Bürgerbeteiligung zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept Bad Honnef macht sich auf die Reise

BAD HONNEF · Kein Platz blieb frei. Als Bürgermeister Otto Neuhoff am Donnerstagabend die erste Bürgerbeteiligung zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept eröffnete, mussten noch Stühle in den Ratssaal geschafft werden.

 "Ein Trauerspiel": Die Tatsache, dass der Bahnhof nicht barrierefrei ist, ist vielen Bad Honnefern ein Dorn im Auge.

"Ein Trauerspiel": Die Tatsache, dass der Bahnhof nicht barrierefrei ist, ist vielen Bad Honnefern ein Dorn im Auge.

Foto: Frank Homann (Archiv)

Gut 160 Bürger, das Gros Ü 50, waren der Einladung der Stadtverwaltung und der an der Aufstellung beteiligten, externen Planungsbüros Post und Welters und RMP Landschaftsarchitekten gefolgt, um ihre Vorstellungen davon zu formulieren, wie sie sich Bad Honnef in zehn bis 15 Jahren wünschen.

Stadt der Alten versus Stadt der Jungen? Wohnstadt versus Gewerbestandort? Beschauliche Ruhe oder Vitalität? Innenstadtwohnen oder Bauen auf der grünen Wiese? Stillstand gegen Veränderung? Es zeigte sich, dass aus all diesen Punkten nicht unbedingt unüberwindbare Gegensätze konstruiert werden müssen. Die Mischung macht's. Vieles, was genannt wurde, ist dabei hinlänglich bekannt. Neu war die positive Aufbruchstimmung, meinte am Ende des Abends nach drei Stunden jedenfalls nicht nur Bürgermeister Otto Neuhoff: "Das ist eine neue Dialog-Kultur ."

Was den Ablauf angeht, bedienten sich die Ausrichter bei Erich Kästner, jedenfalls dem Titel nach. Im Stil eines "fliegenden Klassenzimmers" gab es drei Dialogrunden zu den Themen "Visionen, Stadt(teil)entwicklung und regionale Identität" (1), "Demografie, Wohnen und Soziales" (2) sowie "Mobilität und Klima" (3). Ausgeklammert war der Bereich Grünzonen: Diese, so erläuterte Hartmut Welters, waren Kernpunkt schon der Beteiligungen zur Machbarkeitsstudie Landesgartenschau, die laut Planern erklärtermaßen als Baustein im Stadtentwicklungskonzept zu begreifen ist.

Am Anfang waren Stecknadeln Trumpf. Auf einer Karte Bad Honnefs markierten die Teilnehmer: rote Stecknadelköpfe für Orte, an denen sie sich unwohl fühlen, grüne Stecknadelköpfe für solche, an denen das Gegenteil der Fall ist. Nicht verwunderlich: Während in Rommersdorf Grün vorherrschte, versammelten sich rund um den Bahnhof und das Honnefer Kreuz etliche rote Punkte.

Auch sonst gab es viel Bekanntes: Barrierefreiheit wurde immer wieder reklamiert, ebenso eine bessere Verkehrsinfrastruktur, der Erhalt der Stadtparks, mehr Familienfreundlichkeit, Angebote für junge Leute, generationengerechter, vor allem aber auch bezahlbarer Wohnraum für junge Familien, ohne die Bad Honnef, so formulierte es ein Teilnehmer provokativ, endgültig pleitegehen werde. Mancher Anwesende indes forderte, dass alles so bleibt, wie es ist. Eine, so eine andere Teilnehmerin, "egoistische" Haltung: "Wir müssen auch an die nächste Generation denken. Das ist unsere Verantwortung."

Wenn man all dies weiß, wozu dann jetzt ein integriertes Stadtentwicklungskonzept? Neuhoff, Stadtplanungschef Dirk Wiehe und Welters gaben Antworten. Eine wesentliche: Das Konzept ist Voraussetzung für Städtebaufördermittel. Und ohne die, so Neuhoff, ist Entwicklung in der finanziell klammen Stadt ein Ding der Unmöglichkeit.

Themengruppe 1: "Bad Honnef hat heute schon eine sehr hohe Wohn- und Lebensqualität", resümierte Welters, nachdem sich die Teilnehmer in den Dialogrunden abgewechselt hatten. Ein Teilnehmer, Neubürger seit zwei Jahren, dazu: "Welche Stadt bietet diese Verbindung aus Natur, Sport, Anbindung an Metropolen?" Es gab aber auch jede Menge kritischer Anmerkungen. Bad Honnef sei eine "Stadt mit Flair, aber ohne Pep", bezogen etwa auf Angebote für die jüngeren Generationen.

Die Hochschule sei zu wenig im öffentlichen Leben verankert. Aegidienberg - im Plenum mit nur fünf Anwesenden übrigens extrem unterrepräsentiert - sei als wichtiger Wachstumsbereich für Wohnen und durch seine Gewerbegebiete mehr zu beachten, der Aegidiusplatz zu verbessern. Und: Qualität müsse vor Quantität gehen.

Themengruppe 2: Ebenso wenig verwunderlich: Der Faktor Demografie reicht in alle Bereiche hinein. Mehrgenerationenwohnen und Barrierefreiheit, beginnend übrigens mit dem Zustand der Bürgersteige, wurden genannt. Besonders kritisch beleuchtet wurde hinsichtlich der Bauaktivitäten eine mögliche Verdichtung der Innenstadt. Während die einen dafür plädierten, mehr innenstadtnahes Wohnen zu ermöglichen, reklamierten andere, es werde Zeit für die geplanten Vorhaben am Floßweg und in Selhof-Süd. Als wichtige Bausteine genannt wurden auch Nahversorgung im Zentrum und eine Stärkung der Innenstadt.

Themengruppe 3: Bad Honnefs Verkehrsinfrastruktur sei "eine Katastrophe", so ein Teilnehmer: "Ich kann nicht verstehen, warum das in all den Jahren nicht angepackt worden ist." Bei den Radwegen sei die Stadt "Entwicklungsland". Und der Öffentliche Personennahverkehr werde markiert durch stinkende Busse ("Kieslaster"), die mal überfüllt, mal leer etwa durch die Gassen Selhofs kurvten. Das sei schlecht auch für das Klima. Gefordert wurde auch flächendeckendes schnelles Internet als Standortfaktor, so ein Teilnehmer. Besonders schlimm: die Bahnhöfe, die sind "ein Trauerspiel", so ein Bürger. Welch' dicke Bretter da zu bohren sind, erläuterte Clas Scheele von RMP: Selbst die Bewerbung zur Landesgartenschau 2020 habe die Bahn bisher nicht bewogen, barrierefreien Ausbau in Aussicht zu stellen. Scheele: "Sollte Honnef den Zuschlag bekommen, wird darüber wieder zu reden sein."

Fazit: "Wir hatten mit der Hälfte Teilnehmer gerechnet", resümierte Welters. Er zog ein rundherum positives Fazit, auch wenn, typisch für solche Veranstaltungen, die jüngere Generation, etwa Eltern, die in der Familienverantwortung stehen, unterrepräsentiert gewesen sei. Die Ergebnisse müssten nun analysiert werden; diese würden dann veröffentlicht und in weiteren Bürgerbeteiligungen ab Anfang 2016 vertieft. Welters ans Plenum: "Der Abend zeigt, Sie haben richtig Lust, sich an der Zukunft ihrer Stadt zu beteiligen." Und Neuhoff: "Ich habe viele Veranstaltungen erlebt, bei denen sich die Leute nicht zugehört haben. Das war heute anders." Der Abend sei ein gelungener Einstieg, um Bad Honnef voranzubringen.

Kontakt

Ansprechpartner für das Integrierte Stadtentwicklungskonzept im Rathaus sind Dirk Wiehe, Tel. 0 22 24/184 246, und Arne Vollmar, Tel. 184 247. Die Ergebnisse der ersten Bürgerbeteiligung werden in Kürze auf der Homepage unter www.bad-honnef.de veröffentlicht. Geplant ist auch eine spezielle E-Mail-Adresse, um die Kontaktaufnahme mit der Stadtverwaltung zu vereinfachen.

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