Gefahrgutunfall in Sechtem Entwarnung nach neun Stunden

BORNHEIM-SECHTEM · Großeinsatz für 160 Kräfte von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten nach einem Chemieunfall in Bornheim-Sechtem: Am Mittwochmorgen um 9.38 Uhr sendete ein Sechtemer Hygienemittelproduzent an der Marie-Curie-Straße einen Notruf.

Beim Be- und Entladen eines sogenannten Silozugs, einem 40 Tonnen schweren Tankwagen, war nach Annahme der Einsatzkräfte Salpetersäure ausgetreten und hatte sich mit einem weiteren, für die Einsatzkräfte lange rätselhaften Stoff verbunden. Die entstandene Verbindung trat daraufhin aus.

Die Folge: 34 Menschen mussten in der Bonner Uni-Klinik behandelt werden, weil sie das Gasgemisch eingeatmet hatten. Schon der Kontakt mit Salpetersäure kann zu schweren Verätzungen führen. Erst am Abend stellten die Einsatzkräfte fest, dass es sich um ein Gemisch aus Salpeter-, Schwefel- und Phosphorsäure handelte, die Wehr ging von 4000 Litern im Tank aus.

Da die Säure nicht nur ätzend, sondern auch brandfördernd ist, sperrten Polizei und Feuerwehr das Gewerbegebiet großräumig ab. In den umliegenden Betrieben standen alle Räder still. Per Sirenenalarm, ein an- und abschwellender, einminütiger Heulton, wurden die Sechtemer darüber informiert, dass Gefahr in Verzug ist. "Dieses Signal heißt, dass die Bevölkerung Gebäude aufsuchen sowie Fenster und Türen geschlossen lassen sollen", erklärte Ulrich Breuer, Pressesprecher der Feuerwehr der Stadt Bornheim. "Viele wissen leider gar nicht, was es mit diesem Sirenensignal auf sich hat."

Derweil waren am Silozug immer wieder bräunliche Rauchschwaden festzustellen, die aus einer der oberen Verschlusskappen des Lastwagens traten. Eigentlich ist Salpeter eher farblos, in hoher Konzentration hat der Stoff eine gelb-rötliche Farbe.

Feuerwehrleute versuchten, mittels einer Wassernebelwand aus zwei Löschrohren die gefährlichen Stoffe aus der Luft zu binden. "Wir führen permanent Messungen durch, um festzustellen, dass für die Bevölkerung keine Gefahr besteht", sagte Breuer. Aus Sicherheitsgründen sperrten die Einsatzkräfte auch den Bahnhof Sechtem - die Züge durchfuhren den Halt.

[kein Linktext vorhanden]Unklar war lange, wie die Gefahrensituation zu entschärfen ist. ABC-Schutzfachkräfte analysierten das entstandene Gemisch. Gegen 13.10 Uhr legten Feuerwehrleute ihre blauen Chemieschutzanzüge und Atemschutz an. Der Deckel des Silozugs sollte geschlossen werden. "Wenn kein Druck und keine Hitze entsteht, wäre das die Lösung", so Breuer. Allerdings: Bei hochsommerlichen Temperauren um die 25 Grad Celsius können die Männer nicht länger als 30 Minuten in ihren luftundurchlässigen Anzügen arbeiten.

Etwa zehn Minuten später kehrten die vier Spezialisten vom Firmenareal zurück: Der obere Deckel des 40-Tonners war verschlossen - allerdings nicht von Dauer. Grund: Der Deckel war verzogen. Eine Fachfirma pumpte daher den Silozug - auf Anleitung eines französischen Ingenieurbüros - leer. Nicht nur eine, sondern zwei Flüssigkeiten wanderten in einen Ersatztankwagen.

SalpetersäureWie Vizekreisbrandmeister Markus Zettelmeyer sagte, hatte der Mehrkammer-Laster auch Natronlauge geladen, die ebenfalls abgepumpt wurde. "Gott sei Dank haben sich die beiden Flüssigkeiten nicht vermischt. Dann wäre es richtig gefährlich geworden", so Zettelmeyer. Am Abend teilte die Feuerwehr mit, dass das Gros der Verletzten die Klinik nach einer Untersuchung wieder verlassen hat.

Gegen 18.20 Uhr gab die Feuerwehr Entwarnung, der Ersatztankwagen passierte erleichterte Einsatzkräfte. Die Sirenen heulten erneut in Sechtem - um den morgendlichen Alarm aufzuheben.

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