Willkommensfest für Flüchtlinge in Rhöndorf Birgit Eschbach: "Wir wollen den Dialog"

Bad Honnef · Eine Welle der Hilfsbereitschaft schwappt derzeit über Rhöndorf und ganz Bad Honnef. Konkreter Auslöser war ein Aufruf im sozialen Netzwerk Facebook. Ziel: ein großes Willkommensfest für Asylbewerber im Ortsteil Rhöndorf zu organisieren. Innerhalb kürzester Zeit ist aus dieser Idee ein Projekt geworden, das Hunderte Bad Honnefer vereint.

 Willkommen: Zwanglose Treffen, wie beim Café International in Linz, helfen Einheimischen und Flüchtlingen beim Kennenlernen.

Willkommen: Zwanglose Treffen, wie beim Café International in Linz, helfen Einheimischen und Flüchtlingen beim Kennenlernen.

Foto: Frank Homann

Wann ist die Idee zu dem Willkommensfest entstanden?
Birgit Eschbach: Das war am Morgen nach der Nacht, in dem es einen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim gegeben hatte, in Niedersachsen. Ich dachte mir, da muss man doch etwas machen, man muss den Menschen, die bei uns Schutz suchen, zeigen, dass sie keine Angst haben müssen, dass sie bei uns sicher sind. Wichtig ist mir aber auch, dass es ein Fest nicht alleine für die Flüchtlinge werden soll, sondern dass es darum geht, sich und die Kultur des jeweils anderen kennenzulernen und damit die Anonymität zu durchbrechen. Denn Anonymität ist es doch, die Missverständnisse schürt und auch unbegründete Ängste. Asylsuchende und Helfer sollen die Chance haben, sich kennenzulernen. Davon profitieren beide Seiten.

Sie haben dann direkt einen Aufruf gestartet auf Facebook?
Eschbach: Zuerst habe ich mit Karl-Heinz Broel gesprochen - und er hat sofort zugesagt, dass wir sein Weingut kostenlos nutzen können - einfach toll. Dann kam der Aufruf auf Facebook unter "Rhöndorf weiter denken", und was dann folgte, ich muss es so sagen, war wirklich irre. Innerhalb kürzester Zeit kursierte die Idee, wurde immer wieder geteilt, meldeten sich Helfer. Das deckt den ganzen Bereich der Logistik ab, das Essen, das Kinderprogramm, alles. Ich konnte es zuerst einfach nicht glauben. Nur ein Beispiel: Es haben sich so viele Bands und Künstler gemeldet, die etwas zum Programm beitragen wollen, dass wir einigen sogar absagen müssen. Es soll ja schließlich kein Konzert werden. Aber was da entstanden ist, ist überwältigend, ich war und bin regelrecht ergriffen. Und das alles innerhalb von 24 Stunden. Am Abend habe ich die Aktion dann auch beim "Rhöndorfer Treff" vorgestellt und dort Zustimmung erfahren.

Wie viele Menschen helfen?
Eschbach: Die Liste hat mehr als 150 Einträge, darunter Einzelpersonen, aber auch Vereine und Gruppen, Firmen, Gastronomiebetriebe. Dahinter stehen dann natürlich immer gleich mehrere Personen. Zu schätzen, wie viele Menschen wirklich mitmachen, fällt schwer. Und es melden sich immer noch jeden Tag mehr. Auch Spender: Ein Bürger, der nicht genannt werden will, hat 1000 Euro gespendet, ein anderer 500 Euro. Auch der Kabarettist Sebastian Pufpaff hat gefragt, was er tun kann, und spendet ebenfalls, so dass wir die Getränke daraus finanziert haben. Wichtig ist mir, dass wir wirklich alle Asylsuchenden erreichen, die teilnehmen wollen. Wir werden hier sehr von der Stadt unterstützt, und die Malteser und Taxi Trommeschläger übernehmen den Fahrdienst.

Gleichwohl erreichte Sie auch Kritik im Stile von: Ein "Gute-Laune-Nachmittag" ist doch keine nachhaltige Hilfe?
Eschbach: Ja, und ich muss sagen, ich finde es schon arrogant, Menschen zu kritisieren, die erkennbar vor allem eines wollen: helfen. Zur Frage der Nachhaltigkeit: Was nachhaltig ist, wird sich erst in ein, zwei Jahren zeigen. Wir planen einiges auch für das Fest, etwa eine Pinwand, auf der Interessenten Angebote machen können, als Paten oder als Begleitung an einem bestimmten Tag, um mit den Neuankömmlingen etwas zu unternehmen. Meine Erfahrung ist: Es ist schwer, Menschen ein langfristiges Engagement nahezubringen, bei dem sie etwa jeden Dienstag zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu sein haben. Für projektbezogene Dinge ist das einfacher. Aber wie gesagt: Ich kann doch jetzt nicht sagen, ich mache nichts, weil einiges halt wieder im Sande verlaufen könnte. Denn wenn ich nichts tue, passiert auch garantiert nichts. Natürlich muss man sehr sensibel sein, was die Menschen angeht, die zu uns kommen, ihre Religion achten und Traumata berücksichtigen. Aber es verdient auch Respekt, dass so viele Menschen helfen wollen. Und was ist wohl nachhaltiger als die Einstellung, die dahinter steht.

Ein Willkommensfest gab es schon, und es gibt auch das Café International. Wäre es nicht besser, Initiativen zu bündeln?
Eschbach: Ich finde das Café International sensationell, wie alle Initiativen, die in diese Richtung gehen. Trotzdem war ich der Meinung, dass auch eine weitere Einzelmaßnahme hier in Rhöndorf richtig ist. Auch das ist ein wichtiges Signal für Offenheit.

Zugleich gibt es auch in Bad Honnef Ängste von Bürgern, was noch kommen mag...
Eschbach: Die gibt es ganz sicher, auch Vorbehalte. Und ich habe das Gefühl, dass es in Deutschland ganz viele Leute gibt, die sich nicht trauen, das auszusprechen, weil sie dann gleich Gefahr laufen, in eine rechte Ecke gestellt zu werden. Das Problem ist: Was sich unter der Oberfläche abspielt, kann ich nicht beeinflussen, und dann gibt es die Quittung bei der nächsten Wahl. Meine Meinung ist: Wir müssen diesen Dialog in unserem Land aufmachen, sehen, woraus bestehen die Ängste wirklich und vor allem, wie können sie ausgeräumt werden. Letzteres wäre überhaupt die nachhaltigste Lösung.

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