Interview mit Sabine Heinrich "Ich konnte alles erfinden"

RHEINBACH · Gespräch am Wochenende: Moderatorin Sabine Heinrich spricht in Rheinbach über Flirtsignale und ihren Debütroman.

Wenn eine mit wohl temperierter Radiostimme ausgestattete Autorin ein Buch schreibt, ist klar, dass für die Hörbuchversion niemand eingekauft werden muss. Sabine Heinrich ist Moderatorin beim Radiosender 1Live und hat jetzt ein Buch geschrieben. Ihren literarischen Erstling "Sehnsucht ist ein Notfall" präsentiert sie am Mittwoch, 11. Juni, 19.30 Uhr, auf Einladung der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, der Buchhandlung Kayser und des General-Anzeigers in der Reihe "Zu Gast auf dem Sofa" in der Hochschul- und Kreisbibliothek Bonn-Rhein-Sieg, von-Liebig-Straße 20 in Rheinbach.

Im Roman verlässt eine 79-Jährige ihren Mann und brennt mit ihrer Enkelin Eva, die gerade zwischen zwei Männern und vor einer großen Entscheidung steht, nach Italien durch. Auf der turbulenten Reise geht es um Kompromisse in einer Beziehung, um Neuanfänge und um Kinder. Mit der 37 Jahre alten gelernten Journalistin sprach Mario Quadt.

Was war Ihre Inspiration, als Radiofrau ein Buch zu schreiben?
Sabine Heinrich: Meine Oma hat Opa verlassen. Insofern ist die Figur meiner Oma im Buch sehr autobiografisch. Dann hat mich Kiepenheuer & Witsch gefragt, ob ich daraus nicht ein Buch machen möchte. Da ich nicht die Biografie meiner Oma daraus machen wollte, ist ein Roman daraus geworden. Es ist toll, ich konnte alles erfinden und musste keine Quellen angeben - nichts belegen.

So ein Buch fängt ja mit einer großen, leeren, weißen Seite an...
Heinrich: Das ist mir gar nicht so schwer gefallen. Ich habe mich beim Schreiben nie allein gefühlt, weil ich immer Eva und Oma dabei hatte. Ich habe mich - wie meine Hauptfiguren - Anfang Januar ins Auto gesetzt und bin nach Italien gefahren und drei Wochen auf Elba geblieben, weil ich dort geschrieben habe.

Ich habe alles dort aufgesogen und eine Ferienwohnung genommen, die in einem Kirchturm war - so etwas kann man sich doch schöner nicht ausdenken. Omas Haftcreme heißt so wie sie heißt, und den Friseur in Mailand gibt es tatsächlich. Und die Gefühlslage von Eva musste ich nicht erfinden.

Warum sind Oma und Eva nach Elba gereist und nicht nach Ibiza, Mallorca oder nach Bad Kissingen?
Heinrich: Ich wollte die Oma etwas zum ersten Mal erleben lassen. Ich kam auf Italien, weil es für mich ein Sehnsuchtsort ist und auf Elba, weil es die nördlichste aller italienischen Inseln ist.

Bei 1Live im Radio und Ihren Sendungen im Fernsehen halten Sie das Mikrofon in der Hand und stellen neugierig Fragen. Wie ist es - wie jetzt gerade - Antworten geben zu müssen?
Heinrich: Hmm, ich finde es irritierend, dass ich gefragt werde, ganz ehrlich. Aber mir ist klar geworden, dass es mein Beruf ist, die Fragen zu stellen. Ich spreche allerdings auch gerne über mein Buch.

Wie nehmen Sie die Resonanz auf Ihr Erstlingswerk wahr?
Heinrich: Ich bin überrascht, wie viele Rückmeldungen ich bekomme - von jung und alt. Letztens kam eine Frau an den Signiertisch und sagte: "Ich bin Eva, ich habe mich für Johannes entschieden. Habe ich das Richtige getan?" Da läuft es mir eiskalt den Rücken runter. Ich habe viele schöne Komplimente bekommen. Ich las jetzt in der Zeitung, dass es bei älteren Menschen einen Trend gibt, sich zu trennen - auch nach vielen Jahren Beziehung. Ich habe für das Buch eine Reihe von Gesprächen geführt über das Leben von älteren Menschen, mit drei Damen und zwei Männern. Wir haben gesprochen über die Liebe und wie die sich anfühlt, wenn man älter ist. Was ich dabei erfahren habe, ist, dass Männer in dieser Phase des Lebens romantischer sind als Frauen.

Wenn das keine erfreuliche Nachricht ist...?
Heinrich: Ich habe mit einem Pärchen gesprochen - er 85 Jahre, sie 83, beide verwitwet und seit fünf Jahren zusammen. Ich habe sie gefragt, wie sie im Alter Flirtsignale senden und sie ihre Liebe erleben. Und ich fragte, ob man mit über 80 noch den Bauch einzieht, wenn man sich näher kommt? Die Antwort war: Das hört niemals auf.

Wer solch schöne Rückmeldungen bekommt, gerät doch sicherlich ins Grübeln, welche Geschichte er als nächstes erzählen will. Haben Sie Lust auf mehr?
Heinrich: Geschrieben habe ich immer. Ich komme - wie Sie - von der Zeitung. Es macht mir viel Spaß, zu erzählen. Im Radio mache ich das ja auch. Ich genieße aber jetzt erst mal das Buch. Ich genieße es, Debütautorin zu sein, weil ich gar keine Erwartungen hatte an das, was kommt. Ich bin baff, wie viele erscheinen, um bei meiner Lesung dabei zu sein. Und auf die Lesungen habe ich ziemlich Bock. Ich will weiter schreiben - es ist aber ein Prozess, der sehr langwierig ist.

Als Radiofrau und Fernsehgesicht bestreiten Sie mit Ihrer Stimme den Lebensunterhalt. Ist es da nicht besonders schwierig, zu entscheiden, wer das Hörbuch zum Roman spricht?
Heinrich (lacht): Ja. Wir haben sehr viel überlegt, wer es lesen soll. Mein Verlag sagte: Wir haben doch eine Radiostimme. Ich habe es also selbst eingesprochen - eine Autorenlesung. Ich glaube, ich habe am Anfang zu schnell gesprochen. Es fehlt halt die Musik davor und danach.

Zur Person

Die 37 Jahre alte Radio- und Fernsehmoderatorin Sabine Heinrich gilt als "Gesicht von morgen". Seit 2011 läuft ihre Sendung "1 Live-Talk mit Frau Heinrich" auf Einsfestival, seit 2013 "Frau Heinrich kommt - die tragbare Show" im WDR. Für den Eurovision-Vorentscheid "Unser Star für Oslo" bekam sie den Deutschen Fernsehpreis. Ihr Romandebüt "Sehnsucht ist ein Notfall" (ISBN 978-3-462-04621-2) ist für 14,99 Euro erhältlich.

Karten für die Lesung gibt's für acht Euro (ermäßigt vier Euro) in Rheinbach in der Buchhandlung Kayser, Hauptstraße 28, den Hochschul- und Kreisbibliotheken Rheinbach, von-Liebig-Straße 20, und Sankt Augustin, Grantham-Allee 20, oder an der Abendkasse.

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