Historische Wanderung durch das Vorgebirge Ein ehemals bedeutendes Weinanbaugebiet

BORNHEIM-ROISDORF · Mit Kennermine wird der als "Roisdorfer Maibroich" benannte Rotwein im Glas geschwenkt. Andächtig tauchen die Nasen tief in die Gläser ein und der rote Vorgebirgswein aus Dornfelder-Trauben gibt seine Aromen frei.

Die Hobbywinzer Manfred Sedlak (links) und Ewald Klein laden zur Verkostung ein. Ernst Gierlich (rechts) steuert den historischen Hintergrund des Weinanbaus in Roisdorf bei.

Die Hobbywinzer Manfred Sedlak (links) und Ewald Klein laden zur Verkostung ein. Ernst Gierlich (rechts) steuert den historischen Hintergrund des Weinanbaus in Roisdorf bei.

Foto: Stefan Hermes

Nun wird der Wein geräuschvoll geschlürft, verweilt daraufhin noch ein wenig im Mund, bevor beim Schlucken sein Abgang bewertet wird. Schon sind fachmännische Kommentare der etwa siebzig Teilnehmer der Wanderung "Weinbau im Vorgebirge" zu hören, die den großzügig ausgeschenkten Wein mit "einfach" und "fruchtig" bis hin zu "rassig" und "großartig" beschreiben. Die Wanderer befinden sich am Ende ihrer Tour, die sie am vergangenen Samstag vom südlich gelegenen Kripsberg entlang der ehemaligen Weinbauflächen am historischen Pilgerweg "Blutpfad", vorbei am Haus Wittgenstein, bis zum Maibroich am unterhalb des Heimatblicks gelegenen Blütenweg geführt hat.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Stadt Land Fluss" hatte der Landschafts-Schutzverein Vorgebirge (LSV) gemeinsam mit dem Verein der Heimatfreunde Roisdorf zur Weinwanderung im Vorgebirge eingeladen. "Früher war das Vorgebirge ein bedeutendes Weinanbaugebiet", wusste der Historiker und Vorsitzende der Roisdorfer Heimatfreunde, Ernst Gierlich, zu berichten. "Noch im Mittelalter wurde im Vorgebirge mehr Wein angebaut als das heute an der Ahr der Fall ist."

Vermutet wird, dass der Weinbau im Vorgebirge bereits von den Römern eingeführt wurde. Anhand von Besitzurkunden und Pachtverträgen lässt sich der Weinbau bis in das 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Wie im gesamten Vorgebirge waren auch die Ländereien in Roisdorf überwiegend im Besitz von Klöstern oder herrschaftlichen Gütern. Dass mehr als zwanzig Straßennamen in Bornheim auch heute noch auf den früheren Weinanbau hindeuteten, ergänzte Hobbywinzer Ewald Klein. Als Beispiele nannte er die Straßennamen "Rebengarten", "Wingert" und "Weingarten".

Seit fünfzehn Jahren bearbeitet er mit seiner Lebensgefährtin Liesel Rentschler das etwa 650 Quadratmeter große Areal, das die beiden mit vier verschiedenen Rebsorten, Früh- und Spätburgunder, Regent und Cabernet-Sauvignon bepflanzt haben. "Mit viel Liebe und Sachverstand", fügt Ernst Gierlich hinzu.

Manfred Sedlak, Internist und ebenso Hobbywinzer, der nach eigener Darstellung mit dem "Roisdorfer Maibroch" den nördlichsten natürlichen Weinberg in Nordrhein-Westfalen unterhält, setzt dem romantisierenden Klischee vom Winzerdasein seine gleichsam zutreffende Definition entgegen. "Weinlese bedeutet für Winzer: Rückenschmerzen, dunkelblaue Finger, schmerzende Füße und immer ein Hoffen und Bangen im Nacken", schreibt er auf seiner Internetseite.

Mehr als zwanzig Jahre ist es her, dass der geschichtlich interessierte Mediziner davon erfuhr, dass Karl der Große um 800 einen Weinberg in Bonn-Lengsdorf angelegt hatte, von wo sich dann der Weinbau auch in das Vorgebirge ausdehnte. Davon inspiriert, wagte er sich 1995 mit fachlicher Beratung der damaligen Landesweinbauanstalt in Ahrweiler seinen eigenen Weinberg in Roisdorf anzulegen.

Fünf Jahre brauchte es, bis sich die anfängliche Skepsis der örtlichen Landwirte in Anerkennung wandelte. Heute bringen seine Trauben auf den im Vorgebirge vorherrschenden Löss- und Lehmböden nachhaltige und fruchtige Weine hervor.

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