Prozess gegen Ehepaar aus Bornheim Millionen-Betrug mit Ankauf von Lebensversicherungen

BORNHEIM/BONN · Die Anzeigen klangen verlockend: Die "Unternehmensgruppe Graf von Roit" warb bundesweit damit, unter anderem Lebensversicherungen anzukaufen und den Kunden dann nicht nur den aktuellen Rückkaufwert sofort bar auszuzahlen, sondern innerhalb weniger Wochen sogar noch zehn bis 15 Prozent mehr.

Da dieses Angebot jedoch ein sogenanntes "Schneeballsystem" gewesen sein soll, müssen sich seit Donnerstag vier daran beteiligte Personen im Alter zwischen 48 und 70 Jahren vor dem Bonner Landgericht verantworten. Den Angeklagten - einem Ehepaar aus Bornheim, einer Anwältin aus Bergisch Gladbach und einem Mann aus Rheinland-Pfalz - wirft die Staatsanwaltschaft 59-fachen Betrug im besonders schweren Fall und mehrere Verstöße gegen das Kreditwesengesetz vor.

Zwei weitere mutmaßliche Beteiligte sind mittlerweile verstorben, darunter eine mehrfach wegen Betruges vorbestrafte Frau aus Wesseling, die eine führende Rolle in der Gruppe gespielt haben soll. Laut Anklage verursachte die mutmaßliche Betrügerbande bei den aus ganz Deutschland stammenden Opfern zwischen 2008 und 2010 einen Schaden von knapp 1,5 Millionen Euro.

Die Angeklagten, offenbar vor allem die verstorbene Frau und zusätzlich eingeschaltete Vermittler, sollen dafür gesorgt haben, dass die Kunden ihre Versicherungsverträge abgaben. Doch das versprochene Geld floss laut Staatsanwaltschaft meist gar nicht.

Nur wenn Kunden hartnäckig Druck ausübten soll teilweise, aber mit erheblichen Verzögerungen, gezahlt worden sein - und nur dann, wenn Gelder von weiteren Geschädigten eingegangen waren. Einige Kunden sollen auf diese Weise mehr als 100.000 Euro verloren haben.

Um einen seriösen Eindruck zu erwecken, soll die Bergisch Gladbacher Rechtsanwältin als Treuhänderin bei der Abwicklung des Ankaufs aufgetreten sein. Zudem geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die 57-Jährige beim Abwimmeln von hartnäckigen Opfern beteiligt war. Am ersten Verhandlungstag verlas Staatsanwalt Sebastian Buß die Anklageschrift.

Von einigen Verteidigern wurde moniert, dass ein ursprünglich vorgesehener Schöffe durch einen Ersatzschöffen ersetzt wurde. Der Vorsitzende Richter Jens Rausch erklärte, dass der eigentlich vorgesehene Schöffe dem Gericht mitgeteilt hat, dass er erst ab Sommer zur Verfügung steht, weil er derzeit noch Deutscher Botschafter in einem afrikanischen Land ist. Für den Prozess sind weitere 19 Verhandlungstage bis in den April hinein angesetzt.

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