Mehr Gelassenheit im Umgang mit den Insekten Ein neues Heim für Wespen

SIEBENGEBIRGE · Momentan steht das Telefon bei Manfred Schmitz kaum still. Denn Schmitz ist nicht nur Bienensachverständiger und Imker, er hat auch eine Fortbildung absolviert, die es ihm erlaubt, Wespen-, Hummel- oder Hornissenvölker umzusiedeln. Und gerade jetzt im Juli entdecken viele Menschen auf dem Dachboden oder auch in Rollladenkästen die Insektennester, die bereits eine stattliche Größe erreicht haben.

 Umsiedlungsaktion: Manfred Schmitz nimmt behutsam ein Wespennest in einem Haus in Uthweiler ab.

Umsiedlungsaktion: Manfred Schmitz nimmt behutsam ein Wespennest in einem Haus in Uthweiler ab.

Foto: Frank Homann

Wenn man Manfred Schmitz auf das Thema anspricht, bricht er zunächst einmal eine Lanze für die Wespe und andere Insekten: "Die Wespe ist kein Schädling." Sie vertilge kranke und tote Insekten. "Es gilt: Je reicher die Vielfalt der Insekten ist, um so reicher ist die Pflanzenvielfalt. Das schaukelt sich - im positiven Sinne - hoch." Und: Wespen seien auch nicht von sich aus aggressiv. "Die wollen einen nicht stechen und unser Eiweiß saugen", sagt er und schmunzelt. Daher ist er überzeugt: "Nicht jedes Nest muss entfernt werden."

Er kann verstehen, dass die Verunsicherung zunächst groß ist, denn "viele Menschen haben auch Angst vor Wespen". Wobei: "Die Behauptung, dass sieben Hornissenstiche ein Pferd töten können, ist ein Gerücht. Ich selbst hatte einmal zwölf Wespenstiche an einer Hand. Ich habe mich hingesetzt und nach einer Stunde war alles wieder gut."

Daher empfiehlt der Experte, zunächst einmal telefonisch Rat einzuholen. Auf keinen Fall sollte man aus seiner Sicht sofort einen Kammerjäger rufen oder gar selbst im Baumarkt Gift kaufen - "was leider immer noch möglich ist". Stattdessen müsse zunächst geklärt werden, wo sich das Nest befindet.

"Auf einem Dachboden kann man es vielleicht so mit einem engmaschigen Draht abgrenzen, dass die Tiere nur noch durch ein Fenster nach draußen fliegen." Anders liege der Fall natürlich, wenn beispielsweise Allergiker im Haus wohnen. "Dass sich die Haut nach einem Stich rötet, ist allerdings noch keine Allergie", sagt Schmitz. Unter fünf Prozent der Deutschen seien tatsächlich gegen Wespenstiche allergisch. Aber wenn eine Gefährdung bestehe, etwa ein Kinderspielplatz in direkter Nähe liege, müsse natürlich gehandelt werden.

Doch auch dann ist es nicht notwendig, die Tiere zu töten. Denn Schmitz hat die Lizenz zum Umsiedeln. Er macht das aus Überzeugung, denn die Entschädigungsspenden decken die Aufwendungen nicht. In Schutzkleidung nähert sich Schmitz den Nestern und ihren Baumeistern, für die er größten Respekt empfindet. "Es fängt an mit einem ganz kleinen Nest, in dem nur die Königin Platz hat", erläutert der Imker. "Dann legt sie ihre Eier, und der Nachwuchs trägt Schicht um Schicht bei, bis es am Ende die Größe eines Fußballs haben kann." Bis zu 7000 Tiere können dann dort in einem Volk zusammenleben.

Wenn Schmitz mit einem Karton für die Umsiedlung anrückt, geht er vorsichtig zu Werke, "die Schichten sind wie dünnes Papier". Er entfernt das Nest abends, damit möglichst viele Tiere "zu Hause" sind. Mit einem scharfen Gegenstand wird es behutsam abgeschnitten und in die Kiste bugsiert. "Dann muss es schnell gehen, denn das macht die Tiere nicht froh." Auch sollte er auf jeden Fall die Königin einfangen und keine Brut verlieren, weil sich die Tiere sonst direkt wieder daran machen, ein neues Nest zu bauen.

Wenn die Wespen erfolgreich eingesammelt sind, besprüht er den Platz mit Lavendelöl, damit es dort nicht mehr nach dem Nest riecht. Ein Vorgang, den er wiederholt. Die Wespen selbst bringt er in abgelegene Hütten im Wald. "Die müssen trocken sein, denn schon ein Regentropfen kann das feine Nest zerschlagen."

Diejenigen, die sich entscheiden, das Nest zu behalten, haben die Untermieter nicht auf unbegrenzte Zeit bei sich: "Im September, Oktober sind die Tiere weg." Nur die Königin sucht sich ein Winterquartier. Im nächsten Jahr schwärmt sie aus, baut sich an einer anderen Stelle ein neues Nest und gründet ein neues Volk.

Weitere Informationen gibt es unter www.wiesenkind.de oder unter www.aktion-wespenschutz.de

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