Flüchtlinge in Bad Honnef Die Lasten für die Kommunen steigen

BAD HONNEF · Die Zahlen von gestern sind heute oft Makulatur. "Die Situation ändert sich jeden Tag, und das nicht zum Besseren", sagt Bürgermeister Otto Neuhoff. Gemeint ist die Zahl der Asylsuchenden.

Die Krisen in Nahost und in Afrika machen auch vor Bad Honnef nicht halt. Immer mehr Menschen weltweit ersuchen um Aufnahme an einem sicheren Ort für sich und ihre Familien. Und während man sich in Düsseldorf rühmt, dass das Land Nordrhein-Westfalen die Hilfe für die Flüchtlingsarbeit in den Kommunen jetzt aufstockt, reibt man sich bei den Empfängern darüber erstaunt die Augen, frei nach dem Motto: Besser als nichts.

"Daran sieht man, wie Anspruch und Wirklichkeit auseinanderdriften", so Neuhoffs Kommentar zum Konnexitätsprinzip, also salopp gesagt zum Grundsatz: Wer bestellt, bezahlt. Das Konnexitätsprinzip sieht nämlich vor: Wenn ein Land seinen Kommunen eine bestimmte Aufgabe überträgt und dies dann zu einer Mehrbelastung führt, muss das Land für den Ausgleich sorgen.

Konkret gemünzt ist Neuhoffs Bemerkung auf die 57.200 Euro, die Bad Honnef 2014 mehr bekommen soll (siehe unten). Wie hoch die Landeszuweisung insgesamt sein wird, dazu wagt die Verwaltung derzeit keine Prognose. Die Zahlen aus den Vorjahren lassen jedoch den Schluss zu: Auskömmlich wird das in keinem Fall sein. Ein Beispiel: Im vergangenen Jahr erhielt Bad Honnef 112.561 Euro aus Düsseldorf.

Die Ausgaben jedoch beliefen sich auf 322.722 Euro, macht ein Minus von rund 210.000 Euro. Hier nicht eingerechnet sind die Kosten für Gebäude und Mietobjekte. Die Prognose für 2014 lautet, dass die Stadt, wieder ohne Gebäudekosten, sich auf 450.000 Euro Ausgaben einstellen muss. Angesichts weiter steigender Zahlen von Personen, die zugewiesen werden, dürfte es nicht mehr lange dauern, bis die halbe Million geknackt ist.

Wie ernst die Situation ist, zeigte jüngst ein Aufruf der Stadt: Sie sucht Häuser und Wohnungen, die sie für die Unterbringung der Asylbewerber anmieten kann, und Sachspenden wie Möbel. Seitdem steht das Telefon im Rathaus kaum noch still. Die Hilfsbereitschaft ist riesig. Vor allem Sachspenden werden angeboten, aber auch Wohnraum war schon dabei. Um Unterstützung ging es auch in der jüngsten Stadtratssitzung.

Die SPD wollte etwa wissen, wie es um die Situation von Kindern steht oder um Menschen, die in der Heimat nicht oder nur eingeschränkt eine Bildungseinrichtung besuchen konnten. Auf Kinder sei die allgemeine Schulpflicht anzuwenden, so die Verwaltung. Das Problem des Analphabetismus habe sich bislang nicht gestellt. Grundsätzlich sei der Stadt daran gelegen, die Integrationshilfen zu verbessern.

Ein Konzept solle entwickelt werden unter Einbeziehung der bewährt arbeitenden Wohlfahrtsverbände und Organisationen. Zur Frage, ob es in Unterkünften zu Konflikten komme, sagte Fachbereichsleiter Richard Thomas: Nennenswerte Vorkommnisse seien die Ausnahme.

"Übergriffe unter den Bewohnern finden eher selten statt", so die Verwaltungsvorlage zur Stadtratssitzung. Angesichts der Enge - die Stadt ging bislang von acht Quadratmetern pro Person in ihren drei städtischen Unterkünften aus - und der nationalen wie ethnischen Unterschiede seien Reibungspunkte aber nicht gänzlich auszuschließen.

Die Menschen würden von einem Hausmeister betreut, der immer ansprechbar sei, sowie von den Sachbearbeitern im Rathaus. Die Personen, die derzeit in Bad Honnef betreut werden, stammen aus 24 Nationen in Europa, Afrika und Asien.

Landes-Zuweisung

Der vom Land NRW einberufene "Flüchtlingsgipfel" hat sich Ende Oktober auf ein Paket geeinigt, nach dem die Kostenpauschale des Landes von 143 Millionen Euro um weitere 46,5 Millionen Euro steigen soll. Je Flüchtling soll den Kommunen 25 Prozent mehr zur Verfügung stehen.

Gerundet bedeutet das in Bad Honnef rund 57.200 Euro, in Königswinter rund 92.000 Euro mehr. Ingo Steiner, Vorsitzender der Grünen-Kreistagsfraktion, teilt dazu mit: "Das ist eine gute Nachricht, die echte Hilfe bedeutet." Der Bund müsse nun dem Beispiel des Landes folgen, er "darf sich nicht mehr aus der Verantwortung stehlen".

Asylsuchende

Bundesweit wurde laut Verwaltung ein Anstieg der Asylantragszahlen von etwa 62 Prozent registriert. Auch in Bad Honnef sind die Zahlen drastisch gestiegen. Jeweils zum Stichtag 1. Januar waren es 2011 neun Personen, in den Folgejahren 25 (2012), 18 (2013), 38 (2014).

Zum Stichtag 23. Oktober 2014 waren es bereits 127 Personen, davon 101 Asylbewerber (inklusive Asylbewerber mit abgelehnten Verfahren) und 20 Kinder unter 14 Jahren, sowie 26 Aussiedler, darunter fünf Kinder unter 14 Jahren. Zum Stichtag 23. Oktober gab es in den drei Unterkünften in Bad Honnef noch fünf freie Betten.

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