Glockenmusik in Bornheim Traditionelles Glockenspiel zu Ostern

BORNHEIM-DERSDORF · Schon das mittägliche Glockengeläut zeigt eindrucksvoll, dass in Dersdorf die Uhren ein wenig anders gehen: Nicht dann, wenn sich der große und der kleine Zeiger um Schlag zwölf treffen, setzen die drei Glocken zum weithin hörbaren Zeitzeichen ein, sondern bereits eine halbe Stunde vorher. Der Grund ist für Glockenmusiker Achim Bursch leicht zu erklären:

Achim Bursch beiert in der Dersdorfer Kirche (Foto), in Brenig, Walberberg und Eicks bei Kommern.

Achim Bursch beiert in der Dersdorfer Kirche (Foto), in Brenig, Walberberg und Eicks bei Kommern.

Foto: Wolfgang Henry

"Das war früher das Signal für alle, die auf den Feldern gearbeitet haben, dass sie ihre schwere Arbeit beenden, damit es um Punkt 12 Uhr Mittagessen gibt." Die letzten Klänge des Mittagsgeläuts sind gerade verklungen, da erklimmt der 35-Jährige bereits behände die Leitern im Glockenturm von Sankt Albertus Magnus: Der Glockensachverständige in Ausbildung und ehrenamtliche Kirchenmusiker übt das Beiern.

Gertrud, Maria und Albertus Magnus sind schon da. So heißen die bis zu 300 Kilo schweren Glocken aus Gussstahl, die Bursch zum Klingen bringt. Niemand beschwert sich in Dersdorf, wenn er hoch oben im Turm drei Seile an den Glockenklöppeln anbringt und für den alten, an Ostern aufzuführenden Brauch probt.

"Nein, Beschwerden kamen noch nicht, aber ich möchte die Menschen auch nicht über Gebühr beanspruchen", meint Bursch bescheiden. Vielmehr übt er das Beiern auch zu Hause, wenn es sein muss - ein Tipp, den auch Einsteiger ganz einfach beherzigen können: Der musikalische Kunsthandwerker nimmt drei Gläser, befüllt sie unterschiedlich mit Wasser und probiert das rhythmische Anschlagen.

Achim Bursch beiert nicht nur in Dersdorf, Brenig und Walberberg, er bildet zudem ehrenamtlich Beierleute aus. Außerhalb Bornheims ist er auch im Dienste der Musiktradition unterwegs: In Mechernich-Eicks bei Kommern im Kreis Euskirchen lässt der Dersdorfer die Glocken von österlicher Freude künden. Am Ostermontag, 15 Uhr, spielt er in der dortigen Kirche Sankt Martin ein Glockenkonzert.

Der Gedanke, dass die Glocken - sei es in Vorgebirge oder Voreifel - einmal schweigen, wäre für den 35-Jährigen unerträglich. Daher trommelt der Glockenspieler eifrig um Mitspieler für das vorwiegend rhythmische und weniger melodische Musizieren auf Kirchenglocken mit Wiederholungen und Wechseln in der Rhythmik.

Beiern funktioniert auch im Sitzen. Am Ende von zwei der drei gespannten Seile hat Bursch das neongelbe Handstück eines Expanders angebracht. Das dritte Seil bedient er mit dem linken Fuß. "Voraussetzung fürs Beiern sind ein Grundgefühl für Rhythmus und ein gewisses Geschick", wie Bursch es nennt. Bevor er den ersten Seilzug betätigt, muss er die Schwungräder der Glocken zuvor blockieren. Dazu nimmt er große Holzbalken, die dafür sorgen, dass die Glocke einmal nicht frei schwingen kann.

Sein Vater Horst zeigte ihm Mitte der 80er Jahre die Kunst des Beierns. Nach dem Zweiten Weltkrieg und nach der Elektrifizierung des Glockenspiels Ende der 60er Jahre war es zunächst vorbei mit der Beiertradition in Dersdorf. In den 30er Jahren, als hier der erste Glockenturm entstand, waren die ersten österlichen Glockentöne erklungen. In Brenig hatten die Beierleute zuvor ihr Handwerk gelernt.

Melodien wie beim Glockenspiel sind beim Beiern nicht drin. "Die große Variationsbreite liegt nicht in den Melodien, sondern in den Rhythmen", erklärt Bursch. "Hells Bells" von AC/DC werde der Beiermann nicht zu Gehör bringen - möchte er auch gar nicht. Da die Glocken in Sankt Albertus Magnus auf H, D und E gestimmt sind, sei aber der Rhythmus des Lobgesangs "Te Deum" möglich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort