Wanderung am Karfreitag "Das Laufen ist Gebet"

BORNHEIM-BRENIG · "Die Leute machen sich auf den Weg, um Gemeinschaft zu erleben", sagt Philipp Münch, der seit acht Jahren die Fußwallfahrt am Karfreitag organisiert. Sie startet morgens um 6.30 Uhr in Brenig, führt durch Ramelshoven und Witterschlick bis nach Röttgen, wo die Pilger eine Frühstückspause einlegen.

 Rast in Röttgen: Die Pilgergruppe aus Brenig legt eine Pause an der Feuerwache ein.

Rast in Röttgen: Die Pilgergruppe aus Brenig legt eine Pause an der Feuerwache ein.

Foto: Axel Vogel

Von dort laufen sie weiter bis zum Kloster Kalvarienberg in Ahrweiler, wo sie um 15 Uhr an einer "Liturgie vom Leben und Sterben unseres Herrn" teilnehmen. 30 Kilometer legen die Pilger zurück, unterwegs halten sie an elf Stationen eine Kreuzwegandacht. Unterstützung erhalten sie von zwei ehrenamtlichen Brudermeistern der Barweiler Bruderschaft Hemmerich-Kardorf. "Gegrüßet seist du, Maria" betet Brudermeister Manfred Schäfer (53). Das Vorbeten ist eine seiner Aufgaben im Ehrenamt, außerdem stimmt er Lieder an und sorgt für Ordnung in der Prozession.

Etwa 50 Leute laufen mit, sie singen, schweigen oder unterhalten sich. Die Texte und Lieder variiert Münch, in diesem Jahr singt die Gruppe erstmals meditative Taizé-Lieder auf ihrem Weg. Manche Wallfahrer sind seit dem ersten Jahr dabei, andere neu dazu gestoßen. Christa Moczarski (62) ist "Alt-Pilgerin", wie sie sagt. Seit 35 Jahren pilgert sie, meist von Hemmerich nach Barweiler. "Ich bin ein gläubiger Mensch", sagt sie, "ich gehe mit, weil ich bitten und danken möchte." Beim Pilgern könne sie abschalten und ihren Gedanken freien Lauf lassen, sagt die Kardorferin: "Dabei kann ich so richtig ich sein." Ähnliche Motive hat der Dersdorfer Glockenkundler Achim Bursch (36). "Es ist eine andere Form, einen Kreuzweg zu gehen und die Leiden des Herrn nachzuvollziehen," sagt er.

Peter Jung wandert jeden Tag zwischen 6 und 8 Uhr morgens. Im Jahr kommt er auf 3000 Kilometer. Er sei religiös, aber kirchenkritisch: "Die Kirche ist mir unsympathisch geworden", so der 73-Jährige. Die Fußwallfahrt ist für ihn eine angemessene Form der Begegnung mit Gott: "Das Laufen ist Gebet", findet Jung. Er sei geradezu süchtig danach: "Pilgern ist wie ein Virus." Von dem sind anscheinend auch Max (11) und Jan Genster (14) befallen. Sie sind die jüngsten Teilnehmer der Gruppe. Max gefallen die Gebete. Jan geht mit, "weil's Spaß macht, wenn man ankommt."

Angelika Brief (51) liest Gebete an der zweiten Kreuzwegstation. Sie ist zum ersten Mal dabei und sonst eher kirchenfern. "Es ist ein weiter Weg, bis die Kirche wieder bei den Menschen ankommt", sagt Münchs Freund Gerhard Thusek: "Solche Aktionen sind dafür wichtig." Wie viele der Mitlaufenden schätzt er besonders das Gemeinschaftsgefühl auf der Wanderung. "Man lernt die Leute viel, viel besser kennen", meint Thusek.

Das Pilgerkreuz aus Birnbaumholz hat Münch zu Weihnachten von seiner Frau bekommen. Eine Schreinerei in Waldorf hat es angefertigt. "In dem Kreuz ist Leben drin", sagt Münch: "Es bekommt noch Risse." Die Pilger wechseln sich mit dem Tragen ab. Münch bereitet sich mit der Wallfahrt auch auf seinen Renteneintritt vor. Denn dann möchte der gelernte Schriftsetzer von Kardorf nach Santiago de Compostela pilgern.

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