Königstraße in Bornheim Diskussionen um Einbahnstraße längst nicht beendet

BORNHEIM · Die Einbahnstraße auf der Bornheimer Königstraße nimmt langsam Gestalt an. Die Diskussion um die Verkehrsführung ist aber noch längst nicht beendet.

Am Mittwochabend hat der Bornheimer Gewerbeverein die von ihm, CDU, FDP und ABB beauftragten Gutachten zu möglichen Mehrkosten einer Umplanung der "Kö" zur Zweibahnstraße bei einem Infoabend in der Kaiserhalle vorgestellt. Gut 60 Menschen, darunter auch Ratsmitglieder, waren gekommen.

Die beiden Gutachten (ein technisches und ein juristisches) beziehen sich auf Stellungnahmen des Planungsbüros Becker und der Kölner Anwaltskanzlei Cornelius, Bartenbach, Haesemann & Partner (CBH), die die Stadt in Auftrag gegeben hatte. Auf dieser Grundlage hatte Bürgermeister Henseler den Ratsbeschluss vom 2. Juli beanstandet, alle Bauarbeiten für die Einbahnstraße zu stoppen. Die Begründung: Eine Umplanung verstoße gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit. Es sei aufgrund von Neuplanungen und Schadenersatzansprüchen mit Kosten von 756.000 Euro zu rechnen, so das Planungsbüro Becker.

Diese Zahlen kann Bauingenieur und Sachverständiger Ralf Ottensmann nicht nachvollziehen. Er sollte nun das technische Gutachten des Planungsbüros Becker überprüfen und kommt zu einem völlig anderen Ergebnis. Seine grobe Kostenschätzung aufgrund ortsüblicher Tarife: Auf die Stadt kämen rund 44.000 Euro für ein Provisorium, etwa 11.000 Euro für die Umplanung sowie rund 9000 Euro an zusätzlichen baulichen Mehrkosten zu.

"Wir reden nicht über eine Verschiebung, bei der das gesamte Projekt umgeplant wird", sagte Ottensmann. Grundsätzlich seien die Zahlen in der Stellungnahme des Planungsbüros Becker seiner Meinung nach aufgeblasen. Unter anderem gehe das Planungsbüro mit 625 Metern von einer falschen Länge der Baustelle aus. Betroffen von der Umplanung seien lediglich 220 Meter. Auch seien die Honorarkosten für die Umplanung mit rund 71.000 Euro viel zu hoch angesetzt. "Der Kostenansatz des Planungsbüros Becker ist völlig überzogen, er stellt den Worst Case dar", resümierte Ottensmann.

Matthias Ganske, Rechtsanwalt für Verwaltungsrecht der Kanzlei Redeker Sellner Dahs, zieht in seiner rechtlichen Bewertung deshalb folgenden Schluss: "Eine Umstellung von einer Einbahn- zu einer Zweibahnlösung ist ohne große Mehrkosten möglich." Es sei möglich, dass Vertragsänderungen rechtlich neu ausgeschrieben werden müssen, aber nur wenn sie wesentlich seien. Lege man das Gutachten von Ottensmann zugrunde, liege jedoch nur eine geringe Änderung des Auftrags vor, so Ganske.

Eine Vertragskündigung, eine Neuausschreibung und die damit verbundenen Kosten fielen demnach nicht an. Ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit wie ihn die Kanzlei CBH sehe, sei somit nicht gegeben. "Die Kanzlei ist von einem völlig falschen Szenario ausgegangen", sagte Ganske.

Laut Ottensmann und Ganske muss eine Umplanung aber in jedem Fall nun schnell erfolgen. Umso weiter die Bauarbeiten auf der Königstraße voranschritten, umso höher seien die Mehrkosten. Die ersten Gelder seien bereits verloren, da schon Bordsteine gesetzt worden seien, sagte Ottensmann. Zu vermeiden sei wegen der nicht kalkulierbaren Kosten auch ein Stillstand auf der Baustelle.

Norbert Nettekoven, Vorsitzender des Gewerbevereins, wünscht sich nun, dass die Politiker nochmals den Hut in den Ring werfen. Die Beanstandung des Bürgermeisters beruhe auf einer falschen Grundlage.

Die ABB hat er bereits auf seiner Seite. Paul Breuer hatte beim Infoabend einen Entwurf eines Dringlichkeitsantrags für die Ratssitzung am 2. Oktober im Gepäck, der nicht nur beinhaltet, alle Arbeiten für die Einbahnstraße zu stoppen, sondern auch darzustellen, wer für die Mehrkosten durch die Umplanung verantwortlich ist. Breuer: "Ich sage, der Bürgermeister ist schuld, weil er die Berechnung des Ingenieurbüros, die falsch war, nicht geprüft hat." Auch müsste nicht über Mehrkosten diskutiert werden, wenn die Bauarbeiten nicht so schnell gestartet wären.

Die FDP wird das Thema am Montag besprechen, die CDU will sich am Wochenende noch einmal damit befassen. Entscheiden sich alle drei Fraktionen geschlossen für den Antrag, könnte der Einbahnstraßenbeschluss kommende Woche erneut gekippt werden.

SPD zu neuen Gutachten

Zum erneuten Vorstoß des Gewerbevereins zur Königstraße und der ABB äußert sich auch die Bornheimer SPD-Fraktion. Die Partei nehme dies "mit Verwunderung" zur Kenntnis, teilt Fraktionschef Wilfried Hanft mit. "Wir hatten auf ein Ende dieser Politposse gehofft, stattdessen wird uns ein Gutachten präsentiert, welches auf wesentliche Punkte der bisherigen Stellungnahmen in einer nicht akzeptablen Art und Weise eingeht." Laut Hanft wird der Verlust der Fördermittel in Höhe von

1,5 Millionen Euro beschönigend dargestellt, die Fälligkeit einer gesamten Rückzahlung der Mittel, wie sie die Bezirksregierung mitgeteilt habe, werde schamhaft verschwiegen. Die von Gewerbeverein, CDU, FDP und ABB beauftragten Juristen schreiben in ihrer Stellungnahme, dass im vorliegenden Fall ein Wegfall der Fördermittel bei einer Planungsänderung zweifelhaft erscheine. Und weiter: "Im Übrigen liegt es auch nahe, dass die Fördermittel bereits aus anderem Grund verloren gehen, nämlich, weil die mit dem Konzept ,Integrierte Königstraße' verfolgte Verkehrsentlastung nicht erreicht werden kann."

Die SPD-Fraktion weist daraufhin, dass die Rückkehr zum Begegnungsverkehr "eine völlig neue Straßenplanung und ein neues Bürgerbeteiligungsverfahren beinhaltet, welches zu weiteren Monaten zusätzlicher Bauzeit führt", so SPD-Chefin Ute Kleinekathöfer. Generell seien die Gutachten nicht in Einklang mit dem öffentlichen Vergaberecht. Sollte diese Expertise dennoch zum Anlass genommen werden, weitere Baubehinderungen in der Königstraße zu beschließen, müsse Bürgermeister Wolfgang Henseler diese erneut beanstanden, betont die SPD.

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