Herbert Knebel in der Rheinhalle Hersel "Ich glaub, ich geh kaputt"

BORNHEIM-HERSEL · Da haben wir aber Glück gehabt: Eigentlich hätte Herbert Knebel gestern Abend auch genau das tun können, was er, eigenen Angaben zufolge, sowieso am liebsten tut: pennen!

 Mann mit Mission: Herbert Knebel in der Herseler Rheinhalle.

Mann mit Mission: Herbert Knebel in der Herseler Rheinhalle.

Foto: Roland Kohls

Nun hatte er sich dann aber doch wohl überlegt, die Einladung von Veranstalter Michael Neißen anzunehmen und zusammen mit seinem Kumpel Ozzy Ostermann mal auf'n Sprung in der Herseler Rheinhalle vorbeizuschauen. Traf sich insofern nicht schlecht, weil dort sämtliche Reihen ausverkauft waren.

Solch einen Anblick kennt Knebels Alter Ego - der Kabarettist und bekennende BVB-Fan Uwe Lyko - nicht nur "aussem Westfalenstadion", sondern inzwischen in schöner Regelmäßigkeit auch von seinen eigenen Auftritten samt "Affentheater" oder auch schon mal nur als einer selbst. "Ich glaub, ich geh kaputt...!" heißt sein drittes Soloprogramm. Nicht umsonst ist der rührige Ruhrpott-Rentner Knebel seit mehr als 25 Jahren das Charmanteste, was Essen zu bieten hat; nur echt mit Kassengestell, Helmut-Schmidt-Mütze, der beigen Popelinejacke und der braunen Hose dazu.

Leicht hat der Mann es allerdings nicht. Führte doch sein ausgeprägtes Bedürfnis nach einem Mützchen voll Schlaf über kurz oder lang dazu, dass die eheliche Matratze demnächst den Weg alles Irdischen antreten und durch ein unverbrauchtes Modell ohne Kuhlen und Dellen ersetzt werden muss. Und so eine Fahrt im auf halber Höhe stecken gebliebenen Aufzug eines Kaufhauses mit zwei mal zwei Meter überzogenem Federkern im Schlepptau hat es in sich. Zumal sich zu guter Letzt herausstellt, dass das gute Stück sowieso nicht in die heimische Schlafstatt gepasst hätte.

Tja, wenn Herbert seine Guste nicht hätte ... hätte er auch nicht die Enkel "Marzell" und "Jakkeline", die ihn mit ihrem Hamster Molle zum Tierarzt schicken. Nur weil das gute Tierchen seit kurzem bei voller Fahrt aus dem Rad aussteigt oder sein Häuschen nicht mehr findet. Dabei stellt sich heraus: Molle wollte bloß nur mal raus aus den miefigen vier Wänden. Es vergeht keine halbe Stunde, dann hat man das Gefühl, bei Knebels um die Ecke zu wohnen. Was die Zuschauer in der Rheinhalle mit Szenenapplaus goutieren; nicht zuletzt auch für Ostermann, der so hinreißend Bluesgitarre spielt, dass einem spontan all diese Bilder in den Kopf kommen - einsame Highways, Strommasten, hier und da ein paar Holzhäuser, gerade so wie von Edward Hopper gemalt.

Zurück nach Altenessen, wo Knebel derweil auf dem Sofa liegt oder im Internet surft: "am liebsten Fußball, aber auch schon mal Bundesliga". Das heißt, wenn er nicht gerade in der Küche mächtig einen geschossen kriegt. Wovon er offenbar immer wieder gern erzählt. So dass die Episode "Pack mal an die Spüle" über einen Stromstoß, ein Stück rot-weißes Flatterband, einen nur mit einem Handtuch bekleideten Nachbarn und einen Monteur mit aufgenähtem Blitz auf der Latzhose schon längst ein Klassiker ist.

Das alles erzählt in einem herrlich schnoddrigen Ton, sozusagen "vom Leben wech" und mit dieser unnachahmlichen Verdrehtheit, die unweigerlich entsteht, wenn er sich seines "Dafürempfindens nach" besonders gewählt ausdrückt. Es geht aber auch noch ganz anders , was Sandro - die Bedienung einer US-amerikanischen Kaffeerösterei - auf voller Breitseite zu spüren bekommt. Denn wenn Knebel "den Kaffee auf hat, kann's unter Umständen ziemlich eng werden." Aber geben wir's an dieser Stelle ruhig zu: Am liebsten hätten wir doch alle so einen wie ihn direkt in unserer Nachbarschaft. Oder wann sind einem zuletzt zwei Mal 50 Minuten so kurzweilig vorgekommen?!

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