Willkommensfest in Rhöndorf "Niemand muss Angst haben"

RHÖNDORF · Es ist 11.15 Uhr, gerade einmal eine Viertelstunde nach Beginn des Willkommensfestes, und im Weingut Broel herrscht bereits emsiges Treiben. Alte Honnefer haben jetzt die neuen Honnefer mit einem Fest willkommen geheißen.

 Ausgelassene Stimmung herrscht bei dem Fest.

Ausgelassene Stimmung herrscht bei dem Fest.

Foto: Frank Homann

Koordinatorin Birgit Eschbach ist trotz der wenigen Stunden Schlaf, die ihr der Organisationsstress gelassen hat, mehr als gut gelaunt: "Ich hatte ja am Anfang noch Sorge, dass vielleicht kaum jemand kommt, aber jetzt...", sagt sie lachend und deutet auf die mobile Kaffeebar am Eingang, vor der sich eine regelrechte Menschentraube gebildet hat. Schon jetzt, nach wenigen Minuten, ist offensichtlich: Das Fest, mit dem Honnef seine neuen Nachbarn willkommen heißen möchte, ist ein voller Erfolg - dank gelebter Willkommenskultur von "alten" Honnefern für "neue" Honnefer.

"Willkommenskultur" - auf diesen Begriff legt Birgit Eschbach großen Wert. "Besonders jetzt, wo die Stimmung umzuschlagen beginnt, ist es wichtig, dass wir zeigen: Befürchtungen werden sich nicht erfüllen, niemand muss Angst haben", so Eschbach. Solch ein gemeinsames Fest fördere den Dialog sowohl der Flüchtlinge verschiedener Nationen untereinander als auch der Einwohner mit den Flüchtlingen - "das ist Angstabbau auf beiden Seiten", so Eschbach. Es ist deshalb der persönliche Kontakt, der zählt: Hier spricht sich jeder mit Vornamen an; Herkunft, Religion und Kultur sind Nebensache. 250 eingeladene Flüchtlinge und 50 Helfer genießen zusammen den Tag - nicht als Deutsche und Ausländer, sondern als Nadine und Reza, als Christian und Hassum. Honnef sendet ein Signal für Offenheit.

Karl-Heinz Broel war es eine Selbstverständlichkeit, sein Weingut für das Fest zur Verfügung zu stellen. Winzerkollege Felix Pieper steuert hauseigenen Federweißer bei, Kabarettist Sebastian Pufpaff spendierte das gesamte Softdrink-Sortiment. Die Malteser und Taxi Trommeschläger befördern die Flüchtlinge kostenlos von ihrer Unterkunft bis zum Weingut; am Eingang begrüßen die Mitglieder des Leo Clubs, Jugendgruppe des Lions Club, die Gäste, schreiben Namensschilder, lassen die Kinder aus der Naschkiste stibitzen. Am anderen Ende des Geländes hat Thomas Tillmann eine Pinnwand aufgestellt, auf der Interessierte Privatangebote machen können. Unterdessen koordinieren die Soundtechniker Wolfgang Dent und Daniel Hambuch das Musikprogramm - derart viele Bands hatten Interesse bekundet, dass zahlreichen sogar abgesagt werden musste. Zudem sind stolze 1840 Euro an Spendengeldern bei den Organisatoren eingegangen.

Die Anteilnahme ist riesig. Birgit Eschbach ist "total gerührt" vom Engagement der Helfer, geradezu überwältigt. "Birgit, wenn du noch Hilfe brauchst, sag Bescheid", bekommt sie im Minutentakt zu hören. Eine Lehrerin bietet längerfristig ihre Dienste für Deutschkurse an, andere Besucher möchten spontan als Chauffeure aushelfen. "Wir kennen eine Austauschstudentin aus Bahrain, die Arabisch spricht und übersetzen könnte", bringen sich Studenten der IUBH ein. Auch die Flüchtlinge selbst machen mit, wo sie können, und helfen bei der Überwindung von Sprachbarrieren: "Willst du mit ihm sprechen? Kein Problem, ich dolmetsche für dich."

Unter den Gästen befindet sich auch der syrische Familienvater Adel. Er sei überwältigt, wie offen man ihn und seinen Sohn Samir empfangen habe, erzählt er, und könne doch die Erlebnisse in seiner Heimat und die Sorge um seine Frau, die noch immer in Syrien sei, nicht loslassen. "Erst vor ein paar Tagen habe ich mit ihr telefoniert", berichtet er. "Sie musste sich im Keller verstecken, und ich konnte hören, wie in der Nähe Bomben einschlugen." Er hoffe, sie bald wiedersehen zu können. Seinen Dank an die Honnefer könne er derweil kaum in Worte fassen: "Wir alle haben unser Land, manche sogar unsere Familien verloren. Aber wir haben durch eure Gastfreundschaft hier eine neue Familie gefunden."

Das Willkommensfest ist eine Einzelaktion, ausgegangen von einem Aufruf über Facebook, soll aber eine nachhaltige Wirkung erzielen. Birgit Eschbach wünscht sich, dass die Honnefer auch künftig den Mut haben, persönliche Hilfsbereitschaft zu zeigen. Egal ob ein Kurzausflug oder ein Stadtrundgang - Hauptsache, die Gastfreundschaft entpuppe sich nicht als Eintagsfliege. Die gemeinsame Euphorie sei ein Startschuss - aus dem Fundament müsse langfristiges Engagement erwachsen.

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