Jörg Stockem und Gerhard Brose Ein katholischer und ein evangelischer Pfarrer über das Osterfest

BORNHEIM · Das Osterfest ist sowohl für Katholiken als auch für Protestanten der höchste Feiertag. Über die Unterschiede, Gemeinsamkeiten und die Bedeutung von Ostern in der heutigen Zeit sprachen Jörg Stockem, leitender Pfarrer im Seelsorgebereich Bornheim, und Gerhard Brose, Pfarrer im Bezirk 2 der evangelischen Kirchengemeinde Vorgebirge, im Interview.

 Sprechen über Ostern in heutigen Zeit: Jörg Stockem (l.) und Gerhard Brose.

Sprechen über Ostern in heutigen Zeit: Jörg Stockem (l.) und Gerhard Brose.

Foto: Wolfgang Henry

Wie unterscheiden sich die katholischen und evangelischen Ostergottesdienste?
Jörg Stockem: In der Liturgie der österlichen "Dreitagefeier" von Gründonnerstag bis Ostersonntag gibt es eine Vielzahl von Symbolen. Die Predigten an sich sind relativ kurz. Nach dem Gloria am Gründonnerstag schweigen die Glocken den gesamten Karfreitag bis Ostern. Da die Kirchenglocken zumeist eine festliche Stimmung ausdrücken, ist deren Geläut in der Zeit der Grabesruhe Jesu nicht angebracht. Auch die Verhüllung und die Grablegung des Kreuzes am Karfreitag gehören dazu. Zu Beginn der Osternacht wird das Osterfeuer entfacht. Nachdem sich die Gemeinde darum versammelt hat, entzündet der Priester am Feuer die Osterkerze, die nach der Weihe als Licht in die dunkle Kirche getragen wird. Die brennende Kerze versinnbildlicht dabei Christus als Licht der Welt.
Gerhard Brose: In der evangelischen Kirche steht die Verkündigung, die Predigt von der Bedeutung des Erlösungswerkes Christi im Vordergrund. Auch bei uns schweigen die Glocken. Als Symbol für Tod und Auferstehung dient die Osterkerze, die an Karfreitag gelöscht und am Osterfeuer wieder entzündet wird. Jeder darf im Anschluss an den Gottesdienst "seine" Osterkerze mit nach Hause nehmen.

Apropos Symbole: Warum gehören Eier und Hasen zu Ostern?
Stockem: Man lächelt immer ein bisschen darüber, dass der Osterhase die Eier bringt. Dabei sind sowohl Eier als auch Hasen christliche Symbole für Fruchtbarkeit und Auferstehung.
Brose: Im Kreuzgang des Paderborner Doms beispielsweise kann man ein "Dreihasenfenster" bewundern. Es stellt drei Hasen dar, die in Kreisform angeordnet sind. Die Verbindung von Osterei und Hasenbild führte wohl in der Folge zur Entwicklung der Figur des Osterhasen.

Für viele Menschen hat Ostern keine religiöse Bedeutung mehr. Andererseits wird das Fest immer mehr "vermarktet". Wie bewerten Sie diesen Widerspruch?
Stockem: Ich denke, dass die Menschen, die Ostern feiern, sehr wohl wissen, welche Bedeutung dieses Fest hat. Die Kirchen sind an Ostern jedenfalls gut besucht. Die "Kommerzialisierung" sehe ich gar nicht so kritisch, sie macht das Fest in der Öffentlichkeit präsent und bietet für den einen oder anderen vielleicht einen Anknüpfungspunkt. Das Fest an sich mit seiner durchaus traurigen Seite sträubt sich ohnehin dagegen, ein zweites Weihnachten zu werden.
Brose: Auch ich finde das Schenken zu Ostern nicht problematisch. Die Auferstehung Christi ist doch ein Grund zur Freude - und wenn man seine Freude zum Ausdruck bringt, indem man sich etwas schenkt, ist das doch etwas sehr Schönes.

Abgesehen vom Ostereiersuchen und einem langen Wochenende: Welche Bedeutung hat das Osterfest in der heutigen Zeit?
Brose: Ich beobachte schon, dass sich wieder ein "Osterbewusstsein" bei den Menschen entwickelt, denn das Fest bietet eine Fülle von Themen, die eigentlich jeden betreffen. Es geht um Schuld, um Verrat, um Gemeinschaft, Einsamkeit und die Überwindung des Todes. Vielleicht kann die Osterbotschaft helfen, den Menschen nicht nur die Todesangst, sondern auch die "Lebensangst" zu nehmen und dazu beitragen, sich dem Leben und dem Tod zu stellen. Wichtig ist mir auch die Einheit von Leib und Seele - was ja ein sehr aktuelles Thema ist: Wenn man beispielsweise auf Kosten seiner Gesundheit lebt, nimmt auch die Seele Schaden.
Stockem: Auch ich denke, dass wir an Ostern mit uns selbst konfrontiert werden: Es geht um menschliche Affekte. In Bezug auf den Tod hat Jesus gewissermaßen eine Tür aufgemacht, wo vorher eine Wand war. Noch mehr: Jesus ist die Tür.

Was tun Sie, damit die Menschen an Ostern gerne in die Kirche kommen?
Brose: In den Predigten ist die ganze Palette der Gefühlswelt vertreten, von Zweifel und Trauer bis zum strahlenden Jubel. Und wie schon erwähnt, haben auch die guten und weniger guten menschlichen Eigenschaften ihren Platz, so dass man viel für sich mitnehmen kann. Das Entzünden der Kerze am Osterfeuer und das Eiersuchen nach dem Ostergottesdienst sind für Kinder natürlich ganz besonders schön.
Stockem: Der Ostergottesdienst ist, wie schon gesagt, voller Zeichen und Symbole, er ist im Grunde der Urgottesdienst des katholischen Glaubens. Und ein gemeinsames Agapemahl mitsamt "Osterlachen" darf natürlich auch nicht fehlen.

Zu den Personen

Jörg Stockem ist seit September Leitender Pfarrer in Bornheim. Zuvor arbeitete er als Kaplan in Brühl. Der gebürtige Aachener wuchs in Würselen auf und besuchte dort die Klosterschule. Nach dem Abitur 1994 wollte er zunächst Staatsanwalt werden, brach das Studium aber ab und begann die Priesterausbildung in Bonn.

Gerhard Brose wurde 1983 auf die damals neu eingerichtete zweite Pfarrstelle in Bornheim berufen. 2008 feierte er das 25. Jubiläum seiner Ordination. Heute ist er im 2. Pfarrbezirk der Kirchengemeinde Vorgebirge vor allem für Dersdorf, Hemmerich, Kardorf, Merten, Rösberg und Waldorf zuständig.

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