Rezeption des Thrillers "Angst" Das Literarische Quartett ist sich nicht einig

BAD HONNEF · "Es ist ein Ratz-Fatz-Buch. Es ist nicht so richtig schlecht, aber es ist langweilig, nicht gut aufgelöst. Von einem Psychothriller erwarte ich etwas anderes."

 Blick von oben: Das "Literarische Quartett" im Rathausfoyer.

Blick von oben: Das "Literarische Quartett" im Rathausfoyer.

Foto: Homann

Verlegerin Ingrid Schindler ließ nicht viel Gutes an Dirk Kurbjuweits Roman "Angst", der Thema beim "Literarischen Quartett" des Vereins "Literatur im Siebengebirge" (LiS) im Rathausfoyer vor. Der Autor, ein renommierter Spiegel-Journalist, war innerhalb der Reihe "Das Siebengebirge liest ein Buch" wenige Tage zuvor Gast einer Lesung gewesen.

LiS-Vorsitzender Rainer Quink wollte von den Diskutanten - neben Schindler auch Pfarrer Uwe Löttgen-Tangermann, Schauspieler Fritz von Fingerhoff und Erziehungswissenschaftlerin Monika Vinke - wissen, ob sie dieses Buch anderen empfehlen würden. Quink hatte nach der Lesung für sich die Erkenntnis gewonnen: "Das ist ein raffiniertes Buch."

Zugrunde liegt ihm eine Stalker-Handlung: Hartz-IV-Empfänger Tiberius im Souterrain einer Berliner Villa beschuldigt das neu eingezogene, gut situierte Ehepaar Tiefenthaler des Missbrauchs ihrer Kinder. Die Ouvertüre: Tiberius schreibt Frau Tiefenthaler Liebesbriefe, spioniert ihr nach. Tiefenthaler erschießt ihn, sein Vater aber nimmt die Schuld auf sich. Pfarrer Löttgen-Tangermann gab zu: "Ich hatte auch Phasen, wo ich keine Lust mehr hatte weiterzulesen. Ich würde lieber andere Bücher verschenken." Von Fingerhoff meinte: "Es kann so schlecht nicht sein, denn beim Lesen war es interessant. Aber es bleibt nichts."

Monika Vinke indes würde es weiterempfehlen. Quink regte zur Diskussion verschiedener Facetten des Buches an. So fragte er etwa: "Was ist denn das Originäre daran?" Löttgen-Tangermann: "Vater-Sohn- und Ehe-Konflikte gibt es in der Literatur zuhauf. Aber mir ist noch nie begegnet, was es mit dem Menschen macht, der angeklagt ist, Kinderschänder zu sein. Tiberius hat gewusst, wo er Tiefenthaler packen kann." Und Fritz von Fingerhoff urteilte: "Der Tiefenthaler ist ein Lappen, der geht allen Konflikten aus dem Weg."

Ingrid Schindler fand: "Das sind alles sehr klischeehafte Charaktere." Sie kritisierte: "Kurbjuweit kann schreiben, er schreibt gut, aber das Buch ist zu glatt konstruiert. Schade um das Thema." Das Publikum diskutierte danach weiter. Eine Zuhörerin konnte die Kritik nicht verstehen: "Mir hat das Buch sehr gut gefallen - und auch das 'Quartett'." Rainer Quink und Cornelia Nasner von LiS zogen in Erwägung, künftig regelmäßig zum "Literarischen Quartett" einzuladen.

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