Inklusion in Bad Honnef "Am Geld muss es nicht scheitern"

BAD HONNEF · Im Arbeitszimmer von Alexandra Weiß hängt ein Foto, das die Kinder Clemens und Emilia zeigt. Clemens sitzt im Rollstuhl, Emilia auf seinem Schoß. Darunter steht: "Integration in Liebe". Eine schöne Momentaufnahme, die dem Wort Inklusion einen greifbaren Inhalt gibt.

 Freude beim gemeinsamen Spiel: Zwei Kinder der integrativen Kita Wolkenburg mit einer Erzieherin.

Freude beim gemeinsamen Spiel: Zwei Kinder der integrativen Kita Wolkenburg mit einer Erzieherin.

Foto: Frank Homann

Das gemeinsame Lernen, das Aufheben von Unterschieden ist so etwas wie ein Traum von Alexandra Weiß, der Leiterin des Montessori-Kindergartens Wolkenburg.

Sie moderiert die regelmäßigen Treffen der seit 2010 bestehenden Arbeitsgemeinschaft 78, einem vom städtischen Jugendamt organisierten Zusammenschluss von Kinder- und Jugendeinrichtungen in Bad Honnef. "78" steht für einen Paragrafen im Sozialgesetzbuch, der vorschreibt, dass sich die Träger regelmäßig zu treffen haben - eine gesetzlich verordnete Gedankenwerkstatt sozusagen.

Alexandra Weiß hat die Inklusion als Thema hineingetragen in diese Runde, die sich darüber hinaus mit Kindergartenbeiträgen oder dem Bedarf an Plätzen in Offenen Ganztagsschulen befasst. Das Ergebnis will die Arbeitsgemeinschaft Bürgermeister Otto Neuhoff Anfang nächsten Jahres vorstellen. Otto Neuhoff hatte vor seiner Wahl zum Verwaltungschef bei einem Besuch in der Wolkenburg betont, wie wichtig ihm das Thema Inklusion ist.

Nun bekommt er erste Vorschläge serviert, wie man in Bad Honnef ein gesamtstädtisches Inklusionskonzept auf die Beine stellen könnte. "Wir müssen die vorhandenen Kompetenzen in den Einrichtungen nutzen", sagt der Bürgermeister heute. Die AG 78 möchte im kommenden Jahr gerne in einer Werkstatt die Bürger mit ins Boot holen. Sie sollen, so erklärt es Alexandra Weiß, in Gruppen zu Unterthemen wie Infrastruktur, Senioren oder Baumaßnahmen beraten, wie die Stadt ein besseres Miteinander unterstützen kann.

Das gehe natürlich nicht ohne Unterstützung und Organisation aus der Verwaltung. "Montessori lehrte: Hilf mir, es selbst zu tun. Warum sollte das nicht auch außerhalb eines Kindergartens klappen", sagt Alexandra Weiß. Sie kann sich beispielsweise vorstellen, ein großes Bürgerfest zu veranstalten, bei dem Alt und Jung zusammengeführt werden. Oder eine stärkere Einbindung von Jugendlichen in die Betreuung von Senioren, etwa durch Hospitanzen, so wie es die Realschule bereits in Zusammenarbeit mit dem Cura-Seniorenheim praktiziert. Den Bürgern würde sicher noch viel mehr einfallen.

Offenkundig seien infrastrukturelle Probleme wie ein fehlender Aufzug am Bad Honnefer Bahnhof oder die enge Hauptstraße mit noch engeren Bürgersteigen. Nur die Rahmenbedingungen für Veränderungen müssten eben stimmen: "Manchmal ärgert es mich, wenn unter dem Deckmäntelchen des Geldes die Inklusion mit Füßen getreten wird." Letztlich gehe es schließlich um etwas, das nur indirekt mit Kosten zu tun habe: Das Bewusstsein füreinander und für die Probleme des Einzelnen schaffen.

Alexandra Weiß spürt selbst im Montessori-Kindergarten Ängste und Unsicherheiten mancher Eltern beim Umgang mit behinderten Kindern. Sie erinnert sich dann wieder an die Pädagogin Maria Montessori: "Es ist normal, anders zu sein. Jeder ist gut, so wie er ist."

Das Recht zur Teilhabe

Die Erstellung eines gesamtstädtischen Inklusionskonzeptes steht heute Abend im Jugendhilfeausschuss (öffentliche Sitzung im Rathaus, Beginn: 18 Uhr) auf der Tagesordnung. Die AG 78 empfiehlt dem Ausschuss, ein solches Konzept mit Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Seniorenheimen, Politik und sachkundigen Bürgern auszuarbeiten. Der Rat müsste dem zustimmen.

Die Stadt begründet die Initiative mit der auch von der Bundesrepublik ratifizierten Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2009. Es erhebt die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft zum Recht.

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