Bad Honnefs Bürgermeister im GA-Interview Otto Neuhoff: "Wir müssen übergreifend denken"

Bad Honnef · Der Bürgermeister von Bad Honnef, Otto Neuhoff, pocht auf die Bedeutung der Haushaltskonsolidierung. Seiner Meinung nach sind Steuererhöhungen unumgänglich. Mit Neuhoff sprach Claudia Sülzen.

 "Die Stadt eiert seit Jahren rum": Bürgermeister Otto Neuhoff pocht auf die Haushaltskonsolidierung und Wachstum.

"Die Stadt eiert seit Jahren rum": Bürgermeister Otto Neuhoff pocht auf die Haushaltskonsolidierung und Wachstum.

Foto: FRANK HOMANN

Haushaltskonsolidierung ist ein trockenes Geschäft. Schon der Begriff an sich hat das Zeug zum Unwort. Und doch ist es Konsolidierung, die das Handeln von Politik und Verwaltung prägen muss, sagt Bürgermeister Otto Neuhoff. Denn das heiße nichts anderes, als dass die Stadt Bad Honnef ihre Finanzen so in den Griff bekommen muss, dass ihr nicht in Kürze komplett die Luft ausgeht. Heute sollen im Haupt- und Finanzausschuss dazu Weichen gestellt werden.

Verzweifelt, aber nicht hoffnungslos. Würden Sie die städtischen Finanzen so umschreiben?

Otto Neuhoff: Im Moment ist der Zustand desolat, wir stehen mit dem Rücken an der Wand. Aber ich bin sicher: Es gibt noch viele Stellschrauben, die wir noch gar nicht untersucht haben. Wäre ich ein Schatzsucher, würde ich sagen: Wir müssen ganz tief tauchen und schauen, welches Gold wir doch noch heben können. Wir müssen jeden Stein umdrehen. Genau das tun wir.

Welche Stellschrauben sehen Sie ganz akut?

Neuhoff: Da gibt es vordergründig auf der Einnahmeseite zwei große Stellschrauben, die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer. Man muss aber immer auch sehen, wie sie wirken. Das heißt, wenn man die Grundsteuer B, wie am Beispiel Siegburg zu sehen, so hoch dreht, dass man damit alle Probleme lösen will, fragen sich die Bürger zu Recht, ob Politik und Verwaltung den Anspruch auf ausgewogenes Handeln erfüllen.

Und die Gewerbesteuer?

Neuhoff: Das sehe ich noch problematischer, wegen der Randlage Bad Honnefs und der weit günstigeren Bedingungen für Gewerbe in den Nachbarkommunen in Rheinland-Pfalz.

Trotzdem wird es Steuererhöhungen geben?

Neuhoff: Ja, wir müssen da Stück für Stück an das Thema ran. Wenn etwa die Grundsteuer B um 50 Punkte erhöht würde, wäre das eine jährliche Mehreinnahme von 500 000 Euro. Wie genau das vonstatten gehen wird, ob ab 2016 in Schritten oder doch schon vorgezogen, wird die Beratung zeigen. Aber es zeichnet sich in der Politik die Einsicht ab, dass es ohne nicht geht. Zehn Punkte bei der Gewerbesteuer hingegen wären 200 000 Euro. Allerdings bekommt die Stadt Bad Honnef davon auch nur ein Drittel.

Steueranhebungen sind nichts, wofür man Beifall bekommt.

Neuhoff: Sicher nicht. Und die Gemeindeprüfungsanstalt hat das drastisch vor Augen geführt: Es ist doch geradezu pervers, dass eine Stadt, die bezogen auf die Kaufkraft, auf ihre wohlhabende Bürgerschaft, mit Wachtberg an der Spitze im Kreis liegt, bei den Einnahmen am Ende rangiert und ein strukturelles Defizit von drei bis vier Millionen Euro jährlich hat. Da müssen wir raus, und das erfordert ein Umdenken. Wir müssen strukturell etwas ändern, jede Maßnahme, jede Organisationsstruktur auf den Kopf stellen, um die Ecke denken. Da müssen alle ihren Beitrag leisten, Verwaltung, Rat und städtische Eigenbetriebe.

Und die Bürger?

Neuhoff: Ja, auch die Bürger. In Bad Honnef wird oft auf hohem Niveau geklagt. Nehmen Sie die Elternbeiträge für die Kindergärten: Das Land gesteht zu, dass 19 Prozent der Betriebskosten aus Elternbeiträgen finanziert werden. Wir liegen bei knapp 16 Prozent. Darüber muss man doch reden.

Der große Wurf ist das nicht?

Neuhoff: Es gibt weder auf der Ausgaben-, noch auf der Einnahmeseite ein Patentrezept. Wenn man strukturell den Haushalt sanieren will, nutzt es auch nichts, nur, sagen wir, Maßnahmen zu schieben. Oder nehmen Sie noch mal die Einnahmeseite. An dritter Position nach den Steuern rangieren schon die Sportstättennutzungsgebühr mit 45 000 Euro, dann die Parkgebühren mit 30 000 Euro. Angestrebter Jahreseffekt muss es aber sein, eine Million Euro durch strukturelle Verbesserungen einzusparen. 2015 ist so eine Art Durchgangshaushalt, ich konzentriere mich schon auf 2016. Wenn ich nur durch Steuern diesen Jahreseffekt erzielen wollte, müsste ich diese so stark erhöhen, dass es unanständig wäre. Wir brauchen also eine Balance von Einnahmeerhöhung und Ausgabenreduzierung. Das erfordert die Solidarität aller, um Lasten zu verteilen. Und wir müssen Strukturen ändern.

Können Sie Beispiele nennen, um das plastischer zu machen?

Neuhoff: Etwa das Beitragswesen. Hier hat uns die Prüfungsanstalt vorgerechnet, dass wir rückständig sind, was unter anderem an der EDV liegt. Wenn wir - und ab 1. August zieht die Stadt in einer Satzung, die auch mehr Gerechtigkeit für Familien bringen soll, auch die OGS-Beiträge ein - hier besser werden, hat das einen positiven Effekt auf den Haushalt.

Keine Rückstände mehr beim Einziehen der Beiträge?

Neuhoff: Genau das ist so ein Beispiel. Aber es gibt noch weitere Effekte, etwa aus einer Schere zwischen Landeszuweisungen und Aufwand bei der OGS. Auch da kann man sparen.

Wohl kaum, ohne die Qualität zu verschlechtern?

Neuhoff: Doch, ich bin sicher, dass das geht. Es ist eine Denksportaufgabe, und wir sind mit den Trägern in guten Gesprächen.

Muss das Rathaus verschlankt werden?

Neuhoff: Einfach Stellen zu streichen, ist keine Lösung. Aber sie müssen effektiv eingesetzt sein. Wir müssen lernen, übergreifend zu arbeiten. Wir bilden einen Hausmeisterpool. Oder setzen die Mitarbeiter des Freizeitbades breiter ein, etwa im Ordnungsamt. Die GPA bescheinigt uns, dass unser Stellenschlüssel in Ordnung ist. Aber was hinten rauskommt, muss besser werden.

Es ist März, und noch gibt es keinen Haushalt 2015. Ein Problem?

Neuhoff: Wir müssen im Dezember einen Haushalt für das Folgejahr haben, spätestens im Januar. Erst dann können wir ausschreiben. Wenn ich mit Ausschreibungen warten muss bis Herbst, dann haben die Unternehmen die Jahresplanung durch - und die Preise steigen, weil man halt spät dran ist. Auch das ist bares Geld. Konsolidierung ist ein harter Prozess, viel Evaluationsarbeit. Wer denkt, er müsse sich nicht von Liebgewonnenem trennen, irrt. Es muss alles besser werden, es darf sich aber nichts ändern: Das hat noch nie funktioniert.

Und wie steht es um Kürzungen etwa beim Haus der Jugend, die von der Politik abgelehnt wurden?

Neuhoff: Auch hier gilt: Wir müssen um die Ecke denken. Das Haus der Jugend, ein städtisches Gebäude, steht morgens leer. Warum nicht zusätzliche Nutzungen ermöglichen? Das meine ich: Über vieles, vielleicht auch ganz einfache Dinge, wurde bislang nicht mal nachgedacht. Dafür gibt es viele Beispiele. Etwa die OGS Rhöndorf. Da werden Container gemietet für 2500 Euro im Monat. 2500 Euro pro Monat! Ich wette, dass geeignete Räume für die Hälfte zu haben sind.

Es gibt Kritik, dass die Prioritäten falsch gesetzt sind, wenn für eine Studie zur Landesgartenschau (Laga) Geld da ist, zugleich aber die Sportvereine zahlen sollen.

Neuhoff: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wir brauchen ein Stadtentwicklungskonzept, und genau da ist die Laga-Studie eingebunden. Ohne Stadtentwicklungskonzept und damit die Chance, Fördermittel zu bekommen, können wir keine Stadtentwicklung betreiben. Dazu gehören auch die vom Land geförderte Innenstadtverdichtung, der Saynsche Hof, der Parkplatz Luisenstraße. Auch am Post-Areal und am Businesspark müssen wir zügig weiter kommen. Auch da verlieren wir jedes Jahr Geld. Wir müssen auf allen Ebenen sehen, dass es Bad Honnef wieder besser geht. Dann, und nur dann kann man Wohltaten verteilen. Übrigens hat der Kreistag durchblicken lassen, dass man sich an den Laga-Planungskosten beteiligen will. Und was die Sportstättengebühr angeht: Das Geld kommt über ein eigenes Sachkonto alleine den Sportstätten zugute. Das wollen wir, den Bedenken des Finanzamtes zum Trotz, nötigenfalls gerichtlich durchfechten.

Die Stadt braucht Wachstum?

Neuhoff: Auf jeden Fall. Das hat nichts damit zu tun, dass man etwa Selhof-Süd zupflastern soll. Aber alles das, was beschlossen ist, müssen wir endlich umsetzen. 50 Einheiten in Selhof-Süd, den Floßweg und die Sonderprojekte Post und Business-Park. Auch die Villa Schaaffhausen gehört in diese Reihe. 1000 Neubürger, das wären etwa 400 000 Euro jährlich für den städtischen Haushalt. Aber die Stadt Bad Honnef eiert da seit Jahren rum. Damit muss nun Schluss sein.

Zur Person

Otto Neuhoff, Jahrgang 1959, ist geboren und aufgewachsen in Bad Honnef. 1978 machte er Abitur am Siebengebirgsgymnasium. Seit Frühsommer 2014 ist er hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt Bad Honnef. Ehrenamtlich engagierte sich der vormalige Telekom-Manager im Sport und in der Jugendarbeit. Neuhoff ist verheiratet mit Gerlinde Neuhoff. Neuhoff hat drei Kinder und ein Enkelkind.

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