Sanierungsarbeiten an der Löwenburg Archäologen entdecken unversehrte Gefäße aus dem 13. Jahrhundert

SIEBENGEBIRGE · Was der alte Tonkrug wohl schon alles erlebt hat? Vielleicht hat sich Heinrich II., Graf von Sayn und Herr der Löwenburg, aus ihm seinen Wein zum Rittermahl kredenzen lassen. Vielleicht diente er aber auch nur als einfaches Gefäß in der Küche. Feststeht, dass der Tonkrug einen rund 700-jährigen Dornröschenschlaf im alleruntersten Winkel des alten Bergfrieds der Löwenburg gehalten hat.

Archäologen entdeckten ihn und eine Reihe weiterer uralter Gefäße bei den derzeit immer noch laufenden Sanierungsmaßnahmen - begraben unter meterhohem Schutt.

Dass die Fundstücke aus dem 13. Jahrhundert so unversehrt sind, "dass man sie nur spülen bräuchte und dann wieder auf den Tisch stellen könnte", grenzt an ein Wunder - und ist nur eines der Rätsel, die die Burgruine den Forschern aufgibt. "Man stolpert hier von einer Überraschung in die nächste", sagt Hans Metternich vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, der für das Projekt "Notmaßnahme Löwenburgruine - Hangsicherung und Bauwerkstabilisierung" verantwortlich zeichnet. Die Ruine ist eine landeseigene Sonderliegenschaft. Für Verwaltung, Bauunterhaltung sowie die Verkehrssicherungspflicht ist die Bezirksregierung zuständig.

Notwendig geworden waren die Arbeiten am Bergfried der Ruine aufgrund eines Schadens an der Mauer. Im April 2012 hatten sich in einem Kreis von etwa 1,20 Metern Durchmesser Steine aus der äußeren Schale des Mauerwerks gelöst, einige waren auf den darunter liegenden Fußweg gestürzt. Da nicht auszuschließen war, dass weitere Steine bröckeln, wurde der Zugang zur Ruine für mehrere Monate komplett gesperrt.

Bei den Planungen zur Sanierung des Bergfrieds stellte sich heraus, dass es mit einem einfachen Verfüllen der Bruchstelle nicht getan war. Zudem wurden auch an vielen anderen Stellen des Mauerwerks der gesamten Ruine Schäden festgestellt. Metternich zeigt auf Wölbungen in der Mauer: "Das ist kein gutes Zeichen. So krumm haben die selbst früher im 13. Jahrhundert nicht gemauert."

Um zur genauen Ermittlung der Schadensursache das Innere des Turms untersuchen zu können, mussten zunächst die Schuttmassen entfernt werden, die sich bis unter die Abbruchkante türmten. Vermutlich handelt es sich dabei unter anderem um die Steine, die beim allmählichen Zusammenfallen der Mauer ins Innere gefallen waren.

"Wir haben zuerst gar keine Firma gefunden, die bereit war, die Aushubarbeiten zu übernehmen", berichtet Metternich. Probleme stellten nicht nur die schwierige Zufahrt dar, sondern auch die Tatsache, dass sämtliche Arbeiten nahezu von Hand ausgeführt werden mussten. Im Klartext hieß das: 90 Kubikmeter Schutt auf Schubkarren schaufeln, diese in zehn Metern Höhe über ein Arbeitsgerüst lancieren und dann über eine Schuttrutsche abwärts auf den Vorplatz der Burg befördern.

Von hier aus ging es weiter mit einem speziellen kleinen Raupenfahrzeug abwärts bis zum Fuß des Bergkegels, wo der Schutt auf Laster umgeladen wurde. Die Tatsache, dass sich ein Spezialunternehmen für archäologische Bauten um diesen Auftrag beworben hatte, sollte sich als besonderer Glücksfall herausstellen.

Zwar hatte es in der Vorzeit auf dem Gelände bereits Grabungen gegeben, aber bedeutsame Funde konnten nicht sichergestellt werden. "In den Bergfried hat aber auch niemand hineingeschaut", so Metternich. Man sei schon davon ausgegangen, bei den Aushubarbeiten auf ein paar alte Fragmente zu stoßen, "aber wir haben niemals mit 5700 Fundstücken gerechnet".

So viele waren es an der Zahl, die aus dem meterhohen Schutt im Inneren des Bergfrieds ans Tageslicht befördert wurden: neben Scherben, Armbrustpfeilspitzen und Buchschnallen auch die sieben unversehrten Tonkrüge. Jan Peter und Dennis Holtkämper, die an den Ausgrabungen beteiligt waren, gehen davon aus, dass es sich bei den Gefäßen aus original "Siegburger Steinzeug" um "Fehlbrände" handelt - um Ausschussware also.

Da in der Umgebung auch Schlachtabfälle (Tierknochen) gefunden wurden, liegt die Vermutung nahe, dass an dieser tiefsten Stelle des Bergfrieds Abfall deponiert wurde. Sicher ist dies aber nicht. Sicher ist nicht einmal, ob es sich bei den Turmresten tatsächlich um den Bergfried - das Herzstück einer jeden Burg - handelte. Manche Archäologen vermuten, dass dieser an einer anderen Stelle gestanden haben muss.

Bis heute ist nicht geklärt, wie die Burg im 13. Jahrhundert genau ausgesehen hat, und welcher Gebäudeteil welche Funktion hatte. "Bei alten Gemälden und Zeichnungen, die uns vorliegen, war stets auch viel Fantasie im Spiel", so Metternich. Auch wurde in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder Hand an das alte Gemäuer gelegt, um es vor dem Verfall zu bewahren. "In der Preußenzeit zum Beispiel wurden Mauern dort aufgebaut, wo man es für richtig hielt, nicht dort, wo sie vielleicht einmal wirklich gestanden haben." Allein am Bergfried hat man mehrere "Kulturschichten" nachweisen können. Fest steht steht allerdings, "dass fast jeder Stein, den man hier oben findet, irgendwann einmal in die Burg eingemauert war", so Metternich.

Ebenfalls feststeht, dass der Brunnen im Burghof niemals ein echter Brunnen war. Vielmehr ist der gut erhaltene Steinring irgendwann an diese Stelle - mitten auf ein Mauerstück - gestellt worden, ohne dass es darunter jemals Wasser gegeben hätte. Um sich ein genaueres Bild von dem gesamten Bauwerk machen zu können, hat der Liegenschaftsbetrieb eine komplette Kartierung aller Mauern vornehmen lassen. Mehr als 2000 kleine, weiße Aufkleber mit Nummerierung haben die Mitarbeiter der Sanierungsfirma zu diesen Vermessungszwecken auf den alten Steinen aufgebracht. "So erhalten wir einen kompletten Ansichtsplan", erläutert Metternich.

Freuen kann sich auch der VVS: Die in der Löwenburg gefundenen Exponate - die Metallgegenstände werden zurzeit noch konserviert - sollen dem Verein zu Ausstellungszwecken überlassen werden.

Weiteren Arbeiten an der Ruine

Nachdem die schadhaften Stellen im Mauerwerk zunächst mit Spritzbeton und Spezialmörtel geschlossen wurden, sind nun noch Hangsicherungsarbeiten unterhalb des Bergfrieds durch ein mit Bodennägeln befestigtes Drahtgeflecht erforderlich. Danach soll die eigentliche Bauwerkssicherung erfolgen.

Hierzu muss zur Sicherung der Gründungssohle des Bergfrieds ein mit Bodenankern gesicherter Fundamentbalken eingebaut werden. Notwendig sein wird es auch, den Turm zur weiteren Untersuchung und der Durchführung der dann notwendigen Arbeiten einzurüsten. Voraussichtlich wird die Sanierung allein des Bergfrieds bis ins nächste Jahr andauern.

Die komplette Ruine soll bis auf den abgesperrten Baustellenbereich aber für Spaziergänger weiter zugänglich sein. Die Baukosten werden auf voraussichtlich 250.000 Euro geschätzt.

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