GA-Interview Beate Schaaf: "Man muss Begegnung schaffen"

Für ihr Engagement bei der Betreuung von Flüchtlingen wurde die Kinderärztin und Caritas-Vorsitzende von Sankt Johann Baptist, Beate Schaafvon, der Stiftung Sankt Hedwig der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands im Diözesanverband Köln zur "kfd-Frau des Jahres" ernannt.

 Wurde für ihr Engagement ausgezeichnet: Beate Schaaf.

Wurde für ihr Engagement ausgezeichnet: Beate Schaaf.

Foto: Homann

Neben einer Urkunde zum Hedwig-Preis überreichte Stiftungsvorsitzende Ute Schröder der Bad Honneferin im Kölner Maternus-Haus eine Brosche in Form einer Krone. Mit Beate Schaaf sprach Roswitha Oschmann.

Nun sind Sie gekrönt...

Beate Schaaf: Es war fast wie bei der Oscar-Verleihung, es gab vier Nominierte. Nur der rote Teppich fehlte noch. Aber diese Auszeichnung ist mit etwas Unbehagen verbunden, denn Flüchtlingsarbeit lebt vom Teamwork. Alle Koordinatoren im Bad Honnefer Flüchtlingswerk engagieren sich genauso.

Bei Ihnen laufen Fäden der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe zusammen. Was bedeutet das für Sie?

Schaaf: Ich bin jetzt seit 25 Jahren im Ehrenamt und habe noch nie eine so gute, intensive Zusammenarbeit von ganz unterschiedlichen Gruppen erlebt wie jetzt. Ob Awo, evangelische oder katholische Kirche, die Gemeinde der Adventisten - es gibt keine Vorbehalte, alle arbeiten sehr zielorientiert. Jeder kann auf seinem Gebiet schalten und walten; dabei greift das gut ineinander. 2014 hatten wir um die 100 Flüchtlinge in Bad Honnef, jetzt sind es 330 - und es werden mehr. Ich habe während meines dreiwöchigen Krankenhausaufenthalts, als die große Welle an Flüchtlingen einsetzte, 1000 E-Mails zu diesem Thema bekommen und verschickt. Organisieren ist mein Ding.

Was beflügelt Sie?

Schaaf: Man muss Begegnung schaffen und das Fremde auf diese Weise zu etwas Vertrautem machen. In meiner Praxis sind Flüchtlingsmütter genauso Mütter wie die hiesigen, die Kinder sind genauso goldig wie überall. Die Flüchtlinge werden in Bad Honnef gut und intensiv betreut. Jeder Neuankömmling wird von einem Bad Honnefer Bürger vom Rathaus abgeholt. Die Flüchtlinge sind erstaunt, dass man sich so gut um sie kümmert. Sie fühlen sich als Menschen angenommen. Diese Gastfreundschaft ist unsere Chance. Das überzeugt die Flüchtlinge, sich selbst einzubringen. Sie möchten gern etwas zurückgeben und helfen - etwa in der Starthilfe, im Café International, bei der Tafel als Übersetzer.

Sie engagieren sich bereits im Bündnis für Familie. Wie kam es dann noch zur Flüchtlingsarbeit?

Schaaf: Da bin ich einfach reingewachsen. Es stand plötzlich eine Roma-Familie in meiner Praxis mit zwei schwerstbehinderten Kindern. Die brauchten als erste sehr viel Unterstützung. Ich habe Kontakt mit der VHS aufgenommen, Sprachkurse organisiert. Es gab ein Caritas-Weihnachtsessen mit 50 Flüchtlingen. Aber da musste Struktur rein. So entstand über den Runden Tisch die Starthilfe mit einem supertollen Team für die Sachspenden und das Patensystem. 100 Leute stehen auf der Patenliste. Die Caritas organisierte Qualifikationen für die Ehrenamtler und finanziert Sprachkurse. Rund 20 Leute können Dolmetscherdienste übernehmen. Mit den Cafés International wurden Möglichkeiten der Begegnung geschaffen.

Was sorgt Sie?

Schaaf: Dass wir Gefahr laufen zu vergessen, dass es in Bad Honnef auch viele arme Leute gibt. Jedes zwölfte Bad Honnefer Kind ist bedürftig. Am Weihnachtswunschbaum von Bündnis Familie mit Jobcenter und Sozialamt werden wieder viele Kärtchen hängen.

Was hat Sie bewegt?

Schaaf: Wir haben von einer Dolmetscherin einen Brief zu den Sprachkursen ins Arabische übersetzen lassen, in dem wir auch die Gründe formuliert hatten, warum das Erlernen der deutschen Sprache so wichtig ist - um Arbeit, eine Wohnung, ein Auto zu bekommen, also, um sich etwas leisten zu können. Die Übersetzerin, die seit Jahren hier lebt, schlug stattdessen die Formulierung vor: "Eure Kinder gehen hier zur Schule, ihr wollt doch eine Zukunft für eure Kinder." Diese Sichtweise hat mich beeindruckt.

Zur Person

Beate Schaaf stammt gebürtig aus Berlin, wuchs dann im Rheinland auf. Seit 20 Jahren lebt sie mit ihrem Mann Ralf Schaaf in Bad Honnef. Hier betreibt die Kinderärztin seit 15 Jahren eine eigene Praxis. Seit 18 Jahren gehört sie der kfd an, war sechs Jahre lang Dekanatsvorsitzende und im Kirchenvorstand von Sankt Johann Baptist. Seit sechs Jahren ist sie Caritas-Vorsitzende. Schaaf ist Gründungsmitglied von Donum Vitae Bonn. Vor sechs Jahren rief sie das Bündnis für Familie Bad Honnef mit ins Leben, dessen Vorsitzende sie ist.

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