Bad Honnef im Ersten Weltkrieg "Grüße aus dem Schützengraben"

BAD HONNEF · "Entschieden!" Mit dieser kurzen Schlagzeile vermeldete die Honnefer Volkszeitung in einem Extrablatt, was Historiker später als die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnen werden: "Berlin, 1. Aug., 5.15 Uhr nachm. Der Kaiser ordnete die Mobilmachung der gesamten Streitkräfte an.

 Sichtet historische Quellen: Jan Bostelaar archiviert die Feldpostbriefe des Soldaten Johannes Klein.

Sichtet historische Quellen: Jan Bostelaar archiviert die Feldpostbriefe des Soldaten Johannes Klein.

Foto: Marcel Dörsing

Erster Mobilmachungstag ist der 2. August", hieß es in der HVZ. Heute vor hundert Jahren erklärt das deutsche Kaiserreich Russland den Krieg - der Beginn des Ersten Weltkrieges, der bis zu seinem Ende 1918 mehr als 17 Millionen Menschen den Tod bringen wird.

Es ist ein Samstag. Die Nachricht des kommenden Krieges wird mit Begeisterung aufgenommen, auch im Siebengebirge. Nicht selten wird dabei über die Stränge geschlagen. Die Honnefer Volkszeitung wendet sich in ihrer Ausgabe vom 3. August an die Reservisten, "in diesen Zeiten hochgehender Begeisterung und herzergreifenden Abschiednehmens" die Gefahren des Alkohols nicht zu unterschätzen: "Es ist jedoch die Alkoholbegeisterung ein Strohfeuer, das nicht wärmt und nicht vorhält, und damit ist uns in dieser ernsten Stunde nicht gedient."

Nicht alle begrüßen den Kriegsausbruch. So meldet die Volkszeitung, dass sich Menschen vor der Geschäftsstelle versammeln und mit Spannung auf Nachrichten hoffen. "Unverkennbar", so schreibt die Zeitung über ein Fest im Honnefer Kurgarten, "teilte sich jedoch auch dem Feste die Stimmung mit, die seit Tagen das politische Leben bedrückt."

Fünf Wochen wird es dauern, bis am 8. September zum ersten Mal "der Tod in den Reihen unserer Honnefer Krieger Einzug" hält, wie das Blatt schreibt. Eine Todesanzeige vermeldet den "christlichen Heldentod" des erst 23-jährigen Willy Jonen. Die Leser erfahren außerdem: Er war der einzige Sohn von Wilhelm Jonen. "Das Leben der Soldaten in den Schützengräben war unvorstellbar hart, aber von den Kriegsgräueln haben die Angehörigen selten etwas erfahren", erklärt Jan Bostelaar (24) vom Heimatkundemuseum Gutenberghaus. Zurzeit archiviert er Feldpostbriefe, die dem Verein aus einem Nachlass überlassen wurden. Geschrieben hat sie der Soldat Johannes Klein in den Jahren 1914 bis 1918 von der Front in Frankreich. Adressatin ist seine Verlobte Elise Muhr aus Bad Honnef. "Viele Grüße aus dem Schützengraben", so beginnen viele der Briefe.

Die Soldaten waren sich bewusst, dass Briefe geöffnet und zensiert wurden. "Es wird viel über das Wetter geschrieben", sagt Bostelaar. Auch gemeinsame Erinnerungen werden ausgetauscht. "Es ging vor allem darum, ein Lebenszeichen zu senden." Das konnte zum Beispiel mit selbst gezeichneten Feldpostkarten geschehen, manchmal auch mit einer Fotografie. Auf einem Bild posieren Soldaten mit französischen Granat-Blindgängern, ein anderes Foto zeigt Soldaten im Lazarett.

Der Verein Gutenberghaus freut sich über die historisch wertvolle Gabe. Oftmals wüssten Menschen nicht, was mit solchen Nachlässen geschehen soll. "Wir können die Dokumente archivgerecht lagern und der Öffentlichkeit zugänglich machen", so Bostelaar. Er hofft, dass noch viele weitere Stücke aus privatem Besitz folgen.

"Wir wissen, dass Johannes Klein den Krieg überlebt hat", berichtet Bostelaar. Er habe zu seiner Verlobten nach Bad Honnef zurückkehren können. Doch viele andere junge Männer aus der Region hatten kein Glück. So schreibt die Honnefer Volkszeitung am 11. September, nachdem es einen weiteren Sohn der Stadt, Johann Fink, getroffen hat: "Der furchtbare Krieg wirft allmählich seine düsteren Schatten auch über unser friedliches Städtchen Honnef."

Es soll erst der Anfang sein. Niemand ahnt, dass der Krieg noch vier Jahre dauern wird. Schon früh zeigt sich seine ganze Grausamkeit. Als der deutsche Vorstoß an der Westfront Mitte September 1914 zum Erliegen kommt und der Stellungskrieg beginnt, füllen sich die Spalten der Honnefer Volkszeitung mit vielen weiteren Traueranzeigen.

Wer den Verein mit historischen Quellen unterstützen möchte, kann sich an das Gutenberghaus wenden unter der Telefonnummer 02224/9870950 oder per E-Mail an info@gutenberghaus.org. Weitere Infos: www.gutenberghaus.org.

Aktuelle Ausstellungen

"Ein rheinisches Dorf im Großen Krieg - Rheinbreitbach 1914-1918" zu sehen ab Sonntag, 3. August, im Heimatmuseum, Rheinbreitbach, Hauptstraße 29.

"Auf den Spuren Bonner Soldaten im Ersten Weltkrieg": Die Ausstellung wirft einen Blick auf die ersten 100 Tage des damals in der Ermekeilkaserne stationierten 9. Rheinischen Infanterieregiments II/160. Von Dienstag, 26. August, bis 9. November im Bonner Stadtmuseum, Franziskanerstraße 9.

Tagebuch 14/18 - Authentische Geschichten aus Deutschland und Frankreich: Von Sonntag, 3. August, bis 3. September im Bilderbuchmuseum der Stadt Troisdorf, Burg Wissem, Burgallee 1.

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