Baumfällarbeiten an der L 144 Das große Sägen im Schmelztal

BAD HONNEF · Der Randwuchs an der Schmelztalstraße wird lichter. Vom Sportplatz im Tal bis zum Parkplatz Servatiushof ist die Landstraße 144 komplett gesperrt, schweres Gerät ist angerückt. Von Autos keine Spur, stattdessen zieren stapelweise zersägte Baumstämme und abgetrennte Baumkronen den Fahrbahnrand und warten auf ihre Weiterverarbeitung zu Industrieholz oder das Zerschreddern im Häcksler.

 Mit schwerem Gerät pflücken die Holzfäller die unsicheren Bäume aus dem Wald entlang der Straße durch das Schmelztal.

Mit schwerem Gerät pflücken die Holzfäller die unsicheren Bäume aus dem Wald entlang der Straße durch das Schmelztal.

Foto: Frank Homann

Und die Stapel wachsen unaufhörlich: Bis zu 15 Meter Reichweite und vier Tonnen maximale Traglast haben die Teleskop-Arme der beiden Fällbagger, die seit 8 Uhr in der Früh die teils imposanten Baumstämme pflücken, als wären sie zarte Gänseblümchen.

Rückte man dem Großgrün, wie es in der Amtssprache heißt, ganz klassisch mit Seilwinde und Kettensäge zu Leibe, wären pro Baum etwa 20 Minuten einzuplanen - so aber dauert es bloß je eine Minute, um die Bäume, die am Rand der Schmelztalstraße jahrzehntelang unbehelligt gewachsen sind, zu Fall zu bringen. Der Greifarm setzt an der Krone an, das Sägeblatt schneidet butterweich durchs Holz, Späne fliegen.

Dann rutscht der Arm mühelos hinunter zum Stamm und zerschneidet ihn in mehrere Teile, die geradezu sanft auf den Stapeln landen. Die Zeitersparnis ist kein unwesentlicher Faktor, schließlich haben sich der Straßenbetrieb NRW, das Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft, der Verschönerungsverein für das Siebengebirge (VVS) und die Stadtförsterei Bad Honnef gemeinsam das Ziel gesetzt, entlang der über vier Kilometer langen Fahrbahn gleich mehrere Hundert Bäume zu fällen. Zwei Wochenenden sind dafür angesetzt; es gibt eine Menge zu tun.

Grund für die groß angelegte Fällaktion ist die Verkehrssicherheit, die sowohl die Besitzer der Wälder als auch der Straßenbaulastträger gewährleisten müssen. Bei Baumkontrollen im Spätsommer hatten die zuständigen Förster festgestellt, dass von zahlreichen Bäumen eine Gefährdung für Verkehrsteilnehmer ausgeht. Der Wald an der Schmelztalstraße war nie systematisch durchforstet worden, der letzte punktuelle Eingriff lag zudem bereits mehr als 20 Jahre zurück. "Es bestand riesiger Nachholbedarf und wir mussten handeln", resümiert Forstdirektor Stephan Schütte vom Landesbetrieb Wald und Holz. Denn insbesondere nach Starkregen, Nassschnee und heftigen Winden habe die Freiwillige Feuerwehr bereits oft ausrücken müssen, um abgebrochene Äste oder umgestürzte Bäume von der Fahrbahn zu räumen. Daher entscheidet nun die Sprühdose über das Schicksal der Bäume: Ein roter Strich auf dem Stamm und der Baum muss gehen, ein orangefarbener Punkt und der Baum bleibt stehen.

Problematisch seien insbesondere zwei Typen von Bäumen, so Schütte: Einerseits sammele sich in den Zwischenräumen sogenannter Stockausschläge, also mehrstämmiger Bäume, nach jedem größeren Niederschlag Regenwasser, was wiederum Holzzersetzungspilzen einen idealen Nährboden liefere. Von außen kaum zu sehen, können die mehrstämmigen Bäume so zu tickenden Zeitbomben werden: "Wenn der Pilz sich vollständig durchgefressen hat, kann der Baum plötzlich und ohne Vorwarnung umkippen", so Schütte. Aber auch einstämmige Bäume können zum Gefahrenherd werden, wenn sie zu sehr über die Fahrbahn ragen: Teils haben die rot markierten Bäume an der Schmelztalstraße einen Neigungswinkel von 40 Grad oder sind gar krumm gebogen- kaum auszudenken, sollte ein herabfallender Ast ausgerechnet in der Windschutzscheibe eines vorbeifahrenden Fahrzeugs einschlagen.

Doch nicht nur die Verkehrssicherheit ist Ziel der Fällaktion - auch die Stabilisierung des Waldes als Biotop steht im Vordergrund. "Wir können somit einen Waldrand aufbauen, der Pflanzen und Tiere vor einem Übermaß an Lärm und Licht schützt", so Stephan Schütte. Auch können sich weiter hinten stehende Bäume, die im Zuge der Fällung freigestellt werden, nun besser entwickeln - Nachhaltigkeit bleibe der Leitgedanke. Die systematische Baumfällung bleibt zudem ein Einzeleinsatz, versichert der Förster: "Nach der Aktion sollte mindestens zehn Jahre lang Ruhe sein."

Auch nächstes Wochenende ist das Schmelztal von Samstag, 8 Uhr, bis Sonntag, 18 Uhr, komplett für den Autoverkehr gesperrt.

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