Interview mit Pfarrer Jörg Stockem "Die Jugendarbeit ist ein Schwerpunkt"

BORNHEIM · Gespräch am Wochenende: Der leitende Pfarrer Jörg Stockem sprach mit Ralf Palm über sein erstes Jahr in Bornheim

Sind Sie in Bornheim schon so richtig angekommen?
Jörg Stockem: Ja, sehr schnell. Ich bin freundlich aufgenommen worden, habe viele Menschen kennengelernt. Es war ein erstes spannendes und schönes Jahr.

Vor einem Jahr traten Sie mit dem Ziel an, aus den fünf Pfarreien eine große Pfarrfamilie zu machen.
Stockem: Wir sind schon gut vorangekommen. Mein Ziel war es zunächst, die Menschen, die in den Gruppen und Gremien arbeiten, zusammenzubringen. Dazu ist es nötig, sich gegenseitig wahrzunehmen, auch über die Pfarrgrenzen hinaus. So habe ich im Juni alle Mitarbeiter und Ehrenamtler zu einer Schifffahrt auf dem Rhein eingeladen. Über 250 Leute haben einen schönen Tag an Bord erlebt. Darüber hinaus haben wir die Pfarrbüros neu ausgerichtet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vertreten sich gegenseitig.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf?
Stockem: Die Kirchengemeinde muss sich neu erfinden. Dazu gehört auch, dass sich die Menschen mehr ehrenamtlich engagieren.

Haben Sie es geschafft, die Jugendlichen wieder in die Kirche zu holen?
Stockem: Wir müssen es schaffen, neue Zielgruppen zu erreichen. Da setze ich auf die Jugend. Dafür ist intensive Beziehungsarbeit nötig. Hier rechne ich mit vier bis fünf Jahren, bis sich erste Erfolge einstellen. Die Jugendarbeit ist für mich ein wichtiger Schwerpunkt.

Was haben Sie getan, damit die Zahl der Gottesdienstbesucher nicht noch weiter abnimmt?
Stockem: Mir ist bewusst, dass wir in den nächsten 20 Jahren altersbedingt viele Gemeindemitglieder verlieren werden. Die Zeiten der Volkskirchen sind vorbei. Wir müssen schauen, wie wir künftig unsere Botschaften transportieren. Das Thema Projektarbeit ist mir in diesem Zusammenhang ein wichtiger Lösungsansatz, um die Leute zu begeistern.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Kirchenvorständen und den Pfarrgemeinderäten aus?
Stockem: Ziel war es, eine intensivere Zusammenarbeit zwischen den Kirchenvorständen zu erreichen. Das ist auch gelungen. Es war auch nötig, die Arbeit des Pfarrgemeinderates auf neue Beine zu stellen. In dieses Gremium setze ich große Hoffnung. Denn es ist ein wichtiges Innovationsgremium. Mit den 14 Mitgliedern versuche ich, auf eine neue Weise zu arbeiten, orientiert an ihren Begeisterungen, Talenten und Fähigkeiten. So hoffe ich, noch mehr gestalten und bewegen zu können. Ich möchte mit dem Pfarrgemeinderat neue Wege gehen und anders denken. Es ist nicht schlecht, ein Querdenker zu sein.

Wie werden Sie mit den hohen Belastungen der Seelsorge aufgrund der unbefriedigenden Personalsituation in Ihren Pfarreien fertig und wann werden die offenen Stellen besetzt?
Stockem: Wir haben 20 Priesterstellen im Erzbistum Köln, die nicht besetzt sind. Ein Priester fehlt auch hier. Hinzu kommt, dass Gemeindereferent Andreas Garstka nach Bonn gewechselt ist und uns Mitte August auch noch Kaplan Hektor Miranda verlassen hat.

Was ist mit Pastoralreferentin Cordula Diel?
Stockem: Sie musste leider aus persönlichen Gründen aufhören. Zum 1. November beginnt aber der neue Pastoralreferent Martin Grote (41) seine Arbeit bei uns. Und seit Mitte Juni unterstützt uns bereits unsere neue Gemeindereferentin Elisabeth John-Krupp (50) im Rahmen einer Halbtagsstelle.

Wie sieht die finanzielle Situation in Ihrem Wirkungskreis aus?
Stockem: Unsere Pfarreien sind nicht reich. Mit Hilfe des Erzbistums konnten wir aber wichtige Investitionen tätigen. Abgeschlossen ist der Umbau des Pfarrbüros im Pfarrhaus am Servatiusweg. Fertig sind auch die U 3-Umbaumaßnahmen in unseren drei Kindertagesstätten. Hinzu kommt, dass wir in eine neue IT-Technik investiert haben. Auch wenn wir finanziell solide aufgestellt sind, bereiten mir die stark gestiegenen Energiekosten große Sorgen. Deshalb lasse ich gerade klären, ob der Einsatz von Photovoltaikanlagen oder Wärmepumpen möglich ist.

Konnten Sie Rainer Maria Kardinal Woelki schon persönlich kennenlernen?
Stockem: Ich habe mich über seine Ernennung sehr gefreut. Ich glaube, dass hier eine gute Entscheidung getroffen worden ist. Ich kenne Kardinal Woelki aus unseren gemeinsamen Zeiten im Bonner Collegium Albertinum sehr gut. Auch danach haben wir den Kontakt nicht verloren. Am 20. September bei seiner Amtseinführung bin ich in Köln dabei.

Sie werden im September 40. Gibt es eine große Party und was wünscht sich ein Pfarrer zu seinem runden Geburtstag?
Stockem: Ich feiere meinen Geburtstag zwei Mal. Am 17. September freue ich mich über die Menschen, die mir gratulieren. Ich öffne das Pfarrhaus nach dem Motto "Wer kütt, der kütt". Am darauf folgenden Wochenende feiere ich im Kreise meiner Familie und Freunde. Ich stelle ein Sparschwein auf, dessen Inhalt ich für die liturgische Ausstattung unserer Kirchen verwenden möchte.

Zur Person

Jörg Stockem, 39, stammt aus Aachen. Er wuchs in Würselen auf und besuchte dort die Klosterschule. Nach dem Abitur 1994 studierte er in Bonn Jura, wechselte aber zur Priesterausbildung. Es folgten neun Umzüge als Kaplan, ehe er seit einem Jahr als leitender Pfarrer für Bornheim, Brenig, Hersel, Roisdorf und Widdig verantwortlich ist.

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