Schlägerei am Halt der Linie 18 in Walberberg Noch kein Tatverdächtiger gefasst

BORNHEIM-WALBERBERG · Auch zehn Wochen, nachdem der 17-jährige Daniel (Name von der Redaktion geändert) an der Haltestelle der Linie 18 in Walberberg von einem jungen Mann verprügelt und schwer verletzt wurde, ist der Tatverdächtige noch nicht gefasst. Der Staatsanwaltschaft Bonn ist sein Name, jedoch nicht sein Aufenthaltsort bekannt.

Daniels Mutter schildert dem General-Anzeiger, was sich in der Nacht zum Sonntag, 3. August, an der Haltestelle abspielte. Dort warteten Daniel, seine 16-jährige Freundin und zwei weitere Begleiterinnen auf die Bahn in Richtung Bonn. "Dann sind sechs Typen aufgetaucht", berichtet die Mutter.

Sie hätten ihren Sohn angesprochen: "Was guckst Du?" Daniel sei gar nicht richtig darauf eingegangen, erzählt sie weiter. Ihr Sohn habe nur geantwortet, dass er sich die Gegend anschaue, und dann habe es Faustschläge gesetzt. Auch auf die 16-Jährige seien die Jugendlichen losgegangen. Plötzlich habe Daniel einen Schlag bekommen, der ihm das Bewusstsein geraubt habe. Dennoch sei weiter auf ihn eingeschlagen und eingetreten worden.

Irgendwann hätten die Jugendlichen von ihm abgelassen. Daniel sei wieder zu Bewusstsein gekommen und mit seinen Begleiterinnen in die Bahn eingestiegen. Er habe so unter Adrenalin gestanden, dass ihm zunächst gar nicht klar gewesen sei, was geschehen war, erklärt seine Mutter. "Es ist verrückt. Die vier saßen im hinteren Wagen und die Schläger im vorderen."

Nach einem Telefonat wurden Daniel und die jungen Frauen von den Eltern an der Haltestelle Kardorf in Empfang genommen. Dann ging es ins Krankenhaus, wo er zwei Tage verbrachte. "Auf seinem Kopf waren Schuhprofile erkennbar", sagt die Mutter. Der Verdacht auf Hirnblutung und eine Netzhautablösung erhärtete sich nicht. "Zum Glück hat er keine bleibenden Schäden zurückbehalten."

Mehr als zehn Wochen ist das nun her. Zu einem Gerichtsverfahren ist es noch nicht gekommen. Dabei habe die Polizei die Ermittlungen sofort aufgenommen, sagt Daniels Mutter. Und: "Noch in der Nacht sind die Namen aller Verdächtigen bekannt gewesen." Auch die Staatsanwaltschaft wurde aktiv. Im Visier der Ermittler steht vor allem ein 18-Jähriger. In sozialen Netzwerken findet sich eine Vielzahl an Fotos des Verdächtigen, auch wie er mit Waffen posiert. Berichten zufolge war er kurz nach den Geschehnissen in Walberberg in den Urlaub ins Ausland gereist.

Seit geraumer Zeit soll er wieder zurück sein. Obgleich nach Angaben der Staatsanwaltschaft Bonn gegen den mutmaßlichen Täter ein Haftbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung vorliegt, ist er noch immer nicht in Gewahrsam. Sein Aufenthaltsort ist offenbar unbekannt. "Er hat wohl eine große Familie, und die Familienmitglieder haben ein Zeugnisverweigerungsrecht", sagt Oberstaatsanwältin Monika Volkhausen, Pressesprecherin der Bonner Staatsanwaltschaft.

Der Richter hat den zweiten Termin verschoben

Darüber hinaus hätte sich der mutmaßliche Täter bereits wegen einer anderen Schlägerei vor Gericht verantworten müssen. Zwei angesetzte Termine fielen aber aus. Während der Verdächtige in einem Fall nicht erschienen ist, hat der zuständige Richter nach Informationen des General-Anzeigers den zweiten Termin kurzfristig abgesagt. Laut Philipp Prietze, Sprecher des Landgerichts Bonn, hat der Richter den zweiten Termin tatsächlich aufgehoben. Das sei nach einem Gespräch mit der Staatsanwaltschaft geschehen, da der mutmaßliche Täter noch flüchtig sei.

Für Daniels Mutter ist die Sache mittlerweile eine "unendliche Geschichte". Was ihr besonders sauer aufstößt: "Die Täter lernen keine Konsequenzen kennen." Ganz allgemein kämen jugendliche Täter zu oft mit einem blauen Auge davon. Sozialstunden würden meist nur belächelt, findet sie. Daniel war an besagtem Wochenende nicht das einzige Opfer. Wie berichtet, waren am ersten Augustwochenende in Walberberg bei verschiedenen Schlägereien mehrere Menschen verletzt worden. Ob es einen Zusammenhang mit dem Angriff auf Daniel gibt, wird noch ermittelt.

Laut Volkhausen ist das in einem Fall aber auszuschließen, da es hier andere Tatverdächtige gebe. In Reaktion auf die Schlägereien waren auch Flugblätter der rechtsgerichteten "Identitären Bewegung" aufgetaucht. Auch hier wurden Polizei und Staatsanwaltschaft aktiv. Wie Volkhausen sagt, werde gegen die Gruppe wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz ermittelt. In diesem Zusammenhang beschäftige man sich auch mit den Flugblättern. Daniels Mutter distanziert sich klar von rechtem Gedankengut. "Unabhängig von Religion oder Herkunft: Wenn jemand Mist baut, muss er auch die Konsequenzen tragen."

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