Wein am Unkeler Sonnenberg Mehr als ein Traum vom Wingert

UNKEL/BAD HONNEF · Fachleute aus dem badischen Ortenau an der Weinstraße werkeln seit vergangener Woche am Unkeler Sonnenberg. Sie graben mit Bagger und Raupe Weinterrassen in den Schieferboden.

 Ein Wingert entsteht: Mit schwerem Gerät bauen badische Experten Terrassen in den Elsberg.

Ein Wingert entsteht: Mit schwerem Gerät bauen badische Experten Terrassen in den Elsberg.

Foto: Homann

Aus Sicht des Bonner Unternehmers Bernd G. Siebdrat geht es um einen besonderen Boden. Ein Gutachter bestätigte die Vermutung, dass der Untergrund hervorragend geeignet ist, um dort qualitativ hochwertige Weinreben anzubauen.

Eine große Überraschung war das nicht, denn bis in die 90er Jahre wurde dort emsig Weinbau betrieben. Eine preußische Weinkarte aus dem Jahr 1904 attestiert dem zur Weinlage Sonnenberg gehörenden Elsberg eine der besten Lagen zwischen Neuwied und Bonn. Ein Stück Land also, in das es zu investieren lohnt.

Das tut Siebdrat seit nunmehr sieben Jahren. So lange hat es gedauert, die vielen einzelnen Parzellen ihren Eigentümern abzukaufen, sie zu arrondieren und dem Traum vom eigenen Weinberg Stück für Stück etwas näher zu kommen.

Mit dem Fällen alter Nadelbäume vor wenigen Wochen hat die bauliche Veränderung erste sichtbare Formen angenommen. Diesen Fortschritt betrachtet nicht nur Siebdrat mit Vorfreude. Viele Unkeler rührt allein der Gedanke, die "Kulturstadt Unkel" könne über edle Tropfen an alte Weinbautraditionen der 60er anknüpfen, als die Winzerbruderschaft noch existierte. Egon Roos gehört dazu. Sein Vater Otto hat noch als einer der letzten Profis bis 1989 Weinbau am Steilhang betrieben.

Zu dieser Zeit lockte die Europäische Union mit Stilllegungsprämien, erklärt Unkels ehrenamtlicher Stadtarchivar Wilfried Meitzner. Sie wollte regulierend eingreifen, weil ihr die Massenproduktion von Wein ein Dorn im Auge war. Otto Roos machte von diesem Angebot Gebrauch. Dem Sohn hat er vom Winzergeschäft abgeraten, obwohl der gerne weitergemacht hätte. "Damals gab es keine vernünftige Perspektive für den Weinbau", sagt Egon Roos. Selbst der Unkeler Bürger griff lieber zu ausländischen Weinen als zum heimischen Produkt.

Heute steht Egon Roos auf dem Standpunkt, "dass wir jeden unterstützen sollten, der in Unkel investieren möchte". Also hat er trotz "emotionaler Bindung", wie er betont, seine Flächen am Hang verkauft und gemeinsam mit Stadtbürgermeister Gerhard Hausen für das Projekt Weinberg getrommelt.

Der Bürgermeister - nach eigenem Bekunden kein großer Weingourmet - hält die Wiederbelebung für "sechs Richtige im Lotto". Auch wenn es nicht gerade einfach gewesen sei, die unübersichtlichen Besitzverhältnisse zu klären. Aber er glaubt ebenso wie Egon Roos daran, dass Unkels Tourismus von einer Bewirtschaftung nur profitieren kann. "Wo Wein ist, da ist Leben."

Ein paar Jahre wird das aber noch brauchen. Auf einem kleinen Probestück von einem Dreiviertel- Hektar kann der von Siebdrat beauftragte Bruchhausener Winzer Oliver Krupp in diesem Jahr erstmals die Lese einfahren: Weißburgunder. Bislang entwickelten sich die Reben prächtig, sagt Siebdrat. Auf den rund zweieinhalb Hektar, für die momentan die Terrassen erstellt werden, sollen später Weißburgunder, Spätburgunder und etwas Regent gedeihen. Rund drei Jahre wird es laut Krupp dauern, bis die erste Ernte ansteht, wenn die Pflanzung planmäßig in diesem Jahr erfolgen kann.

Für ihn als Winzer mit eigenen Flächen in Unkel von rund drei Hektar ist die Kooperation mit Siebdrat eine Chance, den in Geisenheim erlernten Winzerberuf in Vollzeit auszuüben. Noch so ein Traum. Ab einer Fläche von fünf Hektar beginnt der Weinbau nämlich rentabel zu werden. Und das ist neben aller Leidenschaft das Ziel aller Beteiligten. Bernd Siebdrat schätzt, dass sich aus den Reben der Weinbergterrassen pro Hektar rund 6000 bis 8000 Liter qualitativ hochwertiger Wein keltern lassen.

Die Terrassentechnik hat übrigens gegenüber dem zwischen Bad Hönningen und Bonn üblichen Steilhanganbau einen gewaltigen Vorteil. Die Winzer können mit einem Schmalspurschlepper zu den Reben vordringen. Die Bewirtschaftung fällt leichter.

Die Zeiten haben sich im Weinbau eben geändert. Vor hundert Jahren wurde zwischen Erpel und Siegburg auf 450 Hektar Fläche Weinbau betrieben. "Was ist davon geblieben?", fragt Bernd G. Siebdrat. Er hofft, das sagt er genau so, "den historischen Weinbau wachzuküssen".

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