Shell lädt Nachbarn ein Kaffee, Kuchen und warme Worte

WESSELING · Käsekuchen, Obsttorte, Schwarzwälder Kirsch und Sahniges mit Eierlikör. Dazu gibt es Kaffee, Kakao, kalte Getränke, Informationstafeln und ein Gesprächsbedürfnis. Die Manager der Shell Rheinland Raffinerie hatten am gestrigen Sonntag viel aufgefahren, um ihre Gäste zufriedenzustellen. Gedacht ist das als Wiedergutmachung für die Ereignisse vom Muttertag.

Zur Erinnerung: Am Nachmittag des zweiten Maisonntags war es in einem Ofen auf dem Shell-Gelände in Wesseling zu einem Brand gekommen. Shell selbst spricht von einer "leichten Explosion". Bis in den Abend waren zahlreiche Feuerwehrleute im Einsatz. Eine schwarze Rauchsäule war viele Kilometer weit zu sehen. Die Bürger, vor allem in Niederkassel und Bornheim, waren aufgefordert, sich möglichst nicht im Freien aufzuhalten sowie Fenster und Türen zu schließen. Erst am Abend gab die Feuerwehr Entwarnung, Messungen hatten keine Gefahrstoffe festgestellt. Als mögliche Ursache gilt bisher ein Riss in einem Rohr. Und nun gibt es also Kaffee und Kuchen.

"Der Nachmittag ist eine kleine Geste der Entschuldigung und Wiedergutmachung." Als Raffineriedirektor Thomas Zengerly das Wort ergreift, hat er die Aufmerksamkeit von mehr als 100 Anwesenden. Die ersten Tassen Kaffee sind da bereits getrunken, die ersten Stücke Kuchen gegessen. Zengerly zeigt sich reumütig. "Wir haben Ihnen einen kleinen Schreck eingejagt. Und uns auch", sagt er.

Oliver Wolff, Simone Schubert und Francesco Vetere hören Zengerly aufmerksam zu. Alle drei wohnen in Wesseling. "Wenn Shell einen solchen Nachmittag anbietet, sollte man auch hingegen", findet Wolff. "Und dass es Kuchen gibt, ist ein netter Nebeneffekt." Als die schwarze Rauchwolke aufstieg, habe man sich schon so seine Gedanken gemacht, führt Wolff weiter aus. Schubert ergänzt: "Im Internet, auf Facebook, wurde wild spekuliert, was passiert sein könnte." Shell habe erst sehr spät informiert, kritisiert sie. Wie sie hätten sich auch Wolff und Vetere schnellere Informationen seitens der Raffinerie gewünscht. Unisono bekunden sie aber auch: Der Kuchen sei lecker.

Davon hat sich Ulrich von Elstermann nicht überzeugen können. Im Telefongespräch mit dem General-Anzeiger hatte der Niederkasseler bereits am Samstag deutlich gemacht, warum er am Sonntag nicht zu Shell kommen will: "Ich finde es schon eine Farce, dass man uns mit Kaffee und Kuchen abspeisen will." Der Konzern solle eine anständige Informationspolitik betreiben. An Muttertag sei der Himmel "kohlrabenschwarz" gewesen. Er habe dann bei der Bonner Feuerwehr angerufen, um zu wissen, was los ist, so von Elstermann. Von Shell sei eine Mail an die beim Unternehmen registrierten Anwohner erst viel später gekommen. "Shell sollte schneller informieren", führte von Elstermann am Telefon aus.

Zurück zur Kaffeetafel: Jan Zeese, Kommunikationschef der Raffinerie, interviewt Direktor Zengerly und Sicherheitsmanager Claus-Christoph Hoppe. Zengerly gibt sich selbstkritisch. Erste Informationen hätten früher an die Öffentlichkeit gehen sollen, sagt er. Hoppe sagt, wie gut der Einsatz der Feuerwehr funktioniert habe. Auch berichtet er von der Informationskette in Richtung der umliegenden Kommunen.

"Wenn eine weithin sichtbare Rauchsäule zu sehen ist, will der Nachbar wissen, was los ist." Zengerly führt aus, dass - wie bereits berichtet - der unabhängige, von der Bezirksregierung Köln geforderte, Gutachter am heutigen Montag seine Arbeit aufnimmt. Er gehe weiter davon aus, dass man Ende des Monats Erkenntnisse über den Zwischenfall habe, so Zengerly. Es sei ziemlich klar, dass es sich um einen Rohrschaden handele, führt er weiter aus. Weshalb das passiert war und warum es so große Auswirkungen gab, werde sich zeigen. Am Ende erhalten die beiden Shell-Manager Applaus. Danach sind sie umringt von Menschen. Geduldig beantworten sie alle Fragen - nicht nur Zengerly und Hoppe, auch andere Verantwortliche der Raffinerie gehen auf die Leute zu.

Zu diesem Zeitpunkt sind Claudia und Stefan Stahl aus Niederkassel bereits gegangen. Der Nachmittag sei "ein netter Versuch", hatte Claudia Stahl gesagt, kurz bevor sie mit ihrem Mann die Kaffeetafel verlassen hatte. "Man bleibt aber skeptisch", ergänzte Stefan Stahl. Seine Frau Claudia untermauerte dies: "Man hat das Gefühl, dass sich die Störfälle häufen. Shell muss Geld für die Wartung und Instandsetzung der Raffinerie in die Hand nehmen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort