Behindertenwerkstätten "Hier steht immer der Mitarbeiter im Mittelpunkt"

Bornheim · Der eine, Peter Iwand (81), ist stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates der Bonner Werkstätten. Der andere, Manfred Vogt (69), fungiert als Sprecher des Elternbeirates. Doch außer ihrem Engagement haben die beiden Väter noch einen persönlichen Bezug zu der Einrichtung der Lebenshilfe Bonn.

 Engagiert: Peter Iwand (links) und Manfred Vogt.

Engagiert: Peter Iwand (links) und Manfred Vogt.

Foto: Sonja Weber

Ihre Söhne arbeiten seit Jahren in den Bonner Werkstätten. Mit Peter Iwand und Manfred Vogt sprach Sonja Weber.

Gab es Vorbehalte oder Befürchtungen, die Sie gegenüber einer Beschäftigung in den Werkstätten hatten?
Peter Iwand: Unser Sohn Ruben ist 48 Jahre alt und arbeitet seit etwa 23 Jahren im Arbeitsbereich für Schwerstbehinderte. Anfangs glaubten wir, er könnte den Anforderungen nicht gewachsen sein. Heute stellen wir fest, dass die Arbeit ein fester Bestandteil seines Lebens ist, der ihn zufrieden macht. Er braucht feste Abläufe und eine sinnvolle Aufgabe.
Manfred Vogt: Unser Sohn Marc, heute 33 Jahre alt, hat das Down-Syndrom. Wir sind von Anfang an den integrativen Weg gegangen, er hat eine ganz normale Grundschule, später eine Gesamtschule besucht. Nachdem er sogar seine Qualifizierung im Hotel- und Gaststättengewerbe erreicht hatte, trat er eine Stelle in einem Hotel an. Doch nach einem halben Jahr wollte er dort nicht mehr arbeiten.

Wo lag das Problem?
Vogt: Er hat gemerkt, dass er in der Hierarchie immer der letzte war. Nach dieser Erfahrung begann er seine Tätigkeit in der Großküche im Werk Beuel. Dort fühlt er sich wohl, weil er unter Leistungsgleichen sein kann und nicht mehr das letzte Glied in der Kette darstellt.

Was sagen Sie Menschen, die den Sinn von Behindertenwerkstätten in Abrede stellen?
Vogt: Wir haben erfahren müssen, wie schwer es für einen geistig behinderten Menschen ist, im normalen Arbeitsleben zurechtzukommen. Dazu gehört nämlich vor allem, mental fit zu sein, Stimmungen zu erkennen, Konflikte bewältigen und im Team arbeiten zu können. Da ist einfach zu viel Hilfestellung nötig. Für unseren Sohn war die Werkstatt ein Glücksfall.
Iwand: In den Werkstätten steht immer der Mitarbeiter im Mittelpunkt. Es wird produziert, aber vor allem betreut - und das kann kein anderer Arbeitgeber leisten.

Werkstätten und Inklusion: Ist dies Ihrer Meinung nach ein Widerspruch?
Vogt: Die Befürchtung vieler Eltern "Einmal Werkstatt, immer Werkstatt" ist unbegründet. Dort, wo es möglich ist, bemüht man sich darum, behinderte Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Ich würde mir eine differenzierter geführte Debatte wünschen. Es muss immer der Einzelfall betrachtet werden.

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