köln auf dem Markt zu verkaufen, entstand in den 1920er Jahren der Roisdorfer Centralmarkt - eine genossenschaftlich organisierte Obst- und Gemüseversteigerung, heute unter dem Dach von Landgard.

Ebenfalls in der Nähe der Bahnlinie siedelte sich die Lederfabrik Gammersbach an, die durch die Lieferung von Tornistern für die preußische Armee groß wurde. Bis in die 50er Jahre wurden auf dem Fabrikgelände zwischen Bonner Straße und Friedrichstraße Lederwaren produziert. An der Brunnenallee gegenüber der Fabrik errichtete der Patriarch seine Villa. Heute werden die Gebäude unter anderem von der Post und dem Jugendamt genutzt. "Lederfabrik und Brunnen führten dazu, dass das einst landwirtschaftliche Dorf industriell geprägt wurde", erzählt Ortsvorsteher Stadler. Deshalb sei Roisdorf auch eine sozialdemokratische Hochburg im sonst konservativen Vorgebirge gewesen.

Mit knapp 5800 Einwohnern ist Roisdorf heute der zweitgrößte Ort der Stadt Bornheim. Mit dem Alexander-von-Humboldt-Gymnasium, der Volkshochschule, dem Rathaus und dem Einkaufszentrum hat Roisdorf Bedeutung über den Ort hinaus. Zurzeit streitet die Politik über die Erweiterung des Einkaufszentrum mit Discounter, Elektronikmarkt und anderen Geschäften. "Das Einkaufszentrum wird so oder so erweitert", sagt Stadler. Der gültige Bebauungsplan lässt laut dem Ortsvorsteher eine Erweiterung zu, ohne dass sich die Verkehrssituation verbessert. Die Gegner der Erweiterung haben jedoch Angst um das nahe Bornheimer Zentrum. Und was bewegt die Roisdorfer noch? Sie hoffen laut Stadler auf die L 183 n, die die Bonner Straße vom Durchgangsverkehr entlasten soll. Geplante Fertigstellung: 2014.

In der ganzen Welt berühmt gemacht hat Roisdorf der Mineralbrunnen. Der "sure Born" wurde 1445 erstmals erwähnt und gehörte zur Herrlichkeit Alfter. Bis 1971 war der Brunnen im Besitz der gräflichen, später fürstlichen Familie. Ab dem späten 18. Jahrhundert gab es Pläne in Roisdorf einen Kurbetrieb zu errichten, die jedoch alle scheiterten. Im Jahr 1876 pachtete der Kölner Unternehmer Wilhelm Castor die Quelle und vermarktete das Wasser weltweit. Nach turbulenten Jahren und sechs Jahren Insolvenz wird in Roisdorf wieder Roisdorfer Wasser produziert. Und auch der kleine Brunnenpark samt Pavillon wurde wieder errichtet.

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