Neuer Generalsekretär der GDNÄ Auch Einstein war Mitglied

BAD HONNEF · Der Neue ist schon ein alter Hase: Michael Dröscher, Biochemiker in Rente, hat zuletzt als Innovationsmanager für die Evonik Degussa gearbeitet; Dröscher hat den ehrenamtlichen Posten des Generalsekretärs der in Bad Honnef ansässigen Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ) Anfang des Jahres übernommen.

 Der neue Generalsekretär der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, Michael Dröscher, ist studierter Biochemiker.

Der neue Generalsekretär der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, Michael Dröscher, ist studierter Biochemiker.

Foto: Frank Homann

Der "Mutter aller wissenschaftlichen Gesellschaften", wie er die GDNÄ nennt. Beide, die Gesellschaft und er, haben mindestens eines gemeinsam: Sie halten Netzwerke in der Naturwissenschaft für elementar. Der Ursprung der GDNÄ reicht bis ins Jahr 1822 zurück, in die Zeit der Romantiker und der allgemeingebildeten Wissenschaftler. Es war aber auch eine Zeit des Umbruchs an den Universitäten, in denen sich einzelne Forschungsfelder immer stärker herausbildeten. Der Naturforscher und Naturphilosoph Lorenz Oken wollte den Austausch beibehalten. "Er wollte den ganzen Strauß zusammenhalten", erklärt Dröscher.

Also gründete Oken in Leipzig die GDNÄ, die seit 20 Jahren mit ihrer Geschäftsstelle im Bad Honnefer Physikzentrum sitzt. Heute gehören ihr etwa 3000 Mitglieder an. Kein elitärer Club. Jeder kann aufgenommen werden. An der Grundidee hat sich seit der ersten Stunde eigentlich nichts geändert. "Es geht uns um einen naturwissenschaftlichen Austausch in einer verständlichen Sprache", erläutert Dröscher.

Den haben im Laufe vieler Jahrzehnte große Koryphäen aus allen möglichen Forschungsrichtungen gesucht: Alexander von Humboldt, Justus von Liebig, Hermann von Helmholtz, Werner von Siemens, Albert Einstein, Max Planck, Werner Heisenberg und Karl Jaspers. Einstein stellte seine berühmte Relativitätstheorie auf einer GDNÄ-Versammlung vor. Der Bakteriologe und Medizinnobelpreisträger Gerhard Domagk referierte dort über die Anfänge der Chemotherapie.

Noch heute gehören die im Zwei-Jahres-Turnus an wechselnden Orten in ganz Deutschland abgehaltenen Vortragstage und eine Buchpublikation zum besprochenen Thema zum wichtigsten Standbein der Gesellschaft. Nächstes Jahr wird Stefan Hell in Greifswald zu Gast sein, der Physiker, der im vergangenen Jahr für die Erfindung eines Spezialmikroskops den Chemie-Nobelpreis erhielt.

Die Referenten, sagt Dröscher, "spielen Champions League". Auf den Zuschauerrängen, um im Fußballbild zu bleiben, sitzen nicht nur Wissenschaftler und Mediziner, sondern auch Vertreter aus Gesellschaft, Politik, Studenten und Schüler. Letztere können ein Stipendium über die GDNÄ beantragen, die dafür eng mit der Heraeus-Stiftung zusammenarbeitet. Als direkter Politikberater sieht sich der Verein übrigens nicht. Dröscher: "Wir sind keine Speerspitze, machen aber durchaus den Mund auf, allerdings immer mit dem Blick des Wissenschaftlers." Was die Politik aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen mache, sei ihre eigene Entscheidung.

Das Interdisziplinäre, Verbindende und die gemeinsame Kommunikation seien immer befruchtend, findet der Generalsekretär. Die großen Fragen zu Energie, Ernährung, Gesundheit oder Rohstoffen müssten von Mensch zu Mensch diskutiert werden. Der ethische Blickwinkel, den Dröscher, der Chemiker, mit den Worten "Tank oder Teller" umreißt, spiele ebenfalls eine wichtige Rolle. Während der NS-Zeit sah das Regime das anders. Die Gesellschaft musste ihre Arbeit einstellen und gründete sich erst nach dem Krieg neu.

Zunächst unter dem Dach der Bayer-Werke in Leverkusen, wo die Geschäftsstelle anfangs untergebracht war. Der Konzern schuf auch eine Stiftung, um die GDNÄ zu finanzieren. Irgendwann war der Punkt erreicht, an dem man Industrie und Wissenschaft wieder räumlich voneinander trennen wollte. Bad Honnef lag nicht nur recht nahe am alten Standort, sondern verfügte mit dem Physik-Zentrum über eine "optimale Infrastruktur".

Zeitgleich hat die Gesellschaft zum 1. Januar 2015 eine neue Präsidentin bekommen. Die Biochemikerin Eva-Maria Neher aus Göttingen übernimmt diese repräsentativen Aufgaben turnusmäßig für die kommenden zwei Jahre.

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