Interview mit Bornheims Feuerwehrchef Wolfgang Breuer Über Ausrüstung, Personal und Gefahrgutunfälle

Bornheim · Seit sieben Monaten hält Wolfgang Breuer als Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr mit ihren 357 Aktiven die Fäden in der Hand. Einer seiner ersten großen Einsätze als Leiter: ein Gefahrgutunfall in Sechtem. Über die Vorbereitung und den neuen Brandschutzbedarfsplan sprach er mit Hannah Schmitt.

 Kein alltäglicher Einsatz für die Bornheimer Feuerwehr: Ende Juli traten giftige Chemikalien aus einem Silozug im Gewerbegebiet Sechtem aus.

Kein alltäglicher Einsatz für die Bornheimer Feuerwehr: Ende Juli traten giftige Chemikalien aus einem Silozug im Gewerbegebiet Sechtem aus.

Foto: Axel Vogel

Sie sind seit April Wehrführer. Wie haben Sie die ersten Monate im neuen Amt erlebt?
Wolfgang Breuer: Ich wusste als Stellvertreter ja, was auf mich zukommt. Da habe ich mir auch schon Gedanken gemacht, was ich anpacken möchte.

Was wäre das?
Breuer: Wir haben jetzt zum Beispiel Arbeitskreise eingerichtet, die sich etwa mit den Themen Ausbildung, Einsatzstrategie oder Technik befassen. Der Arbeitskreis Technik beschäftigt sich mit Fahrzeugtypen, zum Beispiel damit, ob es vielleicht möglich ist, ein einheitliches Löschfahrzeug für jeden Standort zu entwickeln. Damit der Feuerwehrmann aus Roisdorf auch in Hersel genau weiß, wo am Fahrzeug was ist.

Am Donnerstag entscheidet der Rat über den Brandschutzbedarfsplan. Was steckt da drin?
Breuer: Es geht darum, wie sich die Stadt entwickelt hat, wo Wohngebiete und Gewerbebetriebe hinzugekommen sind und wie sich das auf die Feuerwehr auswirkt. Dabei ist zum Beispiel aufgefallen, dass die Sirenenbeschallung in den Gewerbegebieten nicht ausreicht - da müssen wir nachbessern. Inhalt des Bedarfsplans sind auch das Fahrzeugkonzept und die Auswirkungen von verkehrstechnische Änderungen. Das ist wichtig bei der Einhaltung der Hilfsfristen.

Klappt das in Bornheim?
Breuer: Wir haben jetzt erstmals im Brandschutzbedarfsplan ein sogenanntes Schutzziel definiert. Wir möchten bei 85 Prozent der Einsätze die Hilfsfrist einhalten. Das bedeutet, dass wir bei einem Brand, bei dem Leben in Gefahr sind, zunächst in acht Minuten mit neun Kräften vor Ort sein müssen.

Was macht die restlichen 15 Prozent aus?
Breuer: Es ist abhängig von der Tageszeit und der Entfernung. Wenn es auf einem Aussiedlerhof brennt, dann ist das vielleicht einer der Fälle, bei dem wir es nicht schaffen. Manchmal ist auch eine Einheit schnell da, aber die weiteren Kräfte brauchen länger. Wir versuchen das zu kompensieren, indem wir auch Wehren aus den Nachbarkommunen alarmieren.

Im Bedarfsplan ist auch die Personalstärke aufgeführt. Ist Bornheim da gut aufgestellt?
Breuer: Wir haben zwölf Löschgruppen, die jeweils neun Mann für einen Einsatz vorhalten müssen. Dann rechnen wir noch 200 Prozent Reserve dazu. Es müssten also 27 Mann pro Löschgruppe sein, das schaffen wir nicht überall. Neue Studien sagen sogar, man bräuchte tagsüber 600 Prozent Reserve. Das ist für uns wegen der Berufstätigkeit der Wehrleute nicht erreichbar. Wir alarmieren deshalb immer mehrere Löschgruppen. Zudem gibt es die Tagesalarmgruppe, die unter anderem aus Rathausmitarbeitern besteht.

Ist eine Verschmelzung von Löschgruppen denkbar?
Breuer: Wir wollen erst einmal alles so lassen, es ist ja auch ein heikles Thema. Man muss das aber auf Jahre betrachten und wenn man sieht, dass kein Nachwuchs kommt, wird man auch solche Dinge überlegen müssen. Aber nur in Absprache mit den Einheiten, es darf nicht von oben erzwungen werden.

Ist es schwierig, Nachwuchs zu finden?
Breuer: Wir haben das gleiche Problem wie alle Institutionen und Vereine: Die Freizeit verteilt sich auf so viele Möglichkeiten. Grundsätzlich sind wir aber gut aufgestellt. In Walberberg haben wir jetzt als Pilotprojekt eine Kinderfeuerwehr gegründet. Die ist mit 15 Gründungsmitgliedern sehr gut bestückt. Es ist aber natürlich auch ein hoher Betreuungsaufwand. Da sehe ich die Gefahr, dass das nicht an jedem Standort zu leisten ist.

Wie sind Sie mit der Ausrüstung der Wehren zufrieden?
Breuer: Wir sind zufrieden, auch wenn natürlich Gewerbegebiete mit sehr großen Gebäuden und Gefahrenpotenzial dazugekommen sind. Da machen wir uns Gedanken, ob wir vielleicht noch ein Fahrzeug mit einem größeren Wassertank brauchen.

Über das Gerätehaus Bornheim ist auch schon viel diskutiert worden. Was ist da nun geplant?
Breuer: Im Moment ist eine Firma mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt. Wir müssen zum einen die Ausstattung, die wir derzeit haben, unterbringen, und zum anderen 25 Jahre weiter schauen und uns fragen, wie viele Fahrzeuge kommen vielleicht dazu, welche neuen Aufgaben werden an die Wehr gestellt. Und eigentlich müssten wir 27 Stellplätze haben. Das ist natürlich am derzeitigen Standort schwer zu realisieren.

Kürzlich gab es gleich zwei Gefahrgutunfälle in Bornheim. Wie bereiten Sie sich darauf vor?
Breuer: Wir machen regelmäßig Übungen, aber ein Einsatz ist immer anders. Gerade bei Gefahrgut passiert ja oft jahrelang nichts. Man lernt viel daraus und das hilft uns dann auch bei der Planung weiter. Wir sind aber mit einer Dekontaminationseinheit und einem Fahrzeug im Bereich Messtechnik gut aufgestellt.

Zu wie vielen Einsätzen rückt die Feuerwehr im Jahr aus?
Breuer: Zwischen 130 und 180 - es kommt aber aufs Jahr an. Wenn es Unwetterlagen gibt, dann steigt die Zahl drastisch. Zugenommen haben vor allem Einsätze, bei denen wir Wohnungstüren öffnen müssen, weil dahinter eine hilfsbedürftige Person vermutet wird. Und auch Tragehilfen beim Rettungsdienst, weil die Patienten immer schwerer werden.

Gab es auch kuriose Einsätze?
Breuer: Vor ein paar Monaten harrte eine Frau eine ganze Nacht vor einem Baum aus, auf den ihre Katze geklettert war. Am nächsten Tag haben wir die Katze runtergeholt. Generell sagen wir den Besitzern, dass sie erst einmal warten sollen. In der Regel kommen die Tieren nach einiger Zeit von selber herunter. Ich muss ja auch sehen, dass wir die Wehrleute dafür tagsüber von ihrem Arbeitsplatz holen. Denn wir sind keine Berufsfeuerwehr.

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