THW-Ortsverband Bad Honnef bildet Katastrophenhelfer aus Tunesier lernen von den deutschen Kollegen

BAD HONNEF · Normalerweise schulen Arnd Olbert und Tobias Peuthert die Bad Honnefer THW-Mitglieder an der Kettensäge. Am Donnerstag zeigten sie Gästen aus Tunesien den Umgang mit dem Gerät und wie sie die richtige Handhabung auch Laien weitervermitteln können. Denn: Der Bad Honnefer Ortsverband um Ortsbeauftragten Dirk Siebert ist Ausrichter eines ganz besonderen Projektes des Technischen Hilfswerks.

 In THW-Einsatzanzügen: die Helfer des tunesischen "Office National de la Protection Civile" bei der Ausbildung.

In THW-Einsatzanzügen: die Helfer des tunesischen "Office National de la Protection Civile" bei der Ausbildung.

Foto: Frank Homann

Zwölf hauptamtliche Ausbilder der tunesischen Zivilschutzbehörde "Office National de la Protection Civile" (OPNC) sind zwei Wochen hier, um unter dem Motto "Training of Trainers" den Umgang mit Geräten in Theorie und Praxis sowie die Grundlagen der Ausbildungslehre zu erlernen.

Das THW Bad Honnef hatte sich um diese Aufgabe beworben und den Zuschlag erhalten. Am Donnerstag nun traten die Tunesier auf dem stillgelegten Mineralwasserbetriebsgelände an der Quellenstraße zur Holz- und Gesteinsbearbeitung an - in THW-Einsatzanzügen. Ziel des Projekts, das von Thomas Hönicke, dem Leiter des Auslands-Referates bei der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk konzipiert wurde, ist der Aufbau von ehrenamtlichen Strukturen im tunesischen Katastrophenschutz.

Eine "Rettungsmeile" wie in Bad Honnef mit THW, DRK und Maltesern wäre in Tunesien nicht denkbar. Denn dort ist alles, was mit Katastrophe zu tun hat - vom Brand über den Verkehrsunfall bis zum Hochwasserschutz - unter dem Dach der OPNC mit hauptamtlichen Kräften angesiedelt. Das Konzept des Einsatzes von Ehrenamtlichen für den Bevölkerungsschutz wurde erst 1998 eingeführt und soll etabliert werden.

Zum fünften Mal unterzieht sich eine Gruppe aus Tunesien der Ausbildung in Deutschland; erstmals ist Bad Honnef Austragungsort. Zwanzig Helfer des Ortsverbandes sind an der Aktion beteiligt, die vom Auslandsreferat gesteuert wird. Die Gäste wohnen in einem Hotel in Aegidienberg. Die Verpflegung besorgt ein Caterer mit tunesischen, aber auch deutschen Gerichten.

Und Dirk Siebert mit seinen Leuten bereitete das ehemalige Betriebsgebäude gegenüber der THW-Unterkunft als Trainingsort vor. "Das ist natürlich ideal", sagte Thomas Hönicke. Drinnen lagen schon die Gesteinsbrocken bereit, die einen Einsturz simulieren sollten. Die Aufgabe: Trümmer absuchen und dabei auch auf die eigene Sicherheit achten.

Die Honnefer zeigen ihren Gästen auch die Bedienung von Rettungsgeräten wie Schere und Spreizer. Große Sandsäcke kommen am Rhein zum Einsatz, wenn es um Hochwasserschutz geht. "Wir haben bereits das Retten aus Höhe und Tiefe mit Leitern geübt", meinte Dirk Siebert, der früher selbst für das THW in Auslandseinsätzen aktiv war und sich freute, als die Aufgabe an seine Truppe fiel. Im September werden die hier geschulten tunesischen Ausbilder 45 Ehrenamtliche in Médenine unterrichten. Deutsche Kollegen werden dabei sein.

Im November erfolgt eine Spezialausbildung für zwölf Ehrenamtliche: sechs Frauen und sechs Männer. Auch dann sind THW-Helfer dabei, so wie Angelika Rau von der Schnelleinsatzeinheit Bergung-Ausland, die auch beim Übersetzen ins Französische hilft. "Es ist ein sehr gewinnbringender Aufenthalt. Die Leute sind so freundlich", schwärmte Leutnant Sami Rebhi.

Und Colonel Abdula Cherni meinte: "Ich habe das Gefühl, dass ich gar nicht von Tunesien weg bin. Wir sind mit Warmherzigkeit aufgenommen worden. Wir fühlen uns hier wie zu Hause."

Am Samdtag werden die Honnefer mit den Tunesiern ein Grillfest feiern. Und die Gäste sollen auch die Region ein wenig kennenlernen - zum Beispiel mit dem Schiff auf dem Rhein fahren.

Ausrüstung für Tunesien

Das deutsche THW unterstützt seit 2012 als Teil eines größeren Projektvorhabens des Bundesinnenministeriums Tunesien beim Aufbau von ehrenamtlichen Zivilschutzstrukturen. Ehrenamtliche sollen so ausgebildet werden, dass sie hauptamtliche Kräfte unterstützen können. Neben Material und Geräten stellt das THW den Ehrenamtlichen auch Schutzkleidung und THW-Fahrzeuge zur Verfügung.

Kurz gefragt

Colonel Moez Ben Khalifa (42) kommt aus Tunis. Nach dem Abitur und vier Jahren Grundausbildung ist er seit 1996 bei der tunesischen Zivilschutzbehörde. Er leitet des Projekt.

Wie viele Helfer und welche Aufgaben hat die tunesische Zivilschutzbehörde?
Moez Ben Khalifa: Wir haben regionale Zentren mit 6000 professionellen Helfern. Autounfälle, Hilfe bei Unfällen im Haus, Brände aller Art, Rettung und Bergung bei Katastrophen, Hochwasser sind unsere Aufgaben. Während der Touristensaison sind die OPNC-Schwimmmeister an den Stränden und an den Hotelpools präsent. Sie überprüfen den Brandschutz in den Hotels. Es gibt Mitarbeiter, die für den Krankentransport zuständig sind.

Die Helfer waren dann auch bei dem schrecklichen Anschlag am Strand im Einsatz?
Khalifa: Ja, bei der Hilfe für die Verletzten.

Wie läuft das mit dem Ehrenamt?
Khalifa: Durch das Projekt mit dem THW ist die Motivation bei uns sehr gestärkt worden für das Ehrenamt. Das war eine Überlegung, um die Demokratie in Tunesien zu stärken. Wir haben bereits 793 ehrenamtliche Helfer, etwa die Hälfte davon Frauen. Sie sind zum Beispiel bei Festen an Wochenenden im Einsatz. 2012 hatten wir große Probleme mit Schnee. Da waren sie sehr aktiv. Hier in Bad Honnef erlernen unsere Ausbilder die Lehrmethoden des THW. Das ist sehr wichtig.

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