Königswinter hatte nie einen Römerhafen Wissenschaftler überzeugt von geologischen Strukturen im Rhein

SIEBENGEBIRGE · Da sind sich die Wissenschaftler des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Schwerpunktprogramms "Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter - Der Rhein als europäische Verkehrsachse" einig. In Bonn gebe es Hinweise auf antike Hafenanlagen, in Königswinter jedoch handele es sich unterhalb der aufgelassenen Steinbrüche am Drachenfels um natürliche geologische Strukturen.

Für Molen oder Becken kann man die Gebilde im Rhein halten. Sie haben die Theorie vom Römerhafen genährt.

Für Molen oder Becken kann man die Gebilde im Rhein halten. Sie haben die Theorie vom Römerhafen genährt.

Foto: Frank Homann

"Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Trotzdem lässt sich schon jetzt mit einiger Sicherheit sagen, dass es in Königswinter einen Römerhafen nicht gegeben hat", sagt die Archäologin Heike Kennecke von der Uni Bonn, die die Ergebnisse in einem Band herausgegeben hat.

Im Rhein bei Königswinter sind bei Niedrigwasser eine molenartige Struktur und Becken zu erkennen. Deshalb wurde in den 1970er Jahren die umstrittene These aufgestellt, dass es sich dabei um einen Römerhafen gehandelt habe, von dem aus der Trachyt aus dem Siebengebirge abtransportiert wurde. Mitte der 1980er Jahre wurde sogar das Bodendenkmal "Römische Hafenanlage" als Kulturerbe in die Denkmalliste der Unteren Denkmalbehörde bei der Stadt Königswinter eingetragen.

Ein interdisziplinäres Wissenschaftlerteam ging nun der Frage nach, wo heute noch Spuren von römischen Hafenanlagen am Rhein zu finden sind. Bekannt ist, dass die Römer die Wasserwege intensiv nutzten, um ihre Sied-lungen mit Waren und Truppen zu versorgen.

Das Institut für Geowissenschaften der Universität Kiel führte im Auftrag der Bonner Uni reflexionsseismische Mess-ungen durch, eine Jenaer Firma nahm Flachwassersonarmessungen vor. Die daraus erstellten Modelle vom Geländerelief unter Wasser zeigten, dass es bei den Untiefen vor Königswinter keine Hinweise auf einen Hafen gibt. "Es handelt sich um die Endhalde eines Blockstroms, der sich nach der Saalekaltzeit über den Hang in Richtung Westen ergoss", so Kennecke.

Hydrologische Untersuchungen hätten gezeigt, dass der Mittelwasserstand des Rheins zur Römerzeit eineinhalb Meter tiefer gelegen habe als heute. Die natürlichen Wälle unter Wasser stellten deshalb eher ein Hindernis als eine Hilfe für die Schifffahrt dar. "Ein Hafen war zum Verladen der Steine gar nicht nötig", so Kennecke. "Mit Flachbodenschiffen konnte man problemlos am natürlichen Ufer anlanden." Am Brassertufer in Bonn hätten die Wissenschaftler hingegen Hinweise auf eine Anlandestelle am südlichen Rand der zum Legionslager gehörenden Lagervorstadt gefunden.

Partner in dem Projekt sind das LVR-Landesmuseum, die Uni Bonn, die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, das Museum Burg Linn in Krefeld und das Römisch-Germanische Museum in Köln.

Dauerstreit-Thema

In den vergangenen Jahren war es im Streit um den angeblichen Römerhafen still geworden. Vor vier Jahren hatte der Heimatverein Siebengebirge eine Broschüre mit dem Titel "25 Jahre - Geburtstag der Legende" herausgegeben.

Den Artikel verfasste der Diplom-Geologe Winfried Leischner, der die Behauptung aufstellte, dass die Untiefe im Rhein mit Namen "Reih" ein Bestandteil des Naturdenkmals Rüdenet-Blockstrom sei. Die Eintragung des Hafens in die Denkmalliste im Jahr 1985 sei widerlegt. Er appellierte daran, diese von Amts wegen zu löschen.

Der Königswinterer Gerold Hank bekräftigte hingegen wiederholt, dass es sich bei den Steinen um die Reste eines antiken Hafens handele.

Die Entdeckung des angeblichen Hafens geht auf den 1988 verstorbenen Archäologen Walter Sölter zurück, dem die seltsame Bodenstruktur vom Flugzeug aus aufgefallen war.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort