Kreativwerkstatt Haus Hohenhonnef Kunstwerke von der Rolle

HOHENHONNEF · Monika Franken beugt sich tief über das Papier. Voll konzentriert versieht sie es mit einem gleichmäßigen Muster. Mit einem "Artist Pen" mit goldener Tusche ist sie am Werk und erklärt: "Wir hatten den Goldrausch hier." Von diesem Glitzer ist noch etwas hängengeblieben in der Kunstwerkstatt "Der blaue See" der Hohenhonnef GmbH, nachdem der begehrte Kunstkalender 2015 mit dem Titel "Goldrausch - Glanzvolle Kunst für Menschen mit Behinderung" in den Druck gegangen war. Noch einmal umblättern: Dann ist September und die Kunstwerkstatt feiert ihr 20-jähriges Bestehen.

 Fische sind gerade Christian Kloningers Lieblingsmotiv. Der 34-Jährige erhielt für seine Kunstwerke bereits einen Preis.

Fische sind gerade Christian Kloningers Lieblingsmotiv. Der 34-Jährige erhielt für seine Kunstwerke bereits einen Preis.

Foto: Frank Homann

Seit die Künstlerin und Erzieherin Bärbel Heimann vor fünf Jahren die Leitung des Ateliers übernahm, gibt es für den traditionellen Jahreskalender ein Thema, erhalten die Künstler von Hohenhonnef gezielt Zugang zu neuen Techniken. Monika Franken ist das einzige noch aktive Gründungsmitglied des "Blauen Sees". Die 50-Jährige hat die erste Ausstellung miterlebt, die damals im Rathaus stattfand und viel Anerkennung nach sich zog.

Monika Franken freut sich auf die nächste Vernissage. Sie kennt das von zahlreichen Schauen. Vor zwei Jahren gewann sie sogar den Lothar-Späth-Anerkennungspreis für ihre Collage "Meine acht Damen". Das Bild wurde vom Fleck weg gekauft. Auch bei der Wanderausstellung "Außergewöhnlich" war sie mit zwei Werken vertreten. "Ich bin zwei Jahre um die Welt gereist" - jedenfalls ihre Bilder. Bereits in ihrer Kindheit malte sie gern mit Filzstiften, ihr Lieblingsmotiv waren Städte. In Erinnerung geblieben sind ihre Bilder von der Premieren-Ausstellung im Rathaus, die mit Hundertwasser verglichen wurden.

Ihre Fantasie drückt sie auch in Skulpturen aus. Katzen sind momentan ein Thema. So entstand auch das Kalenderblatt-Bild "Katzenjammer". Aber Katzenjammer hat dort niemand. "Es ist eine große Auszeichnung, hier wirken zu dürfen. Das Selbstwertgefühl wird durch die Resonanz in der Öffentlichkeit gestärkt", sagt Marion Höpfner, die Leiterin der Einrichtungen der Hohenhonnef GmbH. Meist acht Leute gehören zur Kerngruppe im Atelier. Vier Tage in der Woche arbeiten sie hier allein, und freitags ist Offenes Atelier. Christian Kloninger ist ganz auf figürliche Malerei und Zeichnung eingestellt. Er tunkt seine Feder in das Tuschefass. Auf Butterbrotpapier malt er Fische, diesmal nur Fische, schneidet sie aus, klebt sie auf. Später werden sie mit Farbe "gewürzt".

Kloninger hat in diesem Stil auch schon Häuser und Türme gezeichnet und eine orientalische Stadt entworfen. Das Bild lehnt derzeit noch an einer Atelierwand, es wird wohl das Titelbild für den Kalender 2016. Auch dieser Künstler ist schon preisgekrönt. Ein Projekt hieß: "Von der Rolle." Und das hat etwas mit dem Butterbrotpapier zu tun.

Auch Holger Hauf setzt beim künstlerischen Arbeiten auf dieses Pergamentpapier, Tusche und Feder. Sein kleiner Neffe hatte ihm vor Jahren eine Rolle Butterbrotpapier stibitzt und ein Tintenfass daraufgestellt. "Zusammen haben wir gemalt." Das war die Idee. Jetzt stellt Hauf mit zarten Strichen die Welt über und unter der Erde dar. Unten: Regenwürmer, Maulwürfe, Wurzeln oder Trüffel. Über der Trennlinie: Pflanzen, Blumen, Insekten. Zehn Rollen Papier hat der 43-Jährige bereits bemalt. Das sind zusammen 160 Meter Kunst.

Elisabeth Götz könnte mit 79 ihre Rente genießen. Aber Malen ist ihr Leben. Kurz nach Gründung des Blauen Sees startete sie ihre Karriere. Sie malt für den nächsten Kalender mit Buntstiften ein Schwimmbad. Ein Sommermotiv. Sie zeigt auf die Urkunde an der Wand: 2012 verlieh ihr die Berufsgenossenschaft den Preis für Künstler mit Behinderung für das Werk "Leuchtender Engel".

Im Atelier "Der Blaue See", wo sich kleine und große Bilder "stapeln", scheint aber irgendwie alles zu leuchten - die Farben und die Augen der Künstler.

Das Atelier "Der blaue See"

Das "Behandlungs- und Rehabilitations- und Pflegezentrum Hohenhonnef" wurde 1979 eröffnet. Im Haus Hohenhonnef leben vor allem pflegebedürftige und schwerst-mehrfachbehinderte Menschen. Insgesamt betreibt die Hohenhonnef GmbH neun Wohnhäuser in Rheinbreitbach, Sankt Augustin, Troisdorf, Bonn und Bad Honnef.

Seit 1995 gibt es die Kunstwerkstatt "Der blaue See" in Hohenhonnef. Dort können Bewohner ihre Kreativität entfalten. Sie arbeiten an verschiedenen Projekten mit externen Künstlern sowie in Workshops unter fachlicher Anleitung. Seit einigen Jahren werden die Ergebnisse in einem Kunstkalender veröffentlicht.

Im Offenen Atelier an jedem Freitag von 9.30 bis 11.30 Uhr ist jeder willkommen. Mehr Informationen unter Tel. 0 22 24/7 61 79. Für den 3. November ist eine Präsentation geplant.

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