Adenauers Sekretärin und Vertraute Anneliese Poppinga ist gestorben Im Dienste des Kanzlers

BAD HONNEF · Als sie ihm das erste Mal gegenüber saß, sei er ihr vorgekommen wie ein "tibetischer Mönch", hat Anneliese Poppinga einmal über Konrad Adenauer gesagt: So ruhig und gelassen, Güte ausstrahlend, ebenso Geistesschärfe. Für Anneliese Poppinga war jener Tag 1958 ein Wendepunkt.

 Anneliese Poppinga FOTO: GA

Anneliese Poppinga FOTO: GA

Fortan begleitete sie den ersten Kanzler der Bundesrepublik, war seine Sekretärin und rechte Hand. Auch nach seinem Tod stellte sie sich in den Dienst des Vermächtnisses des "Alten von Rhöndorf", so als Geschäftsführerin der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus. Am Donnerstag ist Anneliese Poppinga im Alter von 86 Jahren gestorben.

Geboren wurde Poppinga am 3. Oktober 1928 in Lübeck. Nach dem Abitur reiste sie nach London. Aus dem Vorhaben, als "Mother's help", als Hausmädchen, auch etwas Geld für ihr Studium zu verdienen, wurde nichts: Als sie wegen der nötigen Papiere die Passstelle der diplomatischen Vertretung der jungen Bundesrepublik aufsuchte, engagierte deren Leiter sie vom Fleck weg.

Poppinga war im Diplomatischen Dienst als Sekretärin in London, in Bonn und von 1955 bis 1958 in Tokio tätig. Auf Heimaturlaub, beorderte sie das Auswärtige Amt per Telegramm nach Bonn "zwecks Vorstellung zu Herrn Bundeskanzler", wie sie sich später im GA-Interview erinnerte. Dabei, ergänzte sie, "wollte ich mit Politik nichts zu tun haben". Es kam anders: Das politische Wirken Adenauers, darunter sein Einsatz für die deutsch-französische Freundschaft, prägte ihr Leben. Poppinga 2009: "Er wollte die Wiedervereinigung. Sie erleben zu können, war für mich das Größte."

Als eine von drei Sekretärinnen tat sie bis zu Adenauers Abschied 1963 Dienst im Kanzleramt. Auf die Frage, was sie an ihrem Chef besonders beeindruckte, sagte sie aus Anlass der Rückschau "60 Jahre Bonner Republik": "Wir waren keine anonymen Nummern, ob Putzfrau oder Sekretärin." Auch sein phänomenales Gedächtnis und die große Arbeitslast trotz seines hohen Alters bewunderte sie.

Ein Punkt, in dem Poppinga ihrem Chef nacheiferte. Noch 2009 erschien ihr viertes Buch, "Adenauers letzte Tage: Die Erinnerungen seiner engsten Mitarbeiterin". Auch nach 1963 war Poppinga, bei Bedarf auch schon mal Adenauers Boccia-Partnerin auf der Bahn am Wohnhaus in Rhöndorf, dem Altbundeskanzler verbunden. Als wissenschaftliche Assistentin unterstützte sie ihn beim Verfassen seiner Erinnerungen. Nach seinem Tod beendete sie auf Wunsch der Familie Adenauer die Arbeit daran mit Abschluss des dritten und der Herausgabe eines fragmentarischen vierten, letzten Bandes.

Zugleich begann Poppinga im Auftrag des Bundesinnenministeriums, Adenauers Nachlass zu betreuen und die Gedenkstätte der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus aufzubauen. Nach Unterbrechung für Studium und Promotion - Titel der Dissertation: "Das Grundsätzliche in der Politik Konrad Adenauers in seinem Selbstverständnis" - übernahm sie 1974 die Geschäftsführung der Stiftung. Nach ihrem Ruhestand 1990 war sie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats. "Wir haben eine verdienstvolle Mitarbeiterin, eine besondere Zeitzeugin und gute Ratgeberin verloren", würdigte gestern der Vorsitzende des Vorstands, Staatssekretär a.D. Manfred Speck, Poppingas Verdienste. Das schönste Kompliment hatte ihr aber wohl Konrad Adenauer, Enkel des "Alten", gemacht. Als Poppinga 2010 eine hohe Ehrung Frankreichs, die Insignien des "Ritters im Nationalen Orden der Ehrenlegion", erhielt, sagte er im Namen der Familie: "Sie gehört quasi dazu."

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