Interview mit Herbert Breuer Solinger zelebriert die Kölsche Mess in Honnef

BAD HONNEF · Einmal im Jahr ist der Gottesdienst in Sankt Johann Baptist so voll, dass die Jecken in den Sitzreihen, am Altar und in den Gängen kaum noch Alaaf sagen können.

 Herbert Breuer.

Herbert Breuer.

Für den Zelebranten an diesem Tag, Pfarrer Herbert Breuer, gehört die in Mundart gesprochene Kölsche Mess, die an diesem Sonntag zum 22. Mal gefeiert wird, zu den fröhlichsten und frommsten Veranstaltungen des Jahres. Philipp Königs sprach mit ihm darüber, warum das Kölsche alles andere als ein Vulgärdialekt ist und mancher Gottesdienstbesucher am Ende der Messe weint. Bevor das Interview richtig beginnen konnte, stellte aber erst Breuer die Fragen. " Sind Sie katholisch oder evangelisch?", wollte er wissen. "Katholisch." Darauf Breuer: "Das macht unser Gespräch einfacher."

Herr Breuer, stehen Text und Lieder für die Kölsche Mess?
Breuer: Alles ist fertig, die Liedhefte sind gedruckt.

Gibt es eigentlich eine Art Dialekt-Duden, zu dem Sie greifen können, wenn Ihnen mal ein Wort nicht einfällt?
Breuer: Mit so etwas arbeite ich nicht. Es gibt gute Vorlagen. Wenn ich eigene Texte einfüge, übertrage ich alles in den Dialekt, so wie ich meine, dass es richtig ist. Und dann gebe ich es einem Native-Speaker zum Korrekturlesen.

Sie kommen gar nicht aus dem Rheinland?
Breuer: Ich bin gebürtig aus Solingen. Deswegen sage ich auch immer: Was ich spreche ist nicht Kölsch, sondern Rheinisch-Esperanto.

Wie kommt ausgerechnet ein Solinger dazu, Kölsche Messen zu feiern?
Breuer: Seinerzeit bin ich vor dem Honnefer Karnevalsgericht gelandet. Es waren eigentlich unhaltbare Anklagepunkte: Ich hätte ,Kamelle Leje losse', nicht laut genug Alaaf gerufen und der Karnevalsprinzessin ein Bützchen verweigert. Stimmte natürlich alles nicht. Als man dann über eine gerechte Strafe nachsann, schlug der Karnevalist Büb' Brodesser - damals Prinz - vor, ich solle doch eine Messe in Mundart halten, und ich sagte naiv zu. 50 D-Mark musste ich trotzdem zahlen.

Sie predigen seit mehr als zwei Jahrzehnten in rheinischer Mundart. Die Kirche ist dann immer brechend voll. Wie erklären Sie sich das?
Breuer: Ich bemühe mich um eine direkte Sprache, die nahe bei den Menschen ist. Da spielt natürlich die Übersetzung eine wichtige Rolle: Du sollst keinen kapott schlage, du sollst nit fremb jonn, du sollst nit klaue. Ein weiteres Beispiel: Wenn ich sage, ,dä hät dat schon als kleine Fetz jedonn', dann steht Fetz für den zärtlichsten Ausdruck, den der Rheinländer für seinen kleinen Jungen kennt. Da sitzen die Leute mit geschlossenen Augen in den Reihen und erinnern sich an ihre eigene Kindheit.

Sie wecken also Emotionen bei ihnen.
Breuer: Einmal kam nach dem Gottesdienst eine Besucherin zu mir und weinte. Ich sagte zu ihr: Warum weinen Sie denn? Da antwortete sie: "Weil dat esu schön wor."

Warum wird nicht jedes Wochenende auf Kölsch gepredigt?
Breuer: Man braucht nicht zwingend den Dialekt, um einen guten Gottesdienst zu halten. Das ist eine Frage der richtigen Präsentation.

Mundartgottesdienste sind nicht unumstritten im Kölner Erzbistum. Verstehen Sie die Kritik?
Breuer: Es gibt Gegner, die sagen, das Kölsche sei eine Vulgärsprache. Es beruht aber tatsächlich auf dem Mittelfränkischen, einem der am besten erforschten deutschen Dialekte. Seit unser neuer Erzbischof in einem Gottesdienst das Lied "Drink doch ene met" gesungen hat, scheint die Diskussion zumindest vorerst überwunden. Ich habe mal skeptischen Besuch aus Augsburg gehabt, die sagten anschließend, sie hätten noch nie einen fröhlicheren und frommeren Gottesdienst erlebt.

Zur Person

Der promovierte Theologe Herbert Breuer zelebriert an diesem Sonntag, 8. Februar, die 22. Kölsche Mess in der Bad Honnefer Kirche Sankt Johann Baptist (11.30 Uhr). In Unkel leitet er am Sonntag, 15. Februar, in Sankt Pantaleon (9.30 Uhr) die 21. Mundartmesse.

Geboren ist der 74-Jährige in Solingen, kam aber berufungshalber bereits vor 45 Jahren ins Siebengebirge. Zuvor war er zwei Jahre Kaplan in Köln und hatte dort erste zarte Kontakte zur kölschen Sprache. Im Rechtsrheinischen war er zunächst Kaplan, später wurde er Gymnasialpfarrer. Breuer arbeitete unter anderem am Siebengebirgsgymnasium als Religionslehrer und bildete viele Jahre als Fachleiter Religionsreferendare in Bonn aus.

Herbert Breuer spart schon auf die Party zum 75. Geburtstag am Karnevalsfreitag im kommenden Jahr. Beim 70. ließ Gerd Papenbrock vom Festkomitee Bad Honnefer Karneval verlauten: "Jetzt haben wir improvisiert, in fünf Jahren feiern wir richtig." Breuer ist Mitglied in den KG Löstige Geselle und Ziepches Jecke Rhöndorf, Ehrenmitglied der KG Unkel und der Strücher KG sowie Feldakurat der Godesberger Stadtsoldaten. "Für nen Bergischen Jung ist das eine steile Karriere", findet der Theologe.

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