Neubau des Physikzentrums in Bad Honnef Das Gästehaus nimmt Gestalt an

BAD HONNEF · Es sieht ganz und gar unspektakulär aus, das gelbe Rohr, das hinter dem Bauzaun am Physikzentrum aus dem Boden ragt. Ist es aber nicht. Wie bei einem Eisberg handelt es sich vielmehr nur um die Spitze dessen, was sich unter der Wasser-, pardon Erdoberfläche verbirgt.

 Zwischen Altbau, Neubau und Hörsaal, hier zu erkennen am verglasten Zugang, entsteht am Physikzentrum eine Art Innenhof, der begrünt wird.

Zwischen Altbau, Neubau und Hörsaal, hier zu erkennen am verglasten Zugang, entsteht am Physikzentrum eine Art Innenhof, der begrünt wird.

Foto: Homann

Das Loch im Boden ist Teil eines ausgeklügelten Energiekonzeptes, mit dem das neue Gästehaus der Deutschen Physikalischen Gesellschaft versorgt werden wird. Geothermie lautet ein Stichwort, Solarenergie ein anderes. Der Neubau des L-förmigen Gästehauses nimmt Gestalt an. Im November soll die Einweihung sein.

"Wir liegen voll im Zeitplan." Bernhard Nunner, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), Architekt Klaus Luft-Brix und Kuratoriums-Vorsitzender Kurt Seelmann freuen sich, wie gut es voran geht. Auch der Kostenrahmen - investiert werden rund fünf Millionen Euro - werde eingehalten. Wie berichtet, stellt die Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung für das Gästehaus das Geld zur Verfügung. Vorausgegangen war die Sanierung des denkmalgeschützten Haupthauses, das vor elf Jahren den neuen Hörsaal bekommen hat. Zwischen 2010 und 2012 ist im Inneren mit Blick auf den Brandschutz ein neues Treppenhaus eingebaut worden. Der Jugendherbergscharme mit gemeinsamen Waschräumen ist verschwunden, jedes Zimmer hat eine Nasszelle. Jedoch: Dadurch entfielen 40 Zimmer, die nun im Gästehaus Platz finden. Grundlage für die Investitionen war ein Vertrag mit der Bonner Universität, der eine Nutzung des Treffpunktes für Wissenschaftler für die nächsten 30 Jahre festschreibt.

Der Grundstein wurde im November gelegt. Mittlerweile läuft der Innenausbau. Bald wird auch der "Deckel" der Tiefgarage verschwunden sein: Wo jetzt noch Beton zu sehen ist, wird es grün. Dasselbe gilt für die Bodenplatte im hinteren Bereich und die dort angelegte Zufahrt. Mit letzterer hat es eine besondere Bewandtnis. "Die Rotbuche war auch während des Baus absolute Tabuzone", so Nunner. Entsprechend musste eine weitere provisorische Zufahrt her, um den geschützten Baum nicht zu gefährden. Apropros Zufahrt: Die wird dauerhaft an den Meßbeuel verlegt. Dann wird auch der provisorische Parkplatz vor dem Haupthaus wieder ganz verschwinden.

Wenn die Verkleidung des Gästehauses mit Naturstein fertig ist, kann auch das Gerüst verschwinden. Das Baumaterial ist Lava-Basalt sowie sandgelber Jura. "Das ist eine Verneigung vor dem denkmalgeschützten Altbau", so Luft-Brix. Was die Beteiligten der Baubesichtigung, bei der es an diesem Tag um Details geht wie die "Möblierung" der Bäder in den 40 Einzelzimmern, auch deshalb freut: "Vor allem während der Erdarbeiten haben wir dem Umfeld einiges zumuten müssen. Wir sind sehr dankbar, wie positiv die Nachbarn das Projekt begleiten", so Nunner.

Besonderes Augenmerk bei der Planung wurde auf die Energierversorgung des Hauses gelegt; ein Energiedesigner hat mit Hand angelegt. Als da wäre bei der Konzeptionierung der Erdwärme-Versorgung, für die 99 Meter tief gebohrt wird. Sommers wie winters wird so konstante Raumtemperatur erzeugt, sprich: geheizt oder gekühlt. Neben der Fußbodenheizung sorgt Betonkerntemperierung für Behaglichkeit. Und: Um ein hohes Maß an Wärme, respektive Kühlung zu erzielen, ist nur ein Bruchteil an konventioneller Energie für die Pumpe nötig. Auch beim Gebrauchswasser setzt man auf autarke Versorgung. Auf dem Dach werden Solar-Flachkollektoren installiert, "damit nichts reflektiert", so Nunner. Ein Hingucker ist auch das Foyer, von dem aus der Blick auf den Altbau fällt. "Hier wird man sich aufhalten wollen", so Seelmann. Das gilt sicher auch für die Besucher, die bei einem Tag der offenen Tür dazu Gelegenheit bekommen werden.

DPG

Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e.V., deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste und mit mehr als 62 000 Mitgliedern auch die größte physikalische Fachgesellschaft weltweit. Das Physikzentrum Bad Honnef (PBH) ist ein wissenschaftliches Tagungszentrum; es wird von der DPG als Trägerin mit Unterstützung der Universität Bonn (Elly-Hölterhoff-Böcking-Stiftung) und mit Förderung des Landes Nordrhein-Westfalen betrieben. Das Durchschnittsalter der DPG-Mitglieder liegt heute bei 35 Jahren; fast die Hälfte der Mitglieder sind Schüler oder Studierende. Weltberühmte Forscher waren schon Präsidenten der DPG - so Max Planck und Albert Einstein.

Heraeus-Stiftung

Die Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung ist eine 1963 gegründete gemeinnützige Stiftung des bürgerlichen Rechts zur Förderung von Forschung und Ausbildung auf dem Gebiet der Naturwissenschaften. Sie gilt als die bedeutendste private Fördereinrichtung auf dem Gebiet der Physik in Deutschland. Der Zweck der Stiftung ist die Förderung der Forschung und Ausbildung auf dem Gebiet der Naturwissenschaften. Verwirklicht wird dies unter anderem durch Förderung des wissenschaftlichen Gedankenaustauschs und begabter Studierender sowie der Weiterentwicklung von Lehre und Ausbildung, Zuwendungen an Institutionen, die der Forschung und Lehre dienen, sowie Einzelvorhaben.

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