Bürgermeister Bad Honnef "Man muss auch mal ins Risiko gehen"

BAD HONNEF · Veränderte Optik. Der große Schrank im Bürgermeisterbüro ist verschwunden. Großformatige Bilder in sonnigem Gelb hängen hinter dem Schreibtisch.

Nur Clemens Adams ist noch da. "Das hat auch seine Berechtigung, nicht nur, weil er der erste Bürgermeister war, sondern weil er offenkundig Herz hatte", sagt Otto Neuhoff über das Porträt des Mannes, der einst seine Gärten für den Anbau von Gemüse öffnete, um seinen Mitbürgern zu helfen. Wäre es heute mal so einfach, die Stadt voranzubringen. Klamme Kassen und zugleich immer neue Ausgabeposten sind viel eher das Tagesgeschäft eines Bürgermeisters dieser Tage.

Wie eben Otto Neuhoff. Seit gut einem Jahr ist er im Amt. Und nicht nur optisch hat sich im Rathaus viel verändert. Im Frühsommer 2014 verwies Neuhoff seine Mitbewerber auf die Plätze: In der Stichwahl gegen SPD-Mann Guido Leiwig brachte es der Parteilose auf satte 61,6 Prozent der Stimmen. Sein Credo damals wie heute: "Bad Honnef muss endlich wieder handlungsfähig werden."

Und das steht und fällt mit den Finanzen, mit dem Haushaltsausgleich 2017. "Den schaffen wir", sagt Neuhoff. Das Zusammenwirken aller ist ihm wichtig: Die Kollegen im Rathaus, die Politik, alle ziehen mit. Dafür gibt es vom Bürgermeister, der den Dialog zum Postulat erhebt, ein "dickes Kompliment". Braucht es da eine Koalition, wie von der CDU angedacht? Neuhoff: "Ich sehe den Mehrwert nicht für die Stadt."

Die erste Ernte sei eingefahren: Eine strukturelle Etatverbesserung von mehr als zwei Millionen Euro, "eine Ersparnis also Jahr für Jahr", wurde 2015 erarbeitet. Wie das geht? Mit viel Kärrnerarbeit, auch hinter den Kulissen, vom Bürger oft unbemerkt. Das Paket Haushalt - in neuer Rathaus-Terminologie Projekt Haushalt - lässt keinen Bereich aus, von kleinen Posten wie der Abschaffung redundanter Doppelarbeit über die Optimierung aller Verwaltungsabläufe bis hin zu "intelligenter Personalentwicklung".

Das meint nicht etwa, Stellen zu streichen (Neuhoff: "Wir haben unter dem Strich nur drei Stellen weniger"), sondern Qualifizierung und auch Umschichtung und Aufstockung immer dort, wo es nötig ist, um die richtigen Weichen zu stellen.

Beispiel Stadtplanung, neben den Finanzen der "zweite Leuchtturm": Der Ratsbeschluss für ein integriertes Stadtentwicklungskonzept steht, da "kann es doch nicht sein, dass wir nur einen Stadtplaner haben". Oder dass es in Bad Honnef neuerdings eine laufend aktualisierte Flächenerfassung gibt, als zentrale Grundlage für jede Planung. Beispiel Qualifizierung: 30 Mitarbeiter wurden in Blockseminaren zu zertifizierten Projektmanagern fortgebildet und merkten nicht zuletzt, "dass sie wieder gestalten können".

Beispiel Wirtschaftsförderung: Auch hier sei folgerichtig eine Stabsstelle eingerichtet. Dialogveranstaltungen mit Gewerbetreibenden und den Akteuren in der Innenstadt "als neues Format" seien fest geplant. Zusätzliches Schmankerl: Studenten der IUBH, die derzeit eine studentische Unternehmensberatung planen, fragten nach Referenzprojekten.

Im Rathaus gehe es auch um Wertschätzung von Arbeit, um Team- und Gemeinschaftsgefühl, darum, "dass Absprachen etwas gelten. In den ersten Wochen hatte ich das Gefühl, dass Verschriftung nur den Sinn hat, zu sagen: Ich war es nicht. Das hat sich vollkommen gewandelt. Es muss heißen: Wir sind eine Verwaltung. Wenn es in einer Ecke brennt, müssen die anderen helfen." Wie es bei der Aufarbeitung der Kindergartenbeiträge der Fall war und jetzt in Sachen Flüchtlingshilfe der Fall ist, bei der eine halbe Stelle geschaffen wurde und zudem eine weitere Mitarbeiterin unterstützt.

Gerade die Flüchtlingsunterbringung ist es, die nun den mühsam auf Kurs zu bringenden Haushalt erneut belastet - und weiter Kosten verursachen wird. "Aktuell haben wir 16 weitere Menschen zugewiesen bekommen. Damit sind wir dicht", sagt Neuhoff. Die Konsequenz: In der Stadtratsitzung kommende Woche geht es auch um den Bau eines weiteren, städtischen Übergangsheimes. Zudem müssten "Notfallmaßnahmen" in der Schublade liegen.

Nicht alle notwendigen Schritte seien populär, wie die Erhöhung der Kindergartenbeiträge oder die Sportstättengebühr, "bittere Pillen" nennt sie Neuhoff. "Aber, und da wiederhole ich mich, man muss entscheiden. Genau da fängt Verantwortung an." Was auch bedeute: Nicht nur die Ausgaben-, auch die Einnahmenseite sei im Fokus. Höhere Steuern? Neuhoff schließt das nicht aus.

Und argumentiert geradezu leidenschaftlich: Gemessen an den Einkommen seiner Bürger rangiere Bad Honnef seit Jahrzehnten immer ganz oben. "Und dann gehen sie mal ins Sibi. Es ist ein Skandal, in welchem Zustand sich unsere Schulen befinden. Wenn ich sehe, wer hier in dieser Stadt wohnt und wie zugleich die Infrastruktur für die Bildung unserer Kinder aussieht - da stimmt doch was nicht." Also: "Wir werden zusätzliche Einnahmequellen brauchen und nicht nur Fördermittel."

Gegen letztere hätte Neuhoff naturgemäß nichts einzuwenden. Stichwort: Landesgartenschau (Laga). "Aber ich will mir auch später nicht sagen lassen, ich hätte nicht die Wahrheit gesagt: Zum Nulltarif gibt es die Laga nicht. Und ob und wie viel Förderung es gibt, kann heute keiner genau sagen. Üblicherweise kalkuliert man mit rund 60 Prozent der Investitionen plus einer Pauschale von fünf Millionen Euro."

Die Eigenleistung der Stadt liege aber auch bei günstigem Verlauf deutlich höher als fünf Millionen Euro. Neuhoff: "Dafür gibt's aber auch eine Menge Vorteile." Barrierefreie Bahnhöfe, bessere Straßen und Infrastruktur, ein "richtiger" Zugang zum Rheinufer, eine Zukunft für den Toten Rheinarm: Alles das seien Dinge, die Bad Honnef alleine nicht schultern könne. Neuhoff: "Wir wollen die Laga doch nicht, weil es eine Blümchenschau ist, sondern weil wir Städtebauförderung brauchen.

Dafür geht man auch ins Risiko, macht vorübergehend Schulden in der Hoffnung, dass es etwas zurückgibt. Zu teuer, das gibt es nicht: Es kommt immer darauf an, was am Ende rauskommt. Kommt nix raus, ist es teuer. Kommt viel raus, ist es richtig günstig." Soll sich die Stadt also für die Laga bewerben? "Ganz klar: ja. Und wir haben realistische Chancen, weil die Honnefer zu Honnef stehen."

Zur Person

Otto Neuhoff, wurde am 11. Mai 1959 in Bad Honnef geboren. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und einen Enkel. In seiner Heimatstadt war Neuhoff unter anderem im Stadtjugendring sowie als Vorsitzender der Tischtennisfreunde aktiv. Hobbys sind auch die Musik bei "Bäd Honnef", Fußball und Radfahren. Auch im Dienst legt Neuhoff fast alle Wege auf dem Rad zurück.

Nach Jura-Studium und Referendariat wechselte er in den höheren Dienst der Post, später in leitende Funktionen bei Telekom und Telekom-Töchtern. Unterstützt von FDP, Grünen, Bürgerblock und FWG kandidierte er 2014 als Parteiloser für das Bürgermeisteramt und siegte in der Stichwahl (61,6 Prozent).

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